Eine Projektgruppe am Krebsforschungszentrum Heidelberg (DKFZ) hat die App sKIn entwickelt, die Hauttumore genauso gut diagnostiziert wie die Hautärztin oder der Hautarzt. Die App setzt dabei auf Künstliche Intelligenz (KI).
Eine auf Künstlicher Intelligenz (KI) gestützte Anwendung, die Hauttumore genauso gut wie die Hautärztin oder der Hautarzt diagnostiziert – das hat das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg bereits vor einigen Jahren erfolgreich als Prototyp entwickelt. Mit 1,6 Millionen Euro fördert das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration jetzt das Projekt „sKIn“, mit dem das DKFZ die App für die Anwendung in der Versorgung fit machen will.
Spitzenforschung in den KI-Clustern in Baden-Württemberg
„Wir betreiben in Baden-Württemberg Spitzenforschung zur Künstlichen Intelligenz, beispielsweise in den KI-Clustern in Heidelberg, Tübingen, Heilbronn und Karlsruhe. Diese Spitzenforschung müssen wir jetzt auch in die Anwendung bringen und die Versorgung der Menschen damit konkret verbessern“, sagte Gesundheitsminister Manne Lucha am Freitag (11. August) in Stuttgart. „Die Hautkrebs-App des Krebsforschungszentrums ist dafür ein sehr gutes Beispiel – ich wünsche dem Projektteam von sKIn viel Erfolg.“
Dr. Titus Brinker vom Deutschen Krebsforschungszentrum betonte: „Seit 2018 verfolgen wir das Ziel, die Hautkrebsdiagnostik durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz genauer zu machen. Unter Studienbedingungen funktioniert das bereits hervorragend. Nun wollen wir dazu beitragen, dass der Weg in Richtung Produktentwicklung beschritten werden kann, damit am Ende die Technologien in der Versorgung zur Verfügung stehen.“
Die Landesregierung hat sich der KI schon vor vielen Jahren angenommen. „Als Vorsitzender der diesjährigen Gesundheitsministerkonferenz treibe ich KI im Gesundheitswesen mit einem umfassenden und chancenorientierten Grundsatzbeschluss voran. Nun können wir auf unsere langjährigen Erfahrungen aufbauen“, erklärte der Gesundheitsminister. Die Förderung von sKIn sei die ideale Ergänzung.
Herausfordernder Transfer von KI-Innovationen im Gesundheitswesen
Häufig bleiben die bei Forschungsprojekten entwickelten KI-Anwendungen bloße Experimente und kommen nie in der Praxis an. Die Gründe liegen unter anderem in komplexen regulatorischen, technischen und finanziellen Rahmenbedingungen sowie Unsicherheiten bei der Aufnahme in die Leistungskataloge. Die veränderten Bedingungen durch die für Medizinprodukte maßgebliche EU-Verordnung MDR (Medical Device Regulation) erschweren die Zertifizierung zusätzlich und machen den Transfer insbesondere für kleine und mittelgroße Forschungseinrichtungen häufig nahezu unmöglich.
Mit rund 1,6 Millionen Euro fördert das baden-württembergische Gesundheitsministerium nun bis Februar 2025 das Projekt „sKIn“. Das für das Projekt zuständige Forschungsteam Digitale Biomarker für die Onkologie beim DKFZ nimmt unter anderem die Punkte Qualitäts- und Risikomanagement sowie den Datenschutz und die Datensicherheit unter die Lupe und bereitet den Zertifizierungsprozess für die KI-gestützte Hautscreening-App vor. Damit soll auch eine Blaupause für andere Forschungsgruppen entstehen. Ziel ist es, nach Abschluss des Projektes im Jahr 2025 die Zulassung aktiv anzugehen.
KI kann die Diagnostik optimal ergänzen
Grundlage für sKIn ist unter anderem eine vom DKFZ durchgeführte Studie. Auf Basis von einhundert Bildern mit Hautauffälligkeiten, davon zwanzig gesichert schwarzer Hautkrebs (Melanom) und achtzig gutartige Muttermale, sollten Dermatologinnen und Dermatologen von zwölf deutschen Universitäts-Hautkliniken das weitere Vorgehen bestimmen: entweder eine Biopsie durchführen oder der Patientin bzw. dem Patienten von der Gewebeprobe abraten. Im Durchschnitt war der Algorithmus aus Heidelberg präziser in der Beurteilung der Hauttumore als die Hautärztinnen und Hautärzte. Dabei spielte es keine Rolle, welche Position und Erfahrung die Ärztin oder der Arzt hatte. Die Studie wurde hundertfach zitiert, die Anwendung könnte die Diagnose- und Therapiesicherheit deutlich verbessern und unnötige Biopsien und Operationen verhindern. Dennoch kann sie bis heute aufgrund des aufwändigen Zulassungsprozesses nicht in der Versorgung eingesetzt werden. „Solche Assistenzsysteme werden die Ärztin oder den Arzt niemals ersetzen können, sie sind aber eine sinnvolle Ergänzung, die wir endlich zu den Menschen bringen müssen. Mit unserer Unterstützung stärken wir den Gesundheits- und Forschungsstandort Baden-Württemberg“, fasste Lucha die Förderung zusammen.
Baden-Württemberg ist Vorreiter
Seit Oktober 2022 fördert das Gesundheitsministerium darüber hinaus mit rund 2,3 Millionen Euro das Reallabor zum Transfer digitaler Gesundheitsanwendungen und KI ins Gesundheitswesen (ROUTINE) am FZI Forschungszentrum Informatik in Karlsruhe. In Ergänzung zu sKIn, dessen Schwerpunkt im akademischen Transferbereich liegt, soll ROUTINE die Translation von Forschung, die durch Start-ups sowie kleine und mittlere Unternehmen betrieben wird, verbessern. Das konkrete Ziel des Reallabors ist es, einen Experimentierraum für Unternehmen und weitere Akteure zu schaffen, um KI-gestützte Methoden in der Gesundheitsversorgung zu erproben. Darüber hinaus fördert das Reallabor die Produktentwicklung und vermittelt notwendiges Wissen an Unternehmen, Anwenderinnen und Anwender sowie Patientinnen und Patienten. „Aus vielen Rückmeldungen wissen wir, dass das in dieser Form einzigartige Reallabor bereits auf EU- und Bundesebene Aufmerksamkeit gewonnen hat und dort als Vorbild für andere Mitgliedsstaaten und Bundesländer gesehen wird“, berichtete Minister Lucha abschließend.