Pflege

Neues Heimrecht ermöglicht vielfältige Wohnformen

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Bei einem Besuch im Landkreis Karlsruhe hat Sozialministerin Katrin Altpeter das neue Heimrecht des Landes vorgestellt, das noch vor dem Sommer vom Landtag verabschiedet werden soll.

„Seniorinnen und Senioren wollen heute selbst entscheiden, wie sie im Alter leben – auch wenn sie auf Pflege oder Unter­stützung angewiesen sind. Sie haben nicht mehr nur die Wahl zwischen Pflege in den eigenen vier Wänden oder im Pflegeheim, sondern können zwischen vielfältigen und innovativen Wohnformen wählen. Dafür schaffen wir mit dem neuen Heimrecht die Voraussetzungen. Dabei hat der Schutz der älteren Men­schen für uns immer oberste Priorität“, so die Ministerin in einer Betreuten Wohnanlage der AWO in Waghäusel-Wiesental. Das Kabinett hat dem „Gesetzesentwurf für unterstützende Wohnformen, Teilhabe und Pflege“ (WTPG) bereits zugestimmt.

Der Weg ins stationäre Pflegeheim erfolgt der Ministerin zufolge heute oft sehr spät und erst dann, wenn der Pflegebedarf anders nicht mehr abgedeckt werden könne. Deshalb sei der Grundsatz „ambulant vor stationär“ eines der wichtigsten Ziele des Gesetzes. Man wolle dem Wunsch der Menschen gerecht werden, möglichst lange ein Leben in Selbstbestimmung und Selbständigkeit zu führen, entweder zu Hause oder im Rahmen einer der neuen gemeinschaftlichen Wohnformen.

Neue Gestaltungsspielräume: Wohnortnahe WGs - bürgerschaftliche Pflegemodelle

Das neue Gesetz eröffnet nach den Worten von Sozialministerin Altpeter Ge­staltungsspielräume für die unterschiedlichsten konzeptionellen Angebote, hin zu wohnortnahen gemeinschaftlichen Wohnformen. „Wir schaffen damit Anreize zur nachhaltigen Etablierung ambulant betreuter Wohngemeinschaften in Baden-Württemberg.“ Mit der „selbstverantworteten gemeinschaftlichen Wohnform“ werde zudem das bürgerschaftliche und zivilgesellschaftliche Engagement auf lokaler Ebene in der Pflege gefördert, betonte die Ministerin.

Flexible Heimaufsicht - Schutz von hilfebedürftigen Personen

Bei der Ausarbeitung des WTPG habe sie sehr darauf geachtet, so Altpeter, dass Würde, Privatheit und die Bedürfnisse volljähriger Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf geschützt werden und sichergestellt sei, dass die Qualität des Wohnens sowie der Pflege und Betreuung dem anerkannten Stand der fachlichen Erkenntnisse entsprechen.

„Menschen, die infolge ihres Alters, aus Hilflosigkeit, Pflegebedürftigkeit oder wegen einer Behinderung existenziell auf andere Personen angewiesen sind, dürfen wir nicht dem freien Spiel der (Pflege-)Märkte überlassen. Hier muss die Heimaufsicht eingreifen, wenn etwa die Qualität der Pflege aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus vernachlässigt wird“, so Ministerin Altpeter.

Anders als früher sei die staatliche Heimaufsicht jetzt aber nicht mehr starr aus-gerichtet. Es sei vielmehr eines der Markenzeichen des Gesetzes, dass der staatliche Schutzauftrag auf die jeweilige Wohnform mit ihren jeweils spezifi­schen Bedingungen und Anforderungen zugeschnitten werde und damit flexibler geworden sei.

Altpeter: „Kurz gesagt: Je weniger der Einzelne über seine Wohn- und Lebens-form selbst bestimmen kann, desto stärker greift die Heimaufsicht und überprüft die Qualität in der Pflege.“

Anforderungen an selbstverantwortete Wohngemeinschaften

In einer selbstverantworteten Wohngemeinschaft (maximal 12 Personen) regeln die Bewohnerinnen und Bewohner ihre Angelegenheiten eigenverantwortlich, so die Ministerin. Dies bedeute unter anderem, dass sie Art und Umfang ihrer Pflege- und Unterstützungsleistungen frei wählen, die Lebens- und Haushalts­führung selbstbestimmt gemeinschaftlich gestalten und selber uneingeschränkt das Hausrecht ausüben. Selbstverantwortete Wohngemeinschaften ähnelten sehr stark dem Leben in den eigenen vier Wänden. Deshalb sei hier keine re­gelmäßige staatliche Aufsicht erforderlich. Diese WGs müssten jedoch der Heimaufsicht vorab angezeigt werden.

Anforderungen an ambulant betreute Wohngemeinschaften

Ambulant betreute Wohngemeinschaften sind nach den Worten von Ministerin Altpeter von einem Anbieter verantwortet. Es dürften dort nicht mehr als acht Personen gemeinschaftlich wohnen. Die Bewohnerinnen und Bewohner könnten ihr Leben und die täglichen Abläufe nur teilweise selber bestimmen. Deshalb sehe das WTPG hier eine staatliche Aufsicht vor, wenn auch - im Vergleich zu stationären Einrichtungen - in eingeschränktem Umfang. Wohnen und ein Teil der Unterstützungsleistungen würden in der Regel von einem Anbieter für die Bewohner der WG organisiert. Über die Pflegeleistungen dagegen müssten die Bewohner vollständig selbstbestimmt und eigenverantwortlich entscheiden kön­nen, so die Ministerin. Eine Präsenzkraft müsse (in der Regel 24 Stunden täg­lich) anwesend sein und pro Person müssten in der Wohnung 25 qm Grund­fläche (incl. Flur, Küche, Sanitärbereich, Vorräume etc.) zur Verfügung stehen.

Mehr Transparenz – Abbau von Bürokratie

Die Träger stationärer Einrichtungen und ambulant betreuter Wohngemein­schaften müssen ihre Leistungsangebote allen Interessierten zugänglich machen, Bewohnern auf Antrag Einsicht in die sie betreffenden Unterlagen ge­währen und sie schriftlich auf Informations- und Beratungsmöglichkeiten sowie Beschwerdestellen hinweisen. Stationäre Einrichtungen müssen den Prüfbericht der Heimaufsicht auslegen und Interessierten auf Antrag eine Kopie aushändi­gen.

„Mit diesem Gesetz sind wir bundesweit Vorreiter. Wir setzen ein klares Zeichen für mehr Lebensqualität, mehr Selbstbestimmung und mehr Teilhabe für Men­schen mit Pflege- bzw. Unterstützungsbedarf und Menschen mit Behinderung“ schloss die Ministerin.