Die Landesregierung hat den Entwurf für das erste baden-württembergische Psychiatriegesetz zur Anhörung freigegeben. Damit möchte die Landesregierung die Rechte psychisch kranker Menschen stärken und ihre gesellschaftliche Teilhabe fördern.
Das Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz legt die wesentlichen Rahmenbedingungen für eine bedarfsgerechte psychiatrische Versorgung im Land verbindlich fest. „Mit diesem Gesetz machen wir einen Riesenschritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen Vernetzung des Hilfesystems für Menschen, die auf Grund einer psychischen Störung krank oder behindert sind“, sagte Sozialministerin Katrin Altpeter.
Ein Schwerpunkt des neuen Gesetzes gelte der ambulanten Grundversorgung durch die Sozialpsychiatrischen Dienste, betont die Ministerin. Diese Angebote werden nun erstmals auf eine rechtlich sichere Grundlage gestellt und die Förderung durch Landeszuschüsse gesetzlich geregelt. Altpeter: „Die Arbeit der Sozialpsychiatrischen Dienste ist unverzichtbar für die Versorgung psychisch kranker Menschen im Land. Sie bieten niedrigschwellige, auch aufsuchende Hilfen bei der Vor- und Nachsorge und der Krisenintervention und sie vermitteln soziale Hilfen für psychisch Kranke und deren Angehörige.“
In allen Stadt- und Landkreisen sollen nach der Vorstellung der Ministerin Gemeindepsychiatrische Verbünde eingerichtet werden, mit denen sich die sozialpsychiatrischen Dienste vernetzen sollen. Auf diese Weise soll die weitere – auch regionale – Vernetzung der Hilfesysteme vorangetrieben werden.
Neue Informations-, Beratungs- und Beschwerdestellen
Die Rechte von Patientinnen und Patienten und Angehörigen werden nach den Worten von Ministerin Altpeter durch das neue Psychiatriegesetz deutlich gestärkt. „Auf Kreisebene werden neue Informations-, Beratungs- und Beschwerdestellen geschaffen und auf Landesebene eine Ombudsstelle installiert.“ Die Ombudsstelle sei gegenüber dem Landtag berichtspflichtig, so Altpeter.
Zum Schutz der Rechte von Personen, die gegen ihren Willen aufgrund richterlicher Anordnung in psychiatrischen Einrichtungen untergebracht wurden, würden Besuchskommissionen als neutrale Kontrollinstanz eingerichtet.
Neu aufgebaut werde zudem ein zentrales, standardisiertes und anonymisiertes Melderegister über Zwangsmaßnahmen. Darin würden Unterbringungsmaßnahmen und freiheitsentziehende Zwangsmaßnahmen erfasst.
Das derzeitige Unterbringungsgesetz mit den Vorschriften für die öffentlich-rechtliche Unterbringung und den Maßregelvollzug wird mit dem Inkrafttreten des neuen Psychiatriegesetzes außer Kraft gesetzt.
Das Gesetz enthält erstmals für Baden-Württemberg spezialgesetzliche Rahmenregelungen für den Maßregelvollzug. Darin wird das Rehabilitationsangebot festgelegt und es werden die Abläufe in den Maßregelvollzugseinrichtungen bei Grundrechtseingriffen geregelt. Die Vorschriften stärken bei strenger Wahrung der Rechtsstaatlichkeit die Therapierung von Straftäterinnen und -tätern und damit zugleich auch die Sicherheit der Bevölkerung. Es sieht deshalb auch eine bessere Nachsorge bei der Entlassung von Maßregelvollzugspatienten vor, so Ministerin Altpeter.