Die Bürgerinnen und Bürger vor Ort transparent informieren, sie intensiv über das Thema Maßregelvollzug aufklären, die Menschen beteiligen und um Akzeptanz werben – dies ist das Ziel der Landesregierung bei der Einrichtung eines Maßregelvollzugs (MRV) in der ehemaligen Rotkreuzklinik Bad Cannstatt. Nach der jüngsten Informationsveranstaltung vergangene Woche im Kursaal in Bad Cannstatt steht nun am kommenden Samstag (17. Mai) die Planungswerkstatt an. Etwa 20 Teilnehmende werden dort die Gelegenheit haben, über die Planungen der neuen Einrichtung zu diskutieren.
Spielraum für Umsetzung
„Die grundsätzliche Standortentscheidung ist gefallen, aber bei der Umsetzung gibt es noch Spielraum. Deshalb ist es mir sehr wichtig, dass wir die Sorgen, Ideen und konstruktiven Vorschläge der Menschen vor Ort in unsere Planungen aufnehmen und gleichzeitig durch umfassende Informationen um größtmögliche Akzeptanz für den Standort werben“, sagte Sozial- und Gesundheitsminister Manne Lucha am Donnerstag (15. Mai) in Stuttgart. Er appellierte an Anwohnerinnen und Anwohner und Vertreterinnen und Vertreter von Vereinen und Verbänden, diese Chance zu nutzen. Sein großer Dank gilt der Bürgerschaft für ihr Engagement und die bisher eingebrachten Anregungen.
„Das bisherige Beteiligungsverfahren hat mir eines klar gemacht: Die Bürgerschaft in Bad Cannstatt sieht sich zum großen Teil mit Vorhaben konfrontiert, die sie als Belastung für ihren Stadtteil wahrnimmt. Für die Bürgerinnen und Bürger ist es aber wichtig, dass gleichzeitig auch Projekte vorangebracht werden, die ihnen am Herzen liegen. Dieser Aspekt muss bei der Planungswerkstatt noch einmal besonders beleuchtet werden“, so der Minister. „Ich kann mir gut vorstellen, dass unser Haus dabei unterstützen kann, das ein oder andere attraktive Projekt für den Stadtteil voranzubringen. Konkret wäre beispielsweise denkbar, im Erdgeschoss des Gebäudes ein Café als Begegnungsort im Quartier einzurichten. Diese Überlegungen hat der Bauherr, das Zentrum für Psychiatrie Südwürttemberg, bereits in seine Planungen mit aufgenommen“, betonte Lucha. Andere Ideen, wie der Stadtteil rund um die ehemalige Rotkreuzklinik attraktiver werden kann, würden in die weiteren Überlegungen einbezogen.
Führung durch Räumlichkeiten geplant
Fest eingeplant ist auch die Möglichkeit, sich vor Ort ein Bild von den Räumlichkeiten und den konkreten Planungen zu machen. Sobald die noch laufende Projektstudie fertiggestellt ist, wird Minister Lucha im Sommer interessierte Bürgerinnen und Bürger durch die Räumlichkeiten des künftigen Maßregelvollzugs führen. Damit wird einem zentralen Anliegen der Anwohnerschaft Rechnung getragen.
Der Minister wirbt außerdem erneut dafür, die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die eine forensische Klinik erfüllt, zu unterstützen: „Es geht um Menschen, die Teil unserer Gesellschaft sind.“ In Bad Cannstatt sollen Patientinnen und Patienten in ihrer letzten Behandlungsphase untergebracht werden. „Dabei handelt es sich um Menschen aus dem Raum Stuttgart, die dann ohnehin wieder dorthin zurückkehren würden“, so Lucha.
Hintergrundinformationen zum Maßregelvollzug im Land
Die Umsetzung des geplanten Vorhabens in Bad Cannstatt dient dazu, die Patientinnen und Patienten aus dem Raum Stuttgart heimatnah unterzubringen. Außerdem sollen die bereits existierenden und hochbelegten übrigen Standorte dadurch entlastet werden. Durch die hohe Zahl an gerichtlichen Zuweisungen gelangt der Maßregelvollzug häufig an seine Kapazitätsgrenzen. Dieses Phänomen ist bundesweit zu beobachten. In den vergangenen sieben Jahren gab es im Maßregelvollzug in Baden-Württemberg infolge erheblich gestiegener gerichtlicher Zuweisungen einen Belegungsanstieg von rund 54 Prozent.
Aus diesem Grund arbeitet die Landesregierung stetig daran, die Kapazitäten im gesamten Land weiter auszubauen, unter anderem sind Neubauten an den Standorten Schwäbisch Hall und Winnenden in Planung. Im einwohnerstarken Raum Stuttgart fehlt es bislang an einem MRV-Standort. Die geplante Klinik in Bad Cannstatt soll nun Patientinnen und Patienten aus dem Raum Stuttgart, die derzeit in Ravensburg-Weissenau und Zwiefalten untergebracht sind und die bereits Fortschritte in ihrer Behandlung gemacht haben, eine wohnortnahe Umgebung für die fortgeschrittene Behandlungs- und Wiedereingliederungsphase bieten. Eine Inbetriebnahme der Einrichtung wird nicht vor dem Jahr 2027 erwartet.