Besuch

Zu Gast im Klinikum Esslingen zum Auftakt des Programms „Inklusives Krankenhaus“ 

Landes-Beauftragte Simone Fischer zusammen mit Geschäftsführer Matthias Ziegler, Caroline Habrick und weiteren Gästen in Konferenzraum im Klinikum Esslingen.
Landes-Beauftragte Simone Fischer (2. von rechts) zusammen mit Geschäftsführer Matthias Ziegler (4. von rechts), Caroline Habrick (2. von rechts) und weiteren Gästen.

Die Beauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Simone Fischer, nahm am 11. August 2022 an der Auftaktveranstaltung „Inklusives Krankenhaus“ im Klinikum Esslingen teil.

Nach Artikel 25 der UN-Behindertenrechtskonvention haben Menschen mit Behinderungen uneingeschränkte Rechte auf ihre gesundheitliche Versorgung, so wie Menschen ohne Behinderungen.

Simone Fischer sagte: „An diesen Voraussetzungen müssen wir vielerorts noch arbeiten, denn für Menschen mit Schwerst- und Mehrfachbehinderungen ist eine gute medizinische Versorgung leider nicht immer selbstverständlich.“ Eine Behandlung im Krankenhaus oder ein Arztbesuch sei für sie deshalb in mehrerlei Hinsicht nicht berechenbar. Dies betreffe zum Beispiel die Kommunikation und Interaktion, die Umsetzung pflegerischer, ärztlicher sowie therapeutischer Tätigkeiten. Selbst kleinere medizinische Probleme könnten zur Gefahr werden, wenn sie nicht angemessen behandelt würden. 

„Manchmal finden Menschen mit Behinderungen im Krankenhaus vor, was sie auch sonst in der Gesellschaft vorfinden: physische Schranken und Unsicherheiten im Umgang“, sagte Matthias Ziegler, Geschäftsführer des Klinikums Esslingen. Und weiter: „Wir machen uns jetzt auf den Weg zu einem inklusiven Krankenhaus.“

Caroline Habrik, Mutter von vier Kindern, deren älteste Tochter eine schwere Mehrfachbehinderung hat berichtete beispielhaft und eindrücklich von einem Aufenthalt im Schlaflabor mit ihrer Tochter: „Beim Verkabeln begann meine Tochter zu schreien, sie schrie und schrie. Berührungen im Gesicht mag sie nicht. Irgendwann schlief sie völlig erschöpft ein. Der Pfleger und ich waren auch fix und fertig und am nächsten Tag war klar: Die Ergebnisse sind noch nicht mal zu gebrauchen.“

Jan Guilliard arbeitet in der Schreinerei der Werkstätten Esslingen-Kircheim wünscht sich Zeit. Man komme zu kurz im Krankenhaus. „Ich weiß, die haben nur wenig Zeit. Aber für mich ist die zu knapp. Ich will den Arzt in Ruhe fragen können. Mehr Zeit wäre mir wichtig.“

Wenn barrierefreie Untersuchungsmöglichkeiten und Praxen fehlen, sind sie für viele Menschen mit Behinderungen nicht zugänglich. „Das Recht auf die freie Arztwahl ist für Menschen mit Behinderungen dann nicht gegeben. Die Bedingungen für den Auf- und Ausbau von barrierefreien und inklusiven Gesundheitsangeboten müssen deutlich verbessert werden.“, so die Landes-Beauftragte.

Weitere Informationen zu den Plänen des Klinikums Esslingen: Mit Behinderung im Krankenhaus | Klinikum Esslingen (klinikum-esslingen.de)

Hintergrundinformationen

Rund 960.000 Menschen haben in unserem Bundesland eine schwere Behinderung, das sind rund zehn Prozent der Bevölkerung.

Ab dem 18. Lebensjahr gibt es für Menschen mit schwerst- und mehrfacher Behinderung eine deutliche medizinische Versorgungslücke. Bis zum 18. Lebensjahr ist die Versorgung sehr gut über die Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) sichergestellt. Multiprofessionelle Teams aus Ärztinnen, Pflegekräften und Therapeuten bieten die ärztliche Versorgung an einem Ort. Bundesweit gibt es 161 SPZs. 

Ab dem 18. Lebensjahr dürfen Menschen mit Behinderungen das SPZ nicht mehr nutzen, jeder Arztbesuch muss ab jetzt einzeln vereinbart werden, oftmals finden die Familien keinen Facharzt, die Diagnosen werden nicht mehr ganzheitlich gesehen und jeder Arztbesuch wird so zur großen Belastung für die Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen.

Medizinische Zentren für Erwachsene mit sogenannter geistiger Behinderung (MZEB)

Im Juli 2015 hat der Gesetzgeber nach langen Diskussionen mit der Formulierung des §119c SGB V die Voraussetzung für die Errichtung von medizinischen Zentren für Erwachsene mit sogenannter geistiger Behinderung (MZEB) geschaffen, deren besonderer Auftrag die multidisziplinäre und multiprofessionelle Versorgung von Menschen mit schwerer geistiger und mehrfacher Behinderung ist. Bundesweit gibt es nur 50 MZEB, in Baden-Württemberg sechs.

Veranstaltungshinweis

Die Beauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg, Simone Fischer, lädt zu einer Fachveranstaltung zum Thema „Barrierefreie und inklusive Gesundheitsversorgung“ am 27. November 2022 in Stuttgart ein. Gäste sind Manne Lucha, Minister für Soziales, Gesundheit und Integration, Dr. Britta Schlegel von der Monitoring-Stelle UN-BRK beim Deutschen Institut für Menschenrechte in Berlin, Dr. Wolfgang Miller, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg, Dr. Norbert Metke, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, Prof. Dr. Peter Martin, Vorstand der D-A-CH-Inklusive Medizin und der BAG MZEB sowie stv. Vorsitzender Deutschen Gesellschaft für Medizin für Menschen mit Behinderungen sowie Bärbel Kehl-Maurer, Vorsitzende der LAG Selbsthilfe Baden-Württemberg und weitere Vertreter*innen von Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen.

Die Veranstaltung wird einen Erfahrungsaustausch mit ihnen, der Ärzteschaft, Gesundheitskassen, Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Wissenschaft schaffen.

Quelle:

Geschäftsstelle Landes-Behindertenbeauftragte
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