Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat im Rahmen eines Forschungsprojektes zum Abwassermonitoring für Polio nun auch in Baden-Württemberg das Schluckimpfstoff-abgeleitete Polio-Virus (vaccine-derived poliovirus 2) nachgewiesen.
„Unsere seit Ende November bestehenden Vermutungen hinsichtlich Polioviren im Abwasser haben sich jetzt bestätigt“, sagte Gesundheitsminister Manne Lucha am Freitag (24. Januar) in Stuttgart. „Daher gilt jetzt erst recht der Appell an alle Bürgerinnen und Bürger jeden Alters, ihren Impfschutz gegen Kinderlähmung zu überprüfen und falls notwendig Impfungen nachzuholen. Wir beobachten die Situation im Land genau. Die Fachöffentlichkeit ist sensibilisiert. Aber um mögliche Fälle von Kinderlähmung zu verhindern, müssen Impfserien möglichst zeitnah abgeschlossen und bestehende Impflücken vor allem bei Säuglingen und Kindern dringend geschlossen werden.“
Poliomyelitis durch Impfung verhindern
Die Grundimmunisierung (3 Impfungen) bei Kindern sollte bis zum zwölften Lebensmonat abgeschlossen sein. Laut STIKO sind bis zu diesem Alter aber nur 21 Prozent der Kinder in Deutschland vollständig geimpft. Bei den Einschulungsuntersuchungen 2022/23 waren 88,8 Prozent der vier- bis fünfjährigen Kinder in Baden-Württemberg grundimmunisiert gegen Polio. In einzelnen Kreisen liegt die Quote deutlich darunter.
Polioviren können sich im Abwasser nicht eigenständig vermehren. Der Nachweis im Abwasser bedeutet, dass Menschen vor Ort Polioviren mit dem Stuhl ausscheiden und auf andere Personen übertragen können. Bislang wurden in Deutschland keine Polio-Erkrankungen oder Verdachtsfälle gemeldet. Sofern Polio-Viren jedoch anhaltend zirkulieren, ist es nach Einschätzung des RKI möglich, dass vereinzelt Erkrankungsfälle unter ungeimpften oder nicht vollständig geimpften Personen auftreten. Seit Bekanntwerden der ersten positiven Nachweise von Polio im Abwasser in mehreren deutschen Städten werden seit Dezember 2024 Abwasserproben der Stuttgarter Kläranlage auch auf Polioviren untersucht.
Poliomyelitis („Kinderlähmung“) ist eine hochansteckende Krankheit, die vor allem Kinder unter fünf Jahren betrifft und bei nicht ausreichend immunisierten Personen im schlimmsten Fall zu dauerhaften Lähmungen führen kann. Sie wird überwiegend mittels Schmierinfektionen übertragen, in seltenen Fällen jedoch auch über Tröpfchen. Die Krankheit kann durch Polioimpfungen verhindert werden.
Hinweise für Bürgerinnen und Bürger
- Schauen Sie bitte in Ihren Impfausweis und überprüfen Sie, ob der eigene Impfstatus und der Ihrer Kinder vollständig ist. Was eine vollständige Polio-Impfung für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene bedeutet, ist ausführlich auf der Web-Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) erläutert.
- Bei fehlender oder unvollständiger Polio-Impfung wenden Sie sich an Ihren Arzt oder Ihre Ärztin.
- Achten Sie auf eine effektive Händehygiene.