Das Jahr 2019 war nach 2017 und 2015 ein weiteres starkes Hantavirus-Ausbruchsjahr mit insgesamt 832 an das Landesgesundheitsamt (LGA) im Regierungspräsidium Stuttgart übermittelten Erkrankungen. Im Vorjahr 2018 waren es nur 65 Fälle. „Schutzmaßnahmen vor dem Kontakt mit trockenen Ausscheidungen von Nagern können das Infektionsrisiko mit Hantaviren reduzieren“, erklärte Gesundheitsminister Manne Lucha.
Bereits im Herbst 2018 wurde durch das Landesgesundheitsamt für das Jahr 2019 auf ein erhöhtes Infektionsrisiko und mögliche Schutzmaßnahmen hingewiesen. „Bürgerinnen und Bürger sollen deshalb Schutzmaßnahmen ergreifen, beispielsweise bei Arbeiten im Garten, um den Kontakt mit trockenen Ausscheidungen von Nagern zu vermeiden und somit das Infektionsrisiko mit Hantaviren zu reduzieren“, erklärte Gesundheitsminister Manne Lucha.
„Eine mögliche Ursache für die starke Ausbreitung des Hantavirus im Jahr 2019 war der trockene Sommer 2018, der einen hohen Fruchtertrag vieler Buchen und Eichen im Herbst ermöglichte. Die Überträger des Virus, die Rötelmäuse, hatten daher besonders viel Nahrung und konnten sich stark vermehren“, sagte der Stuttgarter Regierungspräsident Wolfgang Reimer, in dessen Behörde das Landesgesundheitsamt angesiedelt ist. In Baden-Württemberg treten Hantavirus-Infektionen regelmäßig auf. Immer wieder käme es zu sogenannten Ausbruchsjahren – zuletzt im Jahr 2017 mit 934, so Reimer weiter. Die bislang stärkste Hantavirus-Epidemie wurde mit 1.797 registrierten Erkrankungen im Jahr 2012 beobachtet.
Hantavirus-Infektionen können schwer verlaufen
Auf dem Höhepunkt der Epidemie von Ende April bis Mitte Mai 2019 erkrankten wöchentlich bis zu 59 Personen. Überwiegend betroffen waren – wie in früheren Epidemiejahren – Männer (71 Prozent) sowie Erwachsene im Alter von 20 bis 59 Jahren, mit Schwerpunkt bei den 40 bis 49-Jährigen. Ein Krankenhausaufenthalt war bei 65 Prozent der Erkrankten erforderlich; bei 63 Prozent war die Nierenfunktion gestört. Es wurden jedoch keine Todesfälle im Zusammenhang mit einer Hantavirus-Erkrankung registriert. „Die Erkrankungszahlen zeigen große regionale Unterschiede. Die meisten Erkrankungen traten entlang der Schwäbischen Alb auf. Teile Oberschwabens, das Rheintal und der Südschwarzwald waren seltener oder kaum betroffen. Die geografische Verteilung der Hantavirus-Erkrankungen wird vor allem durch die regionale Verbreitung infizierter Rötelmäuse bestimmt“, erklärte die Leiterin des LGA, Dr. Karlin Stark.
„Eine Hantavirus-Erkrankung beginnt meist ähnlich wie eine Grippe mit plötzlich einsetzendem hohen Fieber“, sagte Dr. Stark. Hinzu kämen Kopf- und Gliederschmerzen sowie Bauch- und Rückenschmerzen. In schweren Fällen könne es zu Blut im Urin und gar zu Nierenfunktionsstörungen kommen. Dann könne auch eine Blutwäsche (Dialyse) erforderlich werden. „Treten hohes Fieber, Rücken- und Bauchschmerzen sowie Probleme beim Wasserlassen gemeinsam auf, kann dies auf eine mögliche Hantavirus-Infektion hindeuten. Dann sollte die Betroffene beziehungsweise der Betroffene unbedingt zur Abklärung zum Hausarzt gehen“, sagte die LGA-Leiterin.
2020 werden deutlich weniger Erkrankungen erwartet
Im Herbst 2019 war der Fruchtertrag bei Buchen und Eichen in Baden-Württemberg sehr gering und die Nahrungsbedingungen für den Überträger des Hantavirus, die Rötelmäuse, somit eher schlecht. Für das kommende Jahr 2020 rechnet das LGA daher mit einem niedrigen Infektionsrisiko und somit deutlich weniger Erkrankungsfällen als 2019. Dennoch sollte auf die üblichen Schutzmaßnahmen nicht verzichtet werden.
Rötelmäuse sind in Süddeutschland die Hauptüberträger des Hantavirus. Sie scheiden den Erreger mit ihrem Kot und Urin aus. „Der Mensch infiziert sich über das Einatmen der Krankheitserreger, die an die eingetrockneten Ausscheidungen der Nager gebunden sind. Ein Infektionsrisiko besteht überall dort, wo Rötelmäuse vorkommen und Tätigkeiten ausgeübt werden, bei denen Staub aufgewirbelt wird“, so Dr. Stark. Bei Reinigungsarbeiten von Garagen, Kellern, Scheunen, Ställen etc. seien Infektionen ebenso möglich wie Holzarbeiten in Wald und Garten. Daher sollten die zu reinigenden Flächen befeuchtet werden, um Staub zu binden. Eine Staubmaske aus dem Baumarkt (FFP3) halte gleichermaßen die Atemwege sauber und schütze gegen virushaltige Stäube. „Die Vermeidung des Kontakts mit Ausscheidungen von Nagern ist die wichtigste Maßnahme einer Infektionsverhütung“, erklärte Dr. Stark.
Hintergrundinformation
Der Name Hanta geht auf den Fluss Hantaan in Südkorea zurück, an dem in den 1950er-Jahren mehr als 3.000 amerikanische Soldaten während des Koreakrieges an einem ungewöhnlich starken Fieber mit anschließend häufigen Nierenversagen erkrankten. Eine Hantavirus-Erkrankung beginnt meist ähnlich wie eine Grippe mit plötzlich einsetzendem hohen Fieber. Hinzu kommen Kopf- und Gliederschmerzen sowie Bauchschmerzen. Bei einem Teil der Erkrankten entwickelt sich ein Nierenversagen, das dialysepflichtig werden kann, sich jedoch in der Regel zurückbildet.
Hantaviren werden über Rötelmäuse verbreitet, die das Virus über Kot und Urin ausscheiden. Ihre wichtigste Nahrungsquelle sind Bucheckern. Nach dem trockenen Sommer 2017 waren die Buchen besonders stark mit Bucheckern behangen. Diese sogenannte Buchenmast begünstigt die Vermehrung von Rötelmäusen. Die Vermeidung des Kontakts mit Ausscheidungen von Nagern ist die wichtigste Maßnahme einer Infektionsverhütung. Daneben ist die Bekämpfung von Nagetieren wichtig. Weitere Schutz- und Vorbeugemaßnahmen sollten eingehalten werden: das Befeuchten von Flächen vor Reinigungsarbeiten bindet Staub. Eine Entsorgung zuvor desinfizierter Nagerausscheidungen vermindert das Expositionsrisiko. Das Tragen von Staubschutzmasken kann das Einatmen von erregerhaltigem Staub verhindern.
Quelle:
Regierungspräsidium Stuttgart