Seit Jahresbeginn 2019 verzeichnet das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart bereits 82 Hantavirus-Erkrankungen aus 20 Stadt- und Landkreisen, davon 34 allein im Monat März. Im 1. Quartal 2018 waren es mit acht Fällen deutlich weniger. „Schutzmaßnahmen vor dem Kontakt mit trockenen Ausscheidungen von Nagern können das Infektionsrisiko mit Hantaviren reduzieren“, erklärt Gesundheitsminister Manne Lucha.
In Baden-Württemberg sind Hantaviren weit verbreitet, insbesondere in Regionen mit hohem Anteil an Buchenwäldern. Hier finden Rötelmäuse, die Hantaviren über ihre Ausscheidungen übertragen, besonders gute Lebensbedingungen. Sie ernähren sich bevorzugt von Bucheckern. Gute Nahrungsbedingungen im Herbst 2018 haben das Überwintern von Rötelmäusen begünstigt. Deshalb steigt jetzt das Hantavirus-Infektionsrisiko.
Die höchsten Fallzahlen werden aktuell in Stuttgart (19) und den Landkreisen Tübingen (11) und Esslingen (8) registriert. Zwei von drei Erkrankten (62 Prozent) mussten ins Krankenhaus, am häufigsten wegen einer Nierenfunktionsstörung (75 Prozent).
Schutzmaßnahmen ergreifen, um Infektionsrisiko zu reduzieren
„Schutzmaßnahmen vor dem Kontakt mit trockenen Ausscheidungen von Nagern können das Infektionsrisiko mit Hantaviren reduzieren“, erklärt Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha. Tätigkeiten mit erhöhtem Infektionsrisiko seien insbesondere die jetzt im Frühjahr anstehenden Reinigungsarbeiten von Garagen, Kellern, Schuppen, Scheunen und Ställen sowie Holzarbeiten in Wald und Garten, so der Minister weiter. Vor Reinigungsarbeiten sollten Flächen befeuchtet werden, um Staub zu binden. Erkannte Ausscheidungen von Nagern sollten vor der Reinigung desinfiziert werden. Eine Staubmaske aus dem Baumarkt (FFP3) halte nicht nur die Atemwege sauber, sondern schütze auch gegen aufgewirbelte Viren im Flugstaub, so der Minister. Auch die Bekämpfung von Nagetieren im häuslichen Umfeld sei wichtig.
„Eine Hantavirus-Erkrankung beginnt meist ähnlich wie eine Grippe mit plötzlich einsetzendem hohen Fieber“, erläutert Dr. Karlin Stark, Leiterin des Landesgesundheitsamts Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart. Hinzu kämen Kopf- und Gliederschmerzen sowie Bauch- und Rückenschmerzen. In schweren Fällen könne es zu Blut im Urin und gar zu Nierenfunktionsstörungen kommen. Dann könne auch eine Blutwäsche (Dialyse) erforderlich werden. „Das gemeinsame Auftreten von hohem Fieber, Rücken- und Bauchschmerzen sowie Problemen beim Wasserlassen kann auf eine mögliche Hantavirus-Infektion hinweisen und sollte beim Hausarzt abgeklärt weren“, sagt Karlin Stark.
Hintergrundinformationen
Der Name Hanta geht auf den Fluss Hantan in Südkorea zurück, an dem in den 1950er-Jahren mehr als 3.000 amerikanische Soldaten während des Koreakrieges an einem ungewöhnlich starken Fieber mit anschließend häufigen Nierenversagen erkrankten.
Rötelmäuse sind in Süddeutschland die Hauptüberträger des Hantavirus. Sie scheiden den Erreger mit ihrem Kot und Urin aus. Der Mensch infiziert sich über das Einatmen der Krankheitserreger, die an die eingetrockneten Ausscheidungen der Nager gebunden sind. Ein Infektionsrisiko besteht überall dort, wo Rötelmäuse vorkommen und Tätigkeiten ausgeübt werden, bei denen Staub aufgewirbelt wird.
Die wichtigste Nahrungsquelle von Rötelmäusen sind Bucheckern. Nach dem trockenen Sommer 2018 waren die Buchen besonders stark mit Bucheckern behangen. Diese sogenannte Buchenmast begünstigt die Vermehrung von Rötelmäusen. Hantavirus-Ausbrüchen in früheren Jahren ist regelmäßig eine Buchenmast im Vorjahr vorausgegangen.
In Baden-Württemberg treten Hantavirus-Infektionen regelmäßig auf. Immer wieder kommt es zu sogenannten Ausbruchsjahren – zuletzt im Jahr 2017 mit 841 Fällen. Die bislang stärkste Hantavirus-Epidemie wurde mit 1.778 Fällen im Jahr 2012 beobachtet.
Quelle:
Regierungspräsidium Stuttgart