Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha sieht in dem vom Bund vorgelegten Referentenentwurf zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz keinen großen Wurf, sondern eine vertane Chance.
„Viele Punkte, die ich in meinem im Sommer vorgelegten Eckpunktepapier für ein modernes Einwanderungsgesetz gefordert habe, hat der Bundesinnenminister in seinem Gesetzentwurf leider nicht oder nur in Ansätzen berücksichtigt. Das Ziel eines modernen und transparenten Einwanderungsgesetzes wurde komplett verfehlt. Bestehende gesetzliche Möglichkeiten sollen zwar ausgebaut werden, aber wirklich Neues wird damit nicht geschaffen. Das ist für die Politik, die Wirtschaft und die zuwanderungsinteressierten Menschen ernüchternd und eine vertane Chance für Deutschland. Es fehlen klare Kriterien eines Punktesystems und eine verlässliche Stichtagsregelung, um für hier lebende integrierte Geflüchtete den Übergang in die Arbeitsmigration zu ermöglichen, sagte Lucha in Stuttgart.
So sei der Wegfall der Vorrangprüfung, also der Prüfung, ob ein Deutscher oder EU-Bürger für eine Stelle in Frage kommt, überhaupt keine Neuerung, da diese Regelung aus gutem Grund bereits seit 2016 ausgesetzt worden sei.
Beschäftigungsduldung völlig ernüchternd
Als völlig ernüchternd bezeichnete Minister Lucha die geplante Einführung einer zweijährigen Beschäftigungsduldung für Geflüchtete, die einen Job haben, sich ihren Lebensunterhalt selbst finanzieren können und sich bisher nichts haben zuschulden kommen lassen. „Ich habe gemeinsam mit zahlreichen Initiativen im Land für diese Menschen einen legalen Aufenthaltstitel über eine Stichtagsregelung gefordert. Jetzt hängen sie und auch ihre Arbeitgeber weiter in der Luft und wissen nicht, wie es nach den zwei Jahren weitergeht. Das ist weder für die Betroffenen noch für die Betriebe eine verlässliche Regelung. Jetzt zu suggerieren, dass dies eine große Neuerung sei, ist ein Etikettenschwindel“, so Lucha weiter.
Zuzug potenzieller Fachkräfte auf alle Berufe ausgeweitet
Lucha begrüßte hingegen, dass im Referentenentwurf der Zuzug potenzieller Fachkräfte aus Drittstaaten nach Deutschland auf alle Berufe ausgeweitet wird, das heißt nicht nur auf Personen mit einem anerkannten Hochschulabschluss und Berufen der sogenannten Positivliste. Allerdings sei im vorliegenden Entwurf aus dem Bundesinnenministerium vorgesehen, dass ein im Ausland erworbener Abschluss in Deutschland anerkannt sein muss. „Das ist eine schwer zu überwindende Hürde, da in vielen Ländern, aus denen Menschen nach Deutschland kommen, die deutschen Ausbildungsstrukturen kaum oder gar nicht ausgeprägt sind.“
Alle beruflich qualifizierten Fachkräfte und Akademiker können nach dem Gesetzentwurf künftig auch ohne konkretes Jobangebot sechs Monate lang zur Arbeitssuche nach Deutschland kommen. „Das ist grundsätzlich ein Fortschritt“, so Lucha. „Aber auch hier sind die Hürden zu hoch, denn diese Arbeitssuchenden müssen bereits gut Deutsch sprechen. Das ist realitätsfern.“
Für den baden-württembergischen Integrationsminister ist der nun vorliegende Referentenentwurf kein großer Wurf. „Ich hoffe, dass die Bundesländer im Gesetzgebungsverfahren noch etwas Einfluss nehmen und den Gesetzentwurf verbessern können.“
Hier das von Integrationsminister Manne Lucha im Sommer 2018 vorgelegte Eckpunktepapier für ein modernes Einwanderungsgesetz Eckpunktepapier