„Vor dem Hintergrund, dass sich die Landesregierung beim Start klar
zur Entwicklung inklusiver Schulen bekannt hat, erscheint mir die
aktuelle Diskussion um die Einsparung von 11.600 Lehrerstellen bis 2020
sehr einseitig und verkennt, dass inklusive Schulen nicht zum Nulltarif
zu haben sind. Im Zeitalter der UN-Behindertenrechtskonvention sollte
das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung in allen
gesellschaftlichen Bereichen eigentlich selbstverständlich sein. Warum
diese Selbstverständlichkeit gerade beim gleichberechtigten
Bildungsanspruch für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen auf dem
Altar der Schuldenbremse einseitig geopfert werden soll, ist für mich
unverständlich“, betonte der Landes-Behindertenbeauftragte Gerd Weimer
heute in Stuttgart.
Gerd Weimer hat sich in die aktuelle
Lehrerdebatte eingemischt und Herrn Ministerpräsident Kretschmann, Herrn
Finanzminister Dr. Nils Schmid sowie die Vorsitzenden der
Regierungsfraktionen, Frau Edith Sitzmann und Herrn Claus Schmiedel am
10. Oktober 2013 schriftlich daran erinnert, dass im Koalitionsvertrag
unter der Überschrift „Gleichberechtigte Teilhabe aller: Inklusion
umsetzen“ bekräftigt wurde, der leidigen Selektion im Bildungsbereich
eine klare Absage zu erteilen. „Es wurde der politische Wille für einen
überfälligen Paradigmenwechsel in unserem Land zum Ausdruck gebracht.
Wichtige Meilensteine auf dem Weg zu einem inklusiven Bildungssystem
sind dabei, dass ein gesetzlicher Anspruch von Kindern mit Behinderung
auf sonderpädagogische Förderung in der Regelschule verankert wird und
ein Wahlrecht für die Eltern zur Bestimmung des Lernortes für ihre
Kinder besteht“, so Gerd Weimer weiter.
Vor diesem Hintergrund
hat sich der Landes-Behindertenbeauftragte den Forderungen von Herrn
Kultusminister Andreas Stoch, die demografische Rendite von 11.600
Lehrerstellen nicht einseitig zu realisieren, in seinem Brief an den
Herrn Ministerpräsidenten uneingeschränkt angeschlossen. „Bei dieser
Betrachtung muss der zusätzliche Bedarf der Inklusion ebenso in Ansatz
gebracht werden“, forderte Gerd Weimer. Es müsse möglich sein, frei
werdende Stellen für diese wichtige Zukunftsaufgabe einzusetzen, dies
gäbe die UN-Behindertenrechtskonvention grundsätzlich vor. Der Deutsche
Bundestag und der Bundesrat hätten die Konvention bekanntlich bereits
Ende 2008 einstimmig ratifiziert. „Ich finde es richtig und notwendig,
dass bei der Bildung nicht gespart wird, damit Inklusion in der Schule
in Baden-Württemberg keine Leerformel bleibt“, so der Appell des
Landes-Behindertenbeauftragten.
Nach den Vorstellungen des
Landes-Behindertenbeauftragten muss sich ein inklusives Schulsystem
insbesondere durch ein absolutes Elternwahlrecht, zieldifferente
Unterrichtsangebote, entsprechende pädagogische Aus- und
Fortbildungsangebote, Verortung der Sonderpädagogen an der allgemeinen
Schule und umfassend barrierefreie Schulgebäude auszeichnen. „Wenn die
Rahmenbedingungen stimmen, werden alle von Inklusion profitieren“,
zeigte sich Gerd Weimer überzeugt. Dazu brauche es auf jeden Fall
zusätzliche Ressourcen im Bildungssystem.
Hinweis für die Redaktionen:
Das
Schreiben des Landes-Behindertenbeauftragten vom 10. Oktober 2013 an
Herrn Ministerpräsident Winfried Kretschmann, über das er gleichzeitig
Herrn Minister für Finanzen und Wirtschaft Dr. Nils Schmid sowie die
Vorsitzenden der Regierungsfraktionen, Frau Edith Sitzmann und Herrn
Claus Schmiedel informierte, ist im Wortlaut beigefügt.
Quelle:
Der Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen