Mit großer Erleichterung reagierte Frauenministerin Katrin Altpeter auf die Unterstützung der Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz für ihre Initiative gegen die weibliche Genitalverstümmelung. Auf der Konferenz in Nürnberg wurde die Bundesregierung entsprechend dem Vorschlag aus Baden-Württemberg aufgefordert, das parlamentarische Verfahren mit den im Bundestag vorliegenden Gesetzentwürfen für ein Strafrechtsänderungsgesetz wieder aufzunehmen. Ein Gesetzentwurf des Bundesrats wurde bereits im März 2010 im Bundestag eingebracht, bisher aber noch nicht beraten. Auch die Grünen hatten im Februar 2011 einen Gesetzentwurf im Bundestag eingebracht.
Der Gesetzentwurf des Bundesrats fordert einen eigenen Straftatbestand für die Genitalverstümmelung, die Strafbarkeit von im Ausland begangenen Verstümmelungen, wenn das Opfer seinen gewöhnlichen Aufenthalt zur Zeit der Tat in Deutschland hatte und das Ruhen der Verjährung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers.
Frauenministerin Altpeter „Die genitale Verstümmelung von Mädchen und Frauen gehört zu den brutalsten Menschenrechtsverletzungen überhaupt. An den physischen und psychischen Folgen leiden Betroffene oft ihr ganzes Leben lang. Ich hoffe, dass die Bundesregierung nach dem eindeutigen Beschluss dieser Konferenz jetzt endlich aktiv wird.“
Nach Zahlen des UN-Kinderhilfswerks werden weltweit jeden Tag mehr als 8.000 Mädchen an ihren Genitalien verstümmelt. In Deutschland geht man von fast 20.000 Frauen aus, die Opfer von Genitalverstümmelung wurden. Etwa 7000 - überwiegend Mädchen – werden als bedroht angesehen, etwa bei einem Ferienaufenthalt im Herkunftsland der Familie Opfer der Genitalverstümmelung zu werden.
Nach geltendem Recht ist Genitalverstümmelung als vorsätzliche und gefährliche Körperverletzung strafbar, aber nur, wenn die Tat im Inland begangen wurde. “Dies reicht bei Weitem nicht aus. Wir müssen ein unmissverständliches Signal an die Täter geben, dass die Verstümmelung weiblicher Genitalien ein schweres Unrecht darstellt.“ In Belgien, Dänemark, Estland, Großbritannien, Italien, Schweden, Spanien, Zypern und auch beim EU-Beitrittskandidaten Kroatien ist Genitalverstümmelung bereits ein eigener Straftatbestand.
Die strafrechtliche Seite ist nach den Worten von Ministerin Altpeter nur ein Teil des Problems. Zur erfolgreichen Bekämpfung brauche es auch eine systematische Aufklärung, Information, Beratung und direkte Hilfen. Der Beschluss der Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz in Nürnberg sehe daher vor, dass für Maßnahmen im Inland auf Bundesebene ein federführendes Ministerium bestimmt werde.
Runder Tisch gegen Genitalverstümmelung
Für die Landesregierung Baden-Württemberg ist die Bekämpfung der Genitalverstümmelung ein wichtiges Anliegen. In Baden-Württemberg nimmt sich dieser wichtigen Aufgabe ein Runder Tisch an, in dem unter Moderation des Sozialministeriums alle relevanten Akteurinnen und Akteure zusammenkommen. „Ziel des Runden Tisches ist es, neue Maßnahmen zu ergreifen und das Hilfe- und Unterstützungssystem zu verfeinern und abzustimmen“, schilderte Altpeter.
Der Runde Tisch Genitalverstümmelung hat im Februar 2011 seine Arbeit aufgenommen. Mitglieder sind das Innen-, Justiz- und Integrationsministerium, die Kommunalen Landesverbände, Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, Frauenärzte, Hebammenverband, Terre de femmes und (I)ntact. Das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sind ebenfalls beteiligt.
Quelle:
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg