Pflege/Quartier

Land plant jährliche Investitionen von 15 Millionen Euro in neue Wohnformen für Senioren und Menschen mit Behinderungen

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Älterer Mann in Rollstuhl lächelt

Die Zeiten, in denen WGs nur für Studierende ein interessantes Wohnmodell darstellten, sind längst passé. Wohngemeinschaften werden immer stärker auch für andere Zielgruppen attraktiv. Mit einer Summe von 15 Millionen Euro im Jahr plant das Land ab dem Jahr 2020, neue Wohnformen für ambulant betreute Wohngemeinschaften von Senioren und Menschen mit Behinderungen zu fördern.

Im März dieses Jahres hatte das Kabinett einen entsprechenden Beschluss gefasst und das Ministerium für Soziales und Integration mit der konkreten Ausgestaltung des Programms ,,Gemeinsam unterstützt & versorgt wohnen“ beauftragt.

„Das ist ein wichtiger, zukunftsweisender Schritt“, sagte Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha. „Mit passgenauen Wohnungen für ambulant betreute Wohngemeinschaften von älteren und behinderten Menschen mitten im Quartier leisten wir einen entscheidenden Beitrag zur Wohnraumversorgung im Land und ergänzen damit die Förderung des Wirtschaftsministeriums vor allem im Bereich des Sozialmietwohnraums sinnvoll. Dies ist außerdem ein wichtiger Beitrag zur Quartiersentwicklung und damit zum gesellschaftlichen Zusammenhalt im Land“, so der Minister. Das Förderprogramm ist ein Ergebnis der Wohnraum-Allianz Baden-Württemberg und schließt eine Lücke zwischen Pflegeheimen beziehungsweise stationären Behinderteneinrichtungen einerseits und einer nur stundenweisen Unterstützung und Versorgung in der eigenen Wohnung andererseits.

Steigende Nachfrage nach ambulanten Wohnformen

Aus einer Prognos-Studie zum Wohnraumbedarf in Baden-Württemberg aus dem Jahr 2017 ergibt sich, dass es im Land nicht genügend altersgerechten Wohnraum gibt und der Bedarf weiter steigen wird. Auch unter den Erwachsenen mit körperlichen und geistigen Behinderungen wird aufgrund der Bewegung hin zu einer inklusiven Gesellschaft der Anteil der Menschen ansteigen, die in ambulanten Wohnformen leben möchten. Gleiches gilt für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Beeinträchtigungen, die regelmäßigen Unterstützungsbedarf haben.

„Barrierefrei umgebaute Einzelwohnungen alleine decken jedoch diesen Wohnraumbedarf nicht ab, wenn das selbstständige Leben in einem Haus oder einer Wohnung für den genannten Personenkreis nicht mehr möglich ist. Dazu brauchen wir speziell zugeschnittene Wohnungen, in denen Assistenz und Pflege möglich sind, und zwar jeweils im bisherigen Lebensumfeld“, so Lucha weiter. Diese speziellen Flächen- und Ausstattungsbedarfe, unter anderem mit Abstellflächen für Rollstühle und E-Scooter oder für die Einrichtung eines Pflegebades, seien im allgemeinen sozialen Mietwohnungsbau so nicht realisierbar. Hier soll das neue Förderprogramm ansetzen.

Wer wird gefördert und baut, wer mietet und wer betreut?

Geplant ist, im Wege der Objektförderung einen Anreiz zur Schaffung von Wohnraum für Wohngemeinschaften (WG) erwachsener Menschen mit Unterstützungs- und Versorgungsbedarf zu setzen und die Umsetzung entsprechender Vorhaben zu beschleunigen. So können beispielsweise kommunale oder freie Wohnungsbauunternehmen oder Genossenschaften einzelne WG-Wohnungen in ihren Bauprojekten zum sozialen oder freien Mietwohnungsbau eingestreut planen und hierfür mit entsprechenden Zuschüssen je Bewohnerplatz gefördert werden. Auch Umbauten von Wohnungen sollen bezuschusst werden, nicht jedoch der Erwerb von Wohnungseigentum oder Genossenschaftsanteilen. Ob die Wohngemeinschaft von den Mieterinnen und Mietern selbst verantwortet oder von einem Anbieter, wie zum Beispiel einer sozialen Einrichtung gestützt wird, ist dabei unerheblich.

Gefördert werden soll zudem der Planungs- und Beteiligungsprozess mit den künftigen WG-Bewohnerinnen und -Bewohnern, weil dieser erfahrungsgemäß aufwändig und für nicht gemeinnützige Investoren eine große Hürde ist, sowie die gewünschte Quartierseinbindung.

Während im geförderten sozialen Wohnungsbau nur Mieterinnen und Mieter mit einem Wohnberechtigungsschein Anspruch auf eine Wohnung haben, sollen im WG-Förderprogramm all diejenigen zu WG-Bewohnerinnen und -Bewohnern werden können, die einen entsprechenden Versorgungs- und Unterstützungsbedarf haben – ungeachtet des jeweiligen Einkommens und Vermögens.

Die Mindestvoraussetzungen für ambulant betreute Wohngemeinschaften nach dem Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz (WTPG) müssen beim Bau und bei der Ausgestaltung der Betreuungs- und Unterstützungsangebote in den geförderten WGs eingehalten werden. Ob weitere Anforderungen hinzukommen, soll bei der Ausgestaltung des Förderverfahrens mit Fachleuten und möglichen WG-Bewohnerinnen und -Bewohnern noch diskutiert und geklärt werden.

Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz (WTPG)