Im Rahmen der Regelversorgung wird bei Neugeborenen ein Hörscreening durchgeführt. Ziel ist es, möglichst alle Kinder mit einer beidseitigen permanenten Hörstörung zu diagnostizieren und mit der erforderlichen Therapie bis zum Ende des sechsten Lebensmonats zu beginnen. Um Eltern entsprechend zu informieren und zu beraten, wird es ab Januar 2019 nun auch im Südwesten eine Hörtrackingzentrale geben.
In Baden-Württemberg sind jedes Jahr zwischen 100 und 200 Neugeborene von einer beidseitigen hochgradigen Schwerhörigkeit betroffen. Bei etwa 30 bis 60 von ihnen erfolgt die Diagnose und die Einleitung der Therapie zu spät – das kann für die Entwicklung der Kinder schwerwiegende Folgen haben. Denn nur wer gut hört, kann zum Beispiel richtig sprechen lernen.
Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha hat sich in der Vergangenheit stark dafür eingesetzt, dass auch in Baden-Württemberg nun endlich eine so genannte Hörtrackingzentrale eingerichtet wird. „Mit der Einführung der Trackingzentrale am Uniklinikum Heidelberg leisten wir einen wichtigen und notwendigen Beitrag dafür, die betroffenen Kinder für ihre Zukunft optimal vorzubereiten und eine bestmögliche Versorgung zu gewährleisten“, sagte Lucha heute in Stuttgart.
Hörtrackingzentrale sichert Nachkontrolle bei auffälligem Befund
Bereits seit dem Jahr 2009 wird nach der Geburt im Rahmen der Regelversorgung bei Neugeborenen ein Hörscreening durchgeführt. Ziel ist es, möglichst alle Kinder mit einer beidseitigen permanenten Hörstörung zu diagnostizieren und mit der erforderlichen Therapie bis zum Ende des sechsten Lebensmonats zu beginnen. Die Evaluierung dieses so genannten Universellen Neugeborenen Hörscreenings (UNHS) aus dem Jahr 2017 zeigte jedoch, dass Baden-Württemberg – das neben zwei weiteren Bundesländern bislang noch keine Trackingzentrale besitzt – in den abgefragten Qualitätswerten nicht im optimalen Bereich liegt.
Um die Qualität der Screenings zu sichern und die Eltern entsprechend zu informieren und zu beraten, wird es ab Januar 2019 nun auch im Südwesten eine Hörtrackingzentrale geben, die vom Ministerium für Soziales und Integration gemeinsam mit den Partnern – dem Universitätsklinikum Heidelberg, den gesetzlichen Krankenversicherungen, der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft, der Landesärztekammer, dem Landespflegerat und Patientenvertretern – eingerichtet wird. Diese hat primär die Aufgabe, das Universelle Neugeborenen Hörscreening nachzuverfolgen, also dafür zu sorgen, dass Neugeborene, die bei der Entlassung aus dem Krankenhaus einen auffälligen Befund hatten, auch innerhalb von sechs Monaten nachkontrolliert werden. Die Krankenhäuser werden künftig verpflichtet, alle Untersuchungsdaten zu erfassen und an die Geschäftsstelle zur Qualitätssicherung im Krankenhaus weiterzuleiten. Mit dem Einverständnis der Eltern werden diese Daten nach Heidelberg zum Zweck des Hörtrackings übermittelt.
Ziel des Trackings ist es, Familien mit Kindern – deren Befund des Hörscreening kontrollbedürftig ist – bei Bedarf dabei zu unterstützen, die erforderliche weitere Diagnostik zum Ausschluss bzw. der Bestätigung einer Hörstörung durchführen zu lassen. Zusätzlich wird nachgehakt, ob es gelungen ist, eine Therapie bis zum Ende des sechsten Lebensmonats einzuleiten.
Stimmen der Projektpartner
„Wir begrüßen die Einrichtung der Hörtrackingzentrale in Baden-Württemberg mit Unterstützung aller Partner“, so Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg. „Durch die frühzeitige Diagnostik und daraus folgende Möglichkeit der Therapieeinleitung verbessern wir die Qualität der medizinischen Versorgung für die betroffenen Kinder und deren Familien im Land.“
Für die Arbeitsgemeinschaft B 52-Verbändekooperation Baden-Württemberg, bestehend aus den Ersatzkassen, BKK Landesverband Süd, IKK classic und der Knappschaft, ergänzt die Leiterin der baden-württembergischen Landesvertretung des Verbandes der Ersatzkassen, Biggi Bender: „Eine frühe Erkennung bedeutet einen frühen Zugang zu allen Hilfen. Das ist gut für das betroffene Kind, die Familie und die beteiligten Institutionen wie Kita und Schule."
Die Projektpartner sind sich einig, dass neben der hohen Bedeutung der Früherkennung für den persönlichen Lebensweg eines betroffenen Kindes und seiner Familie auch die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen einer verzögerten Früherkennung, Förderung und Behandlung hoch sind. Davon sind im Laufe eines Lebens viele Bereiche berührt. Die verzögerte Versorgung eines hörgeschädigten Kindes kann Auswirkungen auf die schulische Laufbahn haben, aber auch die gesetzliche Krankenversicherung, die Arbeitsagentur, die Rehabilitationseinrichtungen und die Leistungen der Eingliederungshilfe tangieren.