Zivilgesellschaft

Neue Landesprogramme zur Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements

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Mit neuen Förderprogrammen will Sozialministerin Katrin Altpeter der Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene und dem bürgerschaftlichen Engagement Älterer neue Impulse verleihen. Auf einer Landespressekonferenz in Stuttgart stellte die Ministerin den „BürgerInnenrat“ vor und das Landesprogramm „Mittendrin“, das sich insbesondere an ältere Erwachsene und Menschen mit Migrationshintergrund wendet. „Wir wollen noch mehr Bürgerinnen und Bürger motivieren, sich freiwillig zu engagieren. Denn ohne Bürgerinnen und Bürger ist kein Staat zu machen“, sagte die Ministerin. Schon heute setzen sich in Baden-Württemberg fast 4,5 Millionen Menschen, das sind rund 41 Prozent der Bevölkerung,  in ihrer Freizeit freiwillig und unentgeltlich für andere ein oder sind in gemeinschaftlichen Projekten aktiv. Diese Menschen seien nicht nur Vorbild, so Ministerin Altpeter. „Sie sind für die Politik auch Verpflichtung, mit guten Rahmenbedingungen einen Nährboden zu schaffen, der solches Engagement ermöglicht und fördert“.

BürgerInnenrat

Der BürgerInnenrat soll Beteiligungsprozesse in den Kommunen anstoßen und mit Elementen direkter Demokratie neue Wege in der Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Gemeinderat und den Bürgerinnen und Bürgern erproben. Gleichzeitig soll er die Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzen, sich eigenverantwortlich mit den Fragen und Problemen ihres Lebensumfeldes zu beschäftigen und aktiv nach Lösungen zu suchen.

Beim BürgerInnenrat werden nach dem Zufallsprinzip zwölf bis 15 Bürgerinnen und Bürger einer Gemeinde ausgewählt, die an eineinhalb Tagen Thesen, Sichtweisen und Lösungsideen zu wichtigen Themen oder Vorhaben diskutieren und zum Abschluss Empfehlungen dazu erarbeiten. Diese Empfehlungen werden dann der Öffentlichkeit präsentiert und im Anschluss mit Vertretern aus Politik und Verwaltung diskutiert.

Der BürgerInnenrat wird von externen Moderatoren angeleitet. Das Land beteiligt sich an den Kosten für deren Schulung. Der erste derartige Kurs für Moderatorinnen und Moderatoren findet bereits in der kommenden Woche statt. Ziel ist der Aufbau eines Moderatorenpools, um BürgerInnenräte überall im Land zu unterstützen.

Altpeter: „Der BürgerInnenrat ist kein Ersatz für Entscheidungen demokratisch gewählter Gremien, etwa der Gemeinderäte. Er soll vielmehr zum Mitreden und Mitmachen ermuntern und so die repräsentative Demokratie stärken.“

Der BürgerInnenrat trifft keine politischen Entscheidungen, hat aber dennoch eine große Wirkung in der Gemeinde. Weil er seine Überlegungen und Empfehlungen öffentlich präsentiert, wird in der Gemeinde das Bewusstsein für die Herausforderungen und für notwendige Entscheidungen gestärkt. „Unser Ziel ist eine politische Kultur des Dialogs und der Offenheit, die die Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger bei allen wichtigen Entscheidungen gezielt und frühzeitig einbezieht. Der BürgerInnenrat soll die Arbeit der demokratisch legitimierten Kommunalparlamente ergänzen und befruchten“, so die Ministerin weiter.

Die Landesregierung werde diesen Prozess aktiver Teilhabe auch finanziell unterstützen. In den kommenden beiden Jahren will das Sozialministerium zunächst zehn BürgerInnenräte mit insgesamt 30.000 Euro finanziell fördern.

Mittendrin“ – Freiwilligenarbeit für Ältere und Menschen mit Migrationshintergrund

Mit einem weiteren neuen Projekt will Sozialministerin Katrin Altpeter insbesondere Ältere und Menschen mit Migrationshintergrund verstärkt für bürgerschaftliches Engagement gewinnen. Mit dem Projekt „Mittendrin“ sollen auch Freiwillige angesprochen werden, die sich bisher nicht engagiert haben und die bereit sind, ihr Wissen und ihr Engagement verbindlich über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten mit einer wöchentlichen Mindesteinsatzdauer von etwa fünf Stunden für ein Projekt zur Verfügung zu stellen.

Altpeter: „Unsere Gesellschaft braucht die Lebens- und Berufserfahrung der älteren Generation. Und Kommunen, Initiativen und Verbände brauchen kompetente und engagierte Freiwillige, die bereit sind, sich mit einem gewissen Maß an Verbindlichkeit zu engagieren.“

Mit 300.000 Euro jährlich fördert das Sozialministerium die Fachberatung von Projektträgern, die Grundausstattung von Projekten und die Qualifizierung der bürgerschaftlich engagierten Freiwilligen. Die Träger können auf Antrag bis zu 4.000 Euro für ihr Projekt und bis zu 1.000 Euro für Qualifizierungsmaßnahmen erhalten.

Beispiele für förderfähige „Mittendrin“-Projekte

  • Sportprojekt „Lernen und Ringen um Integration“

Vor dem Ringer-Training geben engagierte Ältere mit entsprechender Qualifikation den jungen Zuwanderern aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion in einem ersten Schritt Deutschkurse sowie Nachhilfe-Unterricht in diversen Fächern. In einem zweiten Schritt sollen sich die jugendlichen Ringer selbst ehrenamtlich im Vereinsleben einbringen und etwa bei der Organisation von Veranstaltungen und Sportereignissen helfen.

  • Patenschaften für Kinder, die Opfer häuslicher Gewalt sind:

Aus bürgerschaftlich Engagierten wird ein Team freiwilliger Paten aufgebaut. Sie sollen die im Frauenhaus und in ländlichen Gemeinden lebenden alleinerziehenden Mütter in der Entwicklung der Kinder unterstützen. Dabei sollen die Kontakte zwischen Kindern und Paten auch nach dem Frauenhausaufenthalt bestehen bleiben.

Ziel: Stärkung und Unterstützung der Kinder und Frauen.

  • Schuldnerberatung:

Die bislang hauptamtlich bei Kommunen und der Liga der freien Wohlfahrtsverbände angesiedelten Schuldnerberatungen im Land sollen Freiwillige für weitere Schuldnerberatungen gewinnen und fachlich begleiten, um dem ansteigenden Bedarf an solchen Beratungen Rechnung zu tragen. Die bislang im Land existierenden über 100 hauptamtlichen Schuldnerberatungen können den ansteigenden Bedarf an Schuldnerberatungen nicht hinreichend decken.

Ziel: Gewinnung von Freiwilligen als Schuldnerberater, um bei drohenden Privatinsolvenzen etc. frühzeitig und effektiv Hilfe leisten zu können.

  • Generationenmittagstisch:

Mit dem Aufbau und der Etablierung eines mit Freiwilligen organisierten Mittagstisches für Kinder und Senioren soll die kommunale Infrastruktur auf die Herausforderungen des demografischen Wandels vorbereitet werden. Damit widmet sich das Projekt einerseits den sozialen Problemen der Gemeinde und fördert andererseits den Kontakt zwischen Generationen. Eine Erweiterung des Projektes um weitere Segmente wie beispielsweise Hausaufgabenbetreuung oder Spielabende ist möglich.  

Ziel: Kontakt zwischen den Generationen verbessern und Bedarfe der Kommune aufgrund des demografischen Wandels rechtzeitig erkennen.

Altpeter: „Wir haben im Land eine vielfältige Engagementlandschaft. Ich wünsche mir, dass sich noch mehr Menschen freiwillig engagieren und unser Zusammenleben damit noch ein Stück lebenswerter machen.“ Als besondere Herausforderung für das Freiwilligenprojekt „Mittendrin“ bezeichnete die Ministerin die Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund, die Unterstützung von benachteiligten Kindern, den Abbau von Stigmatisierungen bei Menschen mit Handicaps und generationsübergreifende Projekte.

Quelle:

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren