Diese Rechtsprechungsübersicht zum AGG ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg; sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt. Beachten Sie, dass die Rechtsprechung sich ständig im Wandel befindet und eine Prüfung des Einzelfalls immer erforderlich ist. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts aus den letzten Jahren sind im Internet veröffentlicht. Sie können sie dort kostenlos einsehen und ausdrucken.
Wie bei jedem anderen Gericht können Sie sie aber auch für private Zwecke schriftlich, persönlich oder elektronisch anfordern. Die Gerichte in Baden-Württemberg erheben dabei eine Gebühr von derzeit 13 Euro je angeforderter Entscheidung. In andere Bundesländern können die Gebühren abweichen. Daneben veröffentlichen juristische Fachzeitschriften die wichtigsten Entscheidungen.
Ethnische Herkunft - Arbeitsrecht
Der so genannte „Ossi-Fall“
ArbG Stuttgart, Urteil vom 15.04.2010 - 17 Ca 8907/09
Leitsatz : „Der Entschädigungsanspruch gem. den §§ 1, 15 Abs. 2 AGG setzt eine Benachteiligung u.a. wegen der "ethnischen Herkunft" voraus. „Ossi" bezeichnet keine Ethnie.“
Das Arbeitsgericht Stuttgart sieht in der Verwendung der Bezeichnung „Ossi“ keine Diskriminierung im Sinne des AGG . Die Klägerin, eine in der damaligen DDR geborene und aufgewachsene Buchhalterin, hatte sich erfolglos auf eine Stelle im Raum Stuttgart beworben. Mit dem Ablehnungsschreiben wurden ihr auch die Bewerbungsunterlagen zurückgeschickt. Auf diesen hatte eine Mitarbeiterin des Unternehmens den Vermerk „Ossi“ mit einem daneben eingekreisten Minuszeichen (-) angebracht und bei früheren Tätigkeiten im Lebenslauf zwei Mal handschriftlich „DDR“ angefügt. Deshalb ging die Klägerin davon aus, dass man sie aufgrund ihrer ostdeutschen Herkunft abgelehnt hatte.
Das Arbeitsgericht Stuttgart stellt fest, dass die Bezeichnung „Ossi“ ein - verletzendes - Werturteil sein kann und deshalb diskriminierende Wirkung hat. Allerdings geht es im vorliegenden Fall nicht von einer Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft aus. Neben dem „territorialen“ Merkmal wird der Begriff der Ethnie durch eine gemeinsame kulturelle Tradition und Sprache geprägt . Da in den ostdeutschen Ländern Dialekte von sächsisch bis plattdeutsch gesprochen werden und die gesamtdeutsche Kultur der letzten Jahrhunderte deutlich überwiege, können (ehemalige) Bürger der DDR nicht als abgrenzbare Ethnie bezeichnet werden.
Kein Schluss von Unternehmen auf Betrieb - Indizien durch Darlegung einer Diskriminierung
BAG, Urteil vom 21.06.2012 - 8 AZR 364/11
Leitsätze :
„1. Werden in einem Betrieb keine Arbeitnehmer nichtdeutscher Herkunft beschäftigt, jedoch im gesamten Unternehmen Arbeitnehmer aus insgesamt 13 Nationen, so ist dies kein aussagekräftiges Indiz dafür, dass in diesem Betrieb Arbeitnehmer nichtdeutscher Herkunft benachteiligt werden.
2. Gegebene, jedoch falsche, wechselnde oder in sich widersprüchliche Begründungen für eine benachteiligende Maßnahme können Indizwirkung im Sinne des § 22 AGG haben.“
Die Klägerin ist türkischer Herkunft. Sie war bei der Beklagten, einem Betrieb, befristet eingestellt. Nachdem die Befristung einmal verlängert wurde, wurde dies im darauffolgenden Jahr unterlassen. Obwohl im Arbeitszeugnis der Klägerin ihre Leistungen „zur vollsten Zufriedenheit“ beurteilt wurden, wurde die Nichtverlängerung des Arbeitsvertrages mit mangelhaften Leistungen und Arbeitsfehlern der Klägerin begründet. Da das Unternehmen, zu dem der Betrieb gehört, Arbeitnehmer aus über 13 Nationen beschäftigt, der Betrieb allerdings keine Arbeitnehmer nichtdeutscher Herkunft, sah die Klägerin dies als Indiz für eine Diskriminierung wegen ihrer ethnischen Herkunft. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar entschieden, dass sich auch aus Quoten und Statistiken Indizien für eine Diskriminierung ergeben können, allerdings ist die bloße Unterrepräsentation einer Gruppe nicht zwingend ein Indiz für eine diskriminierende Personalpolitik .
Falsche Anrede im Ablehnungsschreiben
ArbG Düsseldorf, Urteil vom 09.03.2011 - 14 Ca 908/11
Orientierungssatz :
Wenn in einem Ablehnungsschreiben eine Bewerberin mit Migrationshintergrund mit der männlichen Anrede angesprochen wird, so lässt sich nicht auf eine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft schließen.
Die Klägerin hatte sich auf eine ausgeschriebene Stelle als lebensmitteltechnische Assistentin beworben. Im Ablehnungsschreiben wurde sie mit „Sehr geehrter Herr“ angesprochen. Die Klägerin macht geltend, dass aufgrund ihres ausländisch klingenden Namens die Beklagtenseite ihre Bewerbungsunterlagen nicht ernsthaft durchgesehen und sie sofort aussortiert habe. Das Arbeitsgericht kam zu dem Ergebnis, dass dieser Vortrag für die Annahme einer Diskriminierung nicht ausreicht. Stattdessen würde ein schlichter Fehler bei der Bearbeitung des Ablehnungsschreibens näher liegen.
Stellenvoraussetzung - Sehr gute Deutschkenntnisse
LAG Nürnberg, Urteil vom 05.10.2011 - 2 Sa 171/11
Leitsätze :
„1. Die Anforderung "sehr gutes Deutsch" in einer Stellenanzeige für "Spezialist Software (w/m)" kann je nach den Umständen des Einzelfalls eine Indiztatsache für die mittelbare Benachteiligung eines nicht zum Vorstellungsgespräch geladenen Bewerbers mit "Migrationshintergrund" wegen dessen ethnischer Herkunft sein.
2. Dabei ist aber auf die Stellenanzeige als Ganzes abzustellen. Gegen eine Bewertung als Indiztatsache spricht daher, wenn sich bereits aus der Stellenanzeige ergibt, dass die Anforderungen an die Sprachfähigkeit durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels erforderlich und angemessen sein könnten.“
Die Klägerin ist russischer Herkunft. Sie hatte sich auf eine Stellenanzeige eines Softwareentwicklers beworben. In dieser wurde als Anstellungsvoraussetzung u.a. „sehr gutes Deutsch“ verlangt. Nachdem die Klägerin nicht eingestellt wurde, sah sie sich wegen ihrer ethnischen Herkunft benachteiligt. Sie hat geltend gemacht, dass für Softwarespezialisten keine sehr guten Deutschkenntnisse erforderlich seien, da die Fachsprache weitgehend aus speziellen - meist englischen - Fachausdrücken bestehe. Das Landesarbeitsgericht hat entschieden, dass das verwendete Kriterium „sehr gutes Deutsch“ im Anforderungsprofil nicht auf die ethnische Herkunft abstellt, sondern einen Grad der Beherrschung einer Sprache. Sehr gute Deutschkenntnisse können unabhängig von der ethnischen Herkunft erworben werden, sodass hier kein Indiz für eine Diskriminierung vorliegt.
Stellenvoraussetzung - Deutsche Muttersprachler
ArbG Berlin, Urteil vom 11.02.2009 - 55 Ca 16952/08
Leitsätze :
„1. Erhält eine Bewerberin auf einen ausgeschriebenen Arbeitsplatz frühzeitig eine Absage, weil sie "keine deutsche Muttersprachlerin" sei, hat die die Auswahlentscheidung treffende Person eine Indiztatsache im Sinne von § 22 AGG für eine Diskriminierung der Bewerberin wegen derer ethnischer Herkunft gesetzt.
2. Dies gilt auch dann, wenn perfekte Deutschkenntnisse in Wort und Schrift zwingende Voraussetzung für die Besetzung der Stelle sind.“
Die Klägerin stammt aus der Dominikanischen Republik. Sie besitzt sowohl einen Magisterabschluss für Medienwissenschaften als auch einen Masterabschluss in Kunst. Nachdem sie sich um eine Stelle bei einem Kunstverein beworben hatte, wurde ihr mitgeteilt, dass sich die ausgeschriebene Position an einen deutschen Muttersprachler richte und deshalb ihre Bewerbung nicht berücksichtigt werde. Das Arbeitsgericht hat eine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft bejaht. Deutsche Muttersprachler kommen nur in einem kleinen Teil der die Welt bevölkernden Ethnien vor, sodass dieses Kriterium zu einem Ausschluss aller anderen Ethnien führt. Die Arbeitsausübung erfordert zwar sehr gute Deutschkenntnisse, die Notwendigkeit, nur eine deutscher Muttersprachlerin oder einen deutschen Muttersprachler einstellen zu können, ergibt sich aber daraus nicht.
Teilnahme an einem Deutschkurs
BAG, Urteil vom 22.06.2011 - 8 AZR 48/10
Leitsatz :
„Die Aufforderung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber, an einem Deutschkurs teilzunehmen, um arbeitsnotwendige Sprachkenntnisse für eine zulässigerweise angeordnete Tätigkeit zu erwerben, stellt keinen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz dar. Das gilt auch dann, wenn der Deutschkurs vertrags- oder tarifvertragswidrig außerhalb der Arbeitszeit und auf eigene Kosten des Arbeitnehmers absolviert werden soll.“
Die Klägerin, eine kroatische Muttersprachlerin, wurde mehrfach von ihrem Arbeitgeber aufgefordert, auf eigene Kosten und außerhalb der Arbeitszeit, zur Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse einen Sprachkurs zu besuchen. Als Begründung nannte der Arbeitgeber Verständigungsprobleme mit Kunden und Kollegen. Da sich die Klägerin weigerte, an einem Deutschkurs teilzunehmen und ihn selbst zu bezahlen, wurde sie vom Arbeitgeber abgemahnt. Durch dieses Vorgehen und die erneute Aufforderung, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern, sah sie sich wegen ihrer ethnischen Herkunft benachteiligt und wollte dafür eine finanzielle Entschädigung.
Das BAG hat entschieden, dass der Arbeitgeber die Teilnahme an einem Sprachkurs verlangen kann, wenn die Aufforderung nicht wegen der ethnischen Herkunft der Betroffenen erfolgt, sondern weil die Beherrschung der Sprache eine zwingende Voraussetzung zur Erfüllung der Arbeitsaufgaben darstellt. Eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft liegt auch dann nicht vor, wenn eigentlich der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist, den Deutschkurs während der Arbeitszeit und auf seine Kosten durchführen zu lassen.
Ausländerfeindliche Parolen am Arbeitsplatz
BAG, Urteil vom 24.09.2009 - 8 AZR 705/08
Orientierungssatz :
Um einen Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich zu haben, muss die geltend gemachte Belästigung im Sinne des AGG die Würde der Betroffenen verletzen und zur Folge haben, dass ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes (feindliches) Umfeld geschaffen wird.
Die türkischstämmigen Kläger begehrten eine finanzielle Entschädigung vom Arbeitgeber, nachdem die Herrentoilette des Unternehmens mit fremdenfeindliche Parolen und einem Hakenkreuz beschmiert wurde. Dabei waren sich die Parteien darüber uneins, zu welchem Zeitpunkt der Arbeitgeber von den Schmierereien erfahren hatte und dazu aufgefordert wurde, diese zu entfernen.
Das BAG hat entschieden, dass Beleidigungen, die im Zusammenhang mit der ethnischen Herkunft stehen, verbunden mit dem Hakenkreuz als Symbol für das rassistische nationalsozialistische Unrechtsregime, eine Diskriminierung darstellen und die Würde der Betroffenen verletzen. Allerdings muss durch diese Verletzung auch ein „feindliches Umfeld“ geschaffen werden. Dies konnten die Kläger zwar nicht beweisen, letztlich hatten die Klagen aber keinen Erfolg, weil die Kläger ihre Ansprüche zu spät - also nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen zweimonatigen Frist - geltend gemacht haben.
Mangelhafte Deutschkenntnisse
BAG, Urteil vom 28.01.2010 - 2 AZR 764/08
Leitsätze:
„1. Eine mittelbare Benachteiligung im Sinne des § 3 Abs. 2 AGG liegt nicht vor, wenn die unterschiedliche Behandlung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.
2. Verlangt der Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern Kenntnisse der deutschen Schriftsprache, damit sie schriftliche Arbeitsanweisungen verstehen und die betrieblichen Aufgaben so gut wie möglich erledigen können, so verfolgt er ein sachlich gerechtfertigtes Ziel.“
Dem in Spanien geborenen und dort aufgewachsenen Kläger wurde gekündigt, nachdem er es wiederholt abgelehnt hatte, von seinem Arbeitgeber bezahlte, weiterführende Sprachkurse zu besuchen.
Das BAG hat in der Entscheidung festgestellt, dass die Anforderung deutscher Schriftsprachkenntnisse von Arbeitnehmern mit einer anderen Muttersprache im Vergleich zu deutschen Muttersprachlern eine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft sein kann. Der Wunsch des Arbeitgebers nach einem reibungslosen Arbeitsablauf ohne Verständigungsprobleme rechtfertigt jedoch die Aufforderung zur Teilnahme an Deutschkursen . Dies stellt einen sachlichen Rechtfertigungsgrund im Sinne des AGG dar.
Russischer Akzent
LAG Bremen, Urteil vom 29.06.2010 - 1 Sa 29/10
Leitsätze:
„1. Die Ausschließlichkeitsanordnung des § 2 Abs. 4 AGG steht nicht einem Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 AGG entgegen. Der Arbeitnehmer ist deshalb auch nicht gezwungen, zunächst Klage gegen eine diskriminierende Kündigung zu erheben.
2. Im Falle einer diskriminierenden Kündigung ist bei erheblicher Schwere der Diskriminierung eine Entschädigung von drei Bruttomonatsverdiensten des Arbeitnehmers festzusetzen, und zwar auch dann, wenn sich der Arbeitnehmer gegen eine Probezeitkündigung von einem Monat nicht hätte wehren können.“
Auch Entschädigungsansprüche, die aus Kündigungen resultieren, werden vom AGG erfasst:
Die Klägerin ist deutsche Staatsangehörige, spricht jedoch mit einem russischen Akzent. Während der Probezeit wurde ihr mit der Begründung gekündigt, sie beherrsche die deutsche Schriftsprache nicht ausreichend. Außerdem würden die Kunden des Unternehmens durch ihren russischen Akzent „abgeschreckt werden“.
Das Landesarbeitsgericht hat eine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft deshalb bejaht, weil der Arbeitgeber sich nicht nur auf mangelnde Deutschkenntnisse berufen hat, sondern die fehlenden Deutschkenntnisse in Zusammenhang mit der Herkunft der Klägerin aus dem russischen Sprachraum gebraucht hat .
Ethnische Herkunft - Zivilrecht
Herztransplantation wegen fehlender Sprachkenntnisse abgelehnt - PKH
BVerfG, Beschluss vom 28.01.2013 - 1 BvR 274/12
Dem Kläger, ein aus dem Irak stammender Kurde, wurde von einer Klinik die Aufnahme auf die Warteliste für eine Herztransplantation verweigert. Begründet wurde dies damit, dass aufgrund seiner unzulänglichen Deutschkenntnisse die erforderliche Mitwirkung bei der Vor- und Nachbehandlung nicht gesichert sei. Da er sich diskriminiert und in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sah, beantragte er Prozesskostenhilfe (PKH), um eine Schmerzensgeldklage gegen den Klinikbetreiber einzureichen. Sein Antrag blieb in den unteren Instanzen zunächst erfolglos. Gegen diese Beschlüsse legte der Kläger Verfassungsbeschwerde ein.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die angegriffenen Gerichtsbeschlüsse den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG (Rechtsschutzgleichheit) verletzen. Es müsse von der Rechtsprechung noch geklärt werden, ob das Abstellen auf fehlende Sprachkenntnisse bei der Ablehnung zur Aufnahme auf eine Warteliste rechtlich haltbar sei, da dies auch für die Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Beurteilung eines Schadensersatzanspruchs nach dem AGG eine Rolle spiele.
Diskriminierung bei der Wohnungssuche
OLG Köln, Urteil vom 19.01.2010 - 24 U 51/09
Leitsatz:
„Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kläger liegt sowohl darin, dass die Zeugin C. sie als 'Neger' bezeichnet hat, als auch darin, dass sie ihnen wegen ihrer Hautfarbe die Besichtigung und Vermietung der Wohnung verweigert hat.“
Den Klägern, ein schwarzafrikanisches Paar, wurde eine Wohnungsbesichtigung mit der Begründung verweigert, diese werde nicht an „Neger … äh Schwarzafrikaner oder Türken vermietet.“
Das Oberlandesgericht hat erneut klargestellt, dass die Bezeichnung einer Person als „Neger“ diskriminierend ist und die Würde der Betroffenen sowie ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt. Das Gleiche gilt für die Verweigerung einer Wohnungsbesichtigung allein wegen der Hautfarbe. Den Klägern wurde nicht nur Schadensersatz in Höhe der Fahrtkosten zum Besichtigungstermin zuerkannt, sondern auch Schmerzensgeld in Höhe von 2.500 Euro, weil die Persönlichkeitsrechtsverletzung nach Ansicht des Gerichts besonders schwerwiegend gewesen ist.
Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 19.12.2014 - 25 C 357/14
Die Kläger türkischer Herkunft waren von 2000 bis 2010 Mieter einer Wohnung in Berlin. Anfang 2010 wurde die Beklagte Eigentümerin der aus 44 Wohnungen bestehenden Wohnanlage. Die Beklagte hob die Miete in einem ersten Schritt für alle Mieter an. In einem zweiten Schritt erhöhte sie die Miete ausschließlich für die Kläger und zwei weitere Mietparteien, die arabischer beziehungsweise türkischer Herkunft waren. Die Kläger kündigten daraufhin das Mietverhältnis. Während die Beklagte in der Folge anderen Mietern längere Räumungsfristen einräumte, versagte sie den Klägern eine längere Frist. Des Weiteren war unter den bis Ende 2013 neu begründeten Mietverhältnissen keine Mietpartei arabischer oder türkischer Herkunft.
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Beklagten die Kläger aufgrund ihrer ethnischen Herkunft benachteiligten und somit ein Verstoß gegen § 19 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vorlag. Das Gericht sprach den Klägern eine Entschädigung in Höhe von jeweils 15.000 Euro zu.
Kein Anspruch auf Klassenzusammensetzung nach Herkunftssprache
VG Berlin, Urteil vom 26.09.2013 - 3 K 269.12 u.a.
Orientierungssatz:
Die nach dem Bremischen Schulgesetz bestehende Verpflichtung, deutsche Schüler und solche nichtdeutscher Herkunft gemeinsam zu unterrichten, bedeutet nicht, dass Schüler mit Migrationshintergrund gleichmäßig auf alle Klassen verteilt werden müssen. Die Zusammensetzung muss sich aus einer Reihe sachlicher Kriterien ergeben.
Die Kläger, alles Schüler eines Bremischen Gymnasiums, wurden nach dem Schuljahr 2011/2012 wegen mangelhafter Schulnoten nicht versetzt. Für ihre Leistungen machten die Kläger die Zusammenstellung ihrer Schulklasse verantwortlich. Diese würde einen 63-prozentigen Anteil von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache aufweisen und deshalb den Lernerfolg der einzelnen Schüler erschweren.
Das Gericht hat festgestellt, dass das bremische Schulgesetz die Pflicht statuiert, Schülerinnen und Schüler grundsätzlich gemeinsam zu unterrichten, jedoch keine konkreten Vorgaben für die Zusammensetzung einer Klasse enthält. Da die Klassen weder in Anknüpfung an die ethnische Herkunft der Schüler zusammengesetzt, noch die Kläger allein wegen ihrer Herkunft dem Klassenverband zugeordnet wurden, sondern aus rein sachlichen Gesichtspunkten eingeteilt wurden, liegt keine strukturelle Diskriminierung im Sinne des AGG vor. Allein die Zuordnung zu einem Klassenverband mit einem hohen Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund bzw. nichtdeutscher Herkunftssprache lässt nicht den Schluss zu, dass einzelne Schüler dadurch an Lernfortschritten gehindert würden.
Einlass in eine Diskothek
OLG Stuttgart, Urteil vom 12.12.2011 - 10 U 106/11
Leitsätze:
„1. Wird einer Person der Besuch einer Diskothek allein wegen ihrer Hautfarbe und ihres Geschlechts verweigert, kann dies einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung begründen.
2. Die Höhe dieser Entschädigung wird auch durch generalpräventive Erwägungen beeinflusst, die aber nicht dazu führen dürfen, dass die übrigen Bemessungskriterien vernachlässigt werden und im Vergleich zu Schmerzensgeldansprüchen wegen einer Körperverletzung oder einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unverhältnismäßig hohe Entschädigungen zugesprochen werden.“
Der Kläger hatte Ersatzansprüche gegenüber einem Diskothekenbetreiber geltend gemacht, nachdem er von einem Türsteher wegen seiner schwarzen Hautfarbe und seines Geschlechts abgewiesen wurde.
Das Oberlandesgericht hat eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft und des Geschlechts bejaht. Die Abweisung stellt eine Demütigung aufgrund der Hautfarbe dar, die das allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 GG) des Klägers verletzt. Da die Beklagte keinen rechtfertigenden sachlichen Grund für die Benachteiligung vorgetragen hat, wurde dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe der geschätzten Tageseinnahmen (hier: 900 Euro) zugesprochen.
Kopftuch
Tragen eines Kopftuchs - Erzieherin im Kindergarten
LAG Stuttgart, Urteil vom 19.06.2009 - 7 Sa 84/08
Leitsätze:
„1. § 7 Abs. 6 S. 1 KiTaG BW ist Ausdruck des staatlichen Neutralitätsgebotes. Das Neutralitätsgebot gilt auch in (staatlichen) kommunalen Kindergärten.
2. Das in § 7 Abs. 6 S. 1 KiTaG BW statuierte Verbot religiöser äußerer Bekundungen durch Erzieherinnen im Kindergarten knüpft an einen abstrakten Gefährdungstatbestand an.
3. Das Tragen eines islamischen Kopftuches durch eine Erzieherin im Kindergarten führt zu einer abstrakten Gefährdung der religiösen Neutralität des Kindergartens und des religiösen Friedens im Kindergarten.
4. Eine Erzieherin ist kraft Arbeitsvertrages und ihrer funktionellen Stellung als Bezugs- und Autoritätsperson Repräsentantin des kommunalen Trägers. Trägt eine Erzieherin im Kindergarten ein islamisches Kopftuch, verstößt sie gegen das staatliche Neutralitätsgebot des § 7 Abs. 6 S. 1 KiTaG BW und kann deswegen abgemahnt werden.
5. § 7 Abs. 6 S. 1 KiTaG BW ist mit dem Grundgesetz vereinbar und verstößt insbesondere nicht gegen die positive Glaubensfreiheit der Trägerin des Kopftuches nach Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG.
6. Das Tragen des islamischen Kopftuches ist eine äußere Bekundung, die jedoch nicht den Kernbereich der Religionsausübung (Glaubensfreiheit) betrifft. Deshalb gehen im Rahmen der gebotenen Abwägung der kollidierenden Grundrechtspositionen das Recht der Eltern zur Kindererziehung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht sowie das Recht der Kindergartenkinder auf negative Glaubensfreiheit vor.
7. Es liegt auch kein Verstoß gegen übergeordnetes Bundesrecht gemäß Art. 31 GG, §§ 7, 3 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit § 1 AGG und auch nicht gegen das dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zugrunde liegende europäische Gemeinschaftsrecht (Richtlinie 2000/78/EG) vor. Jedenfalls ist eine derartige Benachteiligung nach § 8 Abs. 1 AGG gerechtfertigt. Ebenso verhält es sich mit Art. 9 Abs. 1 EMRK.“
Die Klägerin ist gläubige Muslima und trägt ein religiös motiviertes Kopftuch. Sie ist Erzieherin in einem kommunalen Kindergarten. Ihr Arbeitgeber forderte sie auf der Grundlage des Kindertagesstättengesetzes des Landes Baden-Württemberg (KiTaG BW) auf, ihr Kopftuch während ihrer Arbeit als Erzieherin abzulegen. Nachdem die Klägerin dies ablehnte, wurde sie offiziell abgemahnt und erneut aufgefordert, ihr Kopftuch abzulegen. Gegen dieses Vorgehen ging die Klägerin gerichtlich vor und verlangt die Entfernung der Abmahnung aus ihrer Personalakte.
Das Stuttgarter Landesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Abmahnung rechtmäßig erfolgte. Nach dem KiTaG BW dürfen Fachkräfte keine religiösen oder weltanschaulichen Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität des Trägers gegenüber Kindern und Eltern oder den religiösen oder weltanschaulichen Frieden in diesen Einrichtungen zu gefährden oder zu stören. Für die Annahme einer solchen Bekundung reicht das Tragen religiös motivierter und als Kundgabe einer Glaubensüberzeugung zu interpretierender Bekleidung - wie es das islamische Kopftuch ist - aus.
Tragen eines Kopftuchs - Schule/Lehrerin
BAG, Urteil vom 20.08.2009 - 2 AZR 499/08
Leitsätze:
„1. Das Verbot religiöser Bekundungen in der Schule gem. § 57 Abs. 4, § 58 Schulgesetz Nordrhein-Westfalen erfasst auch das Tragen einer Haaransatz und Ohren vollständig bedeckenden Mütze durch eine Sozialpädagogin muslimischen Glaubens.
2. Das landesgesetzliche Bekundungsverbot verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.“
Die Klägerin ist gläubige Muslima, trägt ein religiös motiviertes Kopftuch und ist Lehrerin in Nordrhein-Westfalen. Nachdem ihr Arbeitgeber sie dazu aufgefordert hatte, während des Unterrichts ihr Kopftuch abzulegen, trägt sie eine „Baskenmütze“ und einen Rollkragenpullover, um ihr Haare und ihren Hals vollständig zu bedecken. Das Schulgesetz des Landes NRW regelt, dass Lehrer während der Arbeitszeit keine religiösen Bekundungen abgeben dürfen, die geeignet sind, die Neutralität des Landes oder den Schulfrieden zu gefährden.
Das Bundesarbeitsgericht hat deshalb entschieden, dass auch andere Kopfbedeckungen als „religiöse Bekundung“ zu bewerten sind, wenn sie nicht als modisches Accessoire, sondern als Ersatz für ein religiös motiviertes Kopftuch getragen werden.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss des Ersten Senats vom 27.01.2015 - 1 BvR 471/10 und 1 BvR 1181/10
Leitsätze:
- Der Schutz des Grundrechts auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) gewährleistet auch Lehrkräften in der öffentlichen bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule die Freiheit, einem aus religiösen Gründen als verpflichtend verstandenen Bedeckungsgebot zu genügen, wie dies etwa durch das Tragen eines islamischen Kopftuchs der Fall sein kann.
- Ein landesweites gesetzliches Verbot religiöser Bekundungen (hier: nach § 57 Abs. 4 SchulG NW) durch das äußere Erscheinungsbild schon wegen der bloß abstrakten Eignung zur Begründung einer Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität in einer öffentlichen bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule ist unverhältnismäßig, wenn dieses Verhalten nachvollziehbar auf ein als verpflichtend verstandenes religiöses Gebot zurückzuführen ist. Ein angemessener Ausgleich der verfassungsrechtlich verankerten Positionen - der Glaubensfreiheit der Lehrkräfte, der negativen Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern, des Elterngrundrechts und des staatlichen Erziehungsauftrags - erfordert eine einschränkende Auslegung der Verbotsnorm, nach der zumindest eine hinreichend konkrete Gefahr für die Schutzgüter vorliegen muss.
- Wird in bestimmten Schulen oder Schulbezirken aufgrund substantieller Konfliktlagen über das richtige religiöse Verhalten bereichsspezifisch die Schwelle zu einer hinreichend konkreten Gefährdung oder Störung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität in einer beachtlichen Zahl von Fällen erreicht, kann ein verfassungsrechtlich anzuerkennendes Bedürfnis bestehen, religiöse Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild nicht erst im konkreten Einzelfall, sondern etwa für bestimmte Schulen oder Schulbezirke über eine gewisse Zeit auch allgemeiner zu unterbinden.
- Werden äußere religiöse Bekundungen durch Pädagoginnen und Pädagogen in der öffentlichen bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule zum Zweck der Wahrung des Schulfriedens und der staatlichen Neutralität gesetzlich untersagt, so muss dies für alle Glaubens- und Weltanschauungsrichtungen grundsätzlich unterschiedslos geschehen.
Die Beschwerdeführerin zu 1.) ist eine bei dem Land Nordrhein-Westfalen angestellten Sozialpädagogin muslimischen Glaubens und trug ein religiös motiviertes Kopftuch. Nachdem das Land Nordrhein-Westfalen sein Schulgesetz dahingehend änderte, dass religiöse äußere Bekundungen untersagt wurden, ersetzte sie das Kopftuch durch eine Baskenmütze und einen Rollkragenpullover. Das Tragen der Mütze wurde ihr daraufhin untersagt. Bei der Beschwerdeführerin zu 2.) handelt es sich um eine nordrhein-westfälische Lehrerin muslimischen Glaubens, die seit ihrer Einstellung in den Schuldienst 2001 mit Kopftuch unterrichtet.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) kam bei seiner Prüfung zu dem Schluss, dass eine abstrakte Gefahr der Beeinträchtigung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität nicht ausreicht, um den Beschwerdeführerinnen das Tragen des Kopftuchs zu untersagen. Länder dürfen damit religiöse Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild, wie hier das Tragen eines Kopftuchs, nicht pauschal verbieten. Ein Verbot ist nur zulässig, wenn eine hinreichend konkrete Gefahr für Schulfrieden oder staatliche Neutralität besteht. Weiter weist das BVerfG darauf hin, dass eine Ungleichbehandlung der Glaubens- und Weltanschauungen nicht zulässig ist.
Pressemitteilung des Kultusministeriums
Tragen eines Kopftuchs - Schule/Referendarin
BVerwG, Urteil vom 26.06.2008 - 2 C 22/07
Leitsatz:
„Einer Referendarin, die sich aus religiösen Gründen verpflichtet sieht, auch beim Unterrichten ein Kopftuch zu tragen, kann der Zugang zur Lehrerausbildung im öffentlichen Schulwesen nicht allein deshalb verweigert werden, um einer abstrakten Gefährdung des religiös-weltanschaulichen Schulfriedens vorzubeugen.“
Die Klägerin ist gläubige Muslima und trägt ein religiös motiviertes Kopftuch. Sie hat die Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt (Referendariat in den Fächern Deutsch und Religionskunde) begehrt. Nachdem sich die Klägerin geweigert hatte, sich dazu zu verpflichten, das Fach Biblische Geschichte ohne Kopftuch zu unterrichten, wurde ihr Zulassungsantrag abgelehnt. Begründet wurde dies mit dem Bremischen Schulgesetz. Dieses gebietet den öffentlichen Schulen, religiöse und weltanschauliche Neutralität zu wahren.
Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings entschieden, dass die Ablehnung des Zulassungsantrags wegen der Weigerung, das Kopftuch abzulegen, gegen das Grundrecht der Klägerin auf freie Berufswahl gemäß Art. 12 Abs. 1 GG verstößt. Zwar schränkt das Schulgesetz des Landes Bremen die Kundgabe des eigenen Bekenntnisses während der Unterrichtszeit ein, die Gleichstellung von Lehrerinnen und Referendarinnen ist dabei aber nicht gerechtfertigt. Die Rechte der Referendarinnen dürfen nicht in besonderer Weise eingeschränkt werden; sie dürfen deshalb nicht vom Zugang zu dem von ihnen gewählten Lehrerberuf ausgeschlossen werden.
Tragen eines Kopftuchs - private Arbeitgeber
ArbG Berlin, Urteil vom 28.03.2012 - 55 Ca 2426/12
Leitsätze:
„1. Trägt eine muslimische Frau in der Öffentlichkeit ein Kopftuch, ist dies als Teil ihres religiösen Bekenntnisses und als Akt der Religionsausübung anzuerkennen.
2. Wird eine Bewerberin bereits vor Abschluss des Bewerbungsverfahrens aus dem Kreis der in Betracht zu ziehenden Bewerberinnen ausgeschlossen, weil sie auf Nachfrage des potentiellen Vertragspartners angibt, das Kopftuch auch während der Arbeitszeit nicht ablegen zu wollen, wird die Bewerberin wegen ihrer muslimischen Zugehörigkeit diskriminiert.
3. Gesetzgeberische Intention des AGG ist es auch, dass sich die Subjekte der Vertragsfreiheit nicht von dem Gedanken leiten lassen mögen, der potentielle Vertragspartner zeige in Lebensfragen im Sinne von § 1 AGG eine Haltung, die von der Mehrheitshaltung abweicht.“
Die Klägerin ist gläubige Muslima und trägt ein religiös motiviertes Kopftuch. Sie hatte sich auf eine Ausbildungsstelle als Zahnarzthelferin beworben. Nachdem sie im Bewerbungsgespräch und auf spätere nochmalige Nachfrage angegeben hatte, das Kopftuch bei der Arbeit aus religiösen Gründen nicht ablegen zu können, wurde sie aus dem Kreis der Bewerbenden ausgeschlossen.
Das Gericht hat entschieden, dass die Ablehnung allein wegen der Weigerung, das Kopftuch abzulegen, diskriminierend ist. Das Tragen eines Kopftuches bringt unmittelbar die eigene Religiosität zum Ausdruck und stellt ein Bekenntnis zum Glauben dar. Aufgrund der Benachteiligung anhand des Merkmals der Religion wurde der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von drei Monatsbruttoentgelten, die die Klägerin hypothetisch während der Ausbildung verdient hätte, zugesprochen.
Tragen eines Kopftuchs - Religionsgemeinschaft als Arbeitgeber
LAG Hamm, Urteil vom 17.02.2012 - 18 Sa 867/11
Leitsatz:
„Ein Arbeitgeber, der eine Krankenanstalt in konfessioneller Trägerschaft der Evangelischen Kirche führt, kann einer Krankenschwester im Wege des Weisungsrechts untersagen, während der Arbeitszeit ein islamisches Kopftuch zu tragen.“
Der Gesetzgeber räumt Religionsgemeinschaften (religiös begründete) Vorteile ein, die es erlauben, die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Glauben vorauszusetzen, wenn es für die Arbeitsausübung auf die innere Glaubensüberzeugung ankommt.
Tragen eines Kopftuchs - im Fitnessstudio
LG Bremen, Urteil vom 21.06.2013 - 4 S 89/12
Orientierungssatz:
Aus sicherheitsrechtlichen Gründen kann der Betreiber eines Fitnessstudios das Tragen eines Kopftuches untersagen. Dies stellt einen sachlichen Rechtfertigungsgrund dar.
Der Klägerin wurde das Trainieren mit einem Kopftuch an den Geräten eines Fitnessstudios durch den Betreiber aus sicherheitsrechtlichen Gründen untersagt. Nachdem die Klägerin sich geweigert hatte, ihr Kopftuch abzulegen, wurde der bereits geschlossene Vertrag von Seiten der Beklagten gekündigt.
Das Gericht sieht in diesem Vorgehen und der Aufforderung, das Kopftuch während den Übungen an den Geräten abzulegen, weder als eine unmittelbare noch eine mittelbare Diskriminierung der Klägerin an. Nach Ansicht des Gerichts zielte die Aufforderung nicht darauf ab, die Klägerin wegen ihrer Religion zu benachteiligen, sondern sie vor Unfällen (Verheddern des Kopftuchs im Gerät) zu schützen.