Baden-Württemberg arbeitet mit vielen europäischen Partnern zusammen und pflegt Verbindungen in die ganze Welt. In den Bereichen Soziales und Gesundheit ist das Ministerium für Soziales und Integration in zahlreichen Kooperationen und Partnerschaften aktiv. Auch die Integrationspolitik wird insbesondere von europäischen Einflüssen geprägt.
Bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit stehen nicht nur wirtschaftliche Beziehungen im Fokus. Wichtig sind auch die Vernetzung der Beteiligten im Gesundheitswesen und die Zusammenarbeit bei sozialen Fragen zur Beseitigung von Hürden an den Grenzen. Denn eine gemeinsame europäische Sozial- und Gesundheitspolitik sowie gemeinsame soziale Standards stärken den europäischen Zusammenhalt und damit das Entstehen einer gemeinsamen europäischen Identität.
Die EU ergänzt daher in verschiedenen Bereichen die nationale und regionale Politik der Mitgliedsstaaten, was auch Auswirkungen auf Baden-Württemberg hat.
Europäische Sozialpolitik
Ziel der Europäischen Sozialpolitik ist es, einheitliche Sozialstandards in Europa festzulegen. Diese Sozialstandards sollen künftig in einer so genannten „Europäischen Säule der sozialen Rechte“ zusammengefasst werden. Diese Säule der EU soll einen Orientierungsrahmen geben, wie staatliche Leistungen unter anderem in der Sozialpolitik bewertet werden können und wo Reformen erforderlich sind.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Europäischen Sozialpolitik ist der Europäische Sozialfonds (ESF).
Europäische Kommission: Auf dem Weg zu einer europäischen Säule sozialer Rechte
Europäischer Sozialfonds (ESF)
Europäische Gesundheitspolitik
Die EU strebt ein hohes gesundheitliches Schutzniveau an. Das heißt, in allen Mitgliedsstaaten soll eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung sichergestellt sein. Patientinnen und Patienten sollen EU-weit Zugang zu Informationen über Behandlungsmöglichkeiten erhalten. Um dies zu erreichen wurde beispielsweise die „Richtlinie über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung“ erlassen. Sie sorgt für mehr Rechtssicherheit und Klarheit für die Mobilität von Patienten innerhalb der EU beim Zugang zu sicherer, qualitativ hochwertiger Behandlung im EU-Ausland sowie bei der Kostenerstattung. Die Richtlinie ist ein wichtiger Schritt zur Verwirklichung des Binnenmarktes auf dem Gebiet der Gesundheitsleistungen.
Weitere Schwerpunkte sind die EU-Gesundheitsstrategie „Gemeinsam für die Gesundheit“. Sie fasst die Kernbereiche der gesundheitspolitischen Bestrebungen der EU – Vorbeugung von Krankheiten, gleichberechtigter Zugang zu Gesundheitsversorgung, Gesundheit bis ins hohe Alter sowie die Förderung dynamischer Gesundheitssysteme und Technologien – zusammen.
EU-Gesundheitsstrategie „Gemeinsam für die Gesundheit“ (Europäische Kommission)
Tätigkeiten der EU auf dem Gebiet der Gesundheitspolitik (Europäische Union)
Europäische Integrationspolitik
Die Integration von Menschen verschiedener Herkunft ist ein zentrales Thema für die EU. Sie ist in den Verträgen der Europäischen Union und der Charta der Grundrechte verankert und auch in der Wachstumsstrategie „Europa 2020“ des Europäischen Rats festgeschrieben.
Auch für Baden-Württemberg spielt die Integration eine bedeutende Rolle. Das Ministerium für Soziales und Integration erarbeitet anhand dieser Rahmenvorgaben kontinuierlich neue Projekte. Diese gehen über die Integration von Menschen unterschiedlicher Herkunft hinaus und betreffen zum Beispiel auch
- die Geschlechter-Gleichstellung,
- die Integration von Menschen mit Behinderungen,
- die Teilhabe von Seniorinnen und Senioren im gesellschaftlichen Leben,
- die Bekämpfung von Ausgrenzung wegen Armut sowie
- die Akzeptanz gegenüber Lesbischen, Schwulen, Bisexuellen, Intersexuellen und Queeren (LSBTTIQ).
Mitwirkung Baden-Württembergs in Europa
Auf den Gebieten der Sozial-, Gesundheits- und Integrationspolitik liegen weite Zuständigkeiten bei den Mitgliedstaaten. Die EU darf nur dann Gesetze erlassen, wenn sie durch die europäischen Verträge ausdrücklich dazu ermächtigt ist. Sie darf außerdem nur tätig werden, wenn sie vereinbarte Ziele besser als die Mitgliedsstaaten erreichen kann (Subsidiaritätsprinzip). Auch dürfen Maßnahmen der EU nicht über das zur Erreichung der Ziele erforderliche Maß hinausgehen.
Gemeinsam mit den anderen Ländern befasst sich Baden-Württemberg mit entsprechenden EU-Vorhaben im Bundesrat. Der Bundesrat kann dabei Stellungnahmen zu den EU-Vorhaben abgeben. Sein stärkstes Instrument ist die Möglichkeit der so genannten Subsidiaritätsrüge, mit der er eine Verletzung des Subsidiaritätsprinzips geltend machen kann.
Die Länder sind darüber hinaus über Bundesratsvertreter an den Beratungen in EU-Gremien beteiligt. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Ratsarbeitsgruppen für Sozialfragen und für Gesundheit, in denen die Entscheidungen der EU-Ministerräte vorbereitet werden.
Über Grenzen hinweg: Kooperationen und Netzwerke
Zu den Nachbarländern Frankreich, Schweiz, Österreich und Liechtenstein hat Baden-Württemberg eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aufgebaut. Zahlreiche grenzüberschreitende INTERREG-Projekte haben die Grenzregionen zusammenwachsen lassen. Baden-Württemberg ist an zwei Programmen des EU-Förderprogramms beteiligt: „Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein“ und „Oberrhein“
Im Bereich der Gesundheits- und Sozialpolitik haben sich entlang der Grenzen vielfältige Kooperationen zu den Nachbarländern entwickelt. Insbesondere im Rahmen der Internationalen Bodenseekonferenz (IBK) und der Deutsch-Französisch-Schweizerischen Oberrheinkonferenz (ORK) sowie bilateral mit der Schweiz und Frankreich und im Rahmen behördlicher Zusammenarbeit sind wertvolle Netzwerke entstanden.
Der Bodenseeraum ist eine Region mit hohem Entwicklungspotential. Das Ministerium für Soziales und Integration arbeitet mit den Nachbarländern und Kantonen vorwiegend im Rahmen der IBK-Kommission Gesundheit und Soziales zusammen.
Wichtige Projekte und Themen sind die „Gesundheitsförderung im Bodenseeraum“, ein gemeinsames Präventionsprojekt mit Preisverleihung, das EU-Modellprojekt „Adipositas Kompetenzzentrum KIG – Kinder im Gleichgewicht“, grenzüberschreitende Rehabilitationsangebote im Bodenseeraum, demografische Entwicklung im Bodenseeraum, Zukunft der Krankenhauslandschaft, Fachkräftemangel bei Gesundheits- und Pflegepersonal, Influenzapandemie, E-Health, die Mobilität von Gesundheitsdienstleistungen und Patienten im Bodenseegebiet.
Das Ministerium für Soziales und Integration engagiert sich vor allem in der Arbeitsgruppe Gesundheitspolitik der ORK. Am Oberrhein sind Netzwerke entstanden, die grenzüberschreitende Fragestellungen und Probleme bearbeiten. Wichtige Themen und Projekte sind vor allem die Mobilität von Patienten und Gesundheitsdienstleistungen im stationären, ambulanten und rehabilitativen Bereich, Epidemiologie, übertragbare Krankheiten (Projekt Epi-Rhin), Influenzapandemie, Sucht- und Drogenprävention, Gesundheitsberichterstattung und Fragen der grenzüberschreitenden Sozialversicherung.
Wichtiger Partner in der Zusammenarbeit ist das Euroinstitut in Kehl. Dort ist auch das trinationale Kompetenzzentrum zur Förderung der Gesundheitskooperation am Oberrhein (TRISAN) angesiedelt. Dieses Projekt wird gefördert mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung im Rahmen des Programms INTERREG V. Das Ministerium für Soziales und Integration ist Projektpartner.
TRISAN wurde ins Leben gerufen, um die Gesundheitsversorgung der Bürgerinnen und Bürger grenzüberschreitend zu verbessern. Dies soll durch die Vernetzung der Akteure, die Begleitung von Projekten sowie durch Wissensproduktion und -verbreitung im Gesundheitsbereich gelingen.
Zudem helfen vier Informations- und Beratungsstellen (Netzwerk INFOBEST) am Oberrhein den Menschen in allen grenzüberschreitenden Belangen weiter.
Euroinstitut in Kehl
TRISAN - Trinationales Kompetenzzentrum zur Förderung der Gesundheitskooperation am Oberrhein
Netzwerk INFOBEST
Das Deutsch-Französische Rahmenabkommen und die Verwaltungsvereinbarung über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich sind wichtige Grundlagen für die Intensivierung der Kooperation mit Frankreich.
Im Grenzgebiet zur Nordschweiz steht die Fortsetzung des Pilotprojekts Basel-Lörrach zur Mobilität von Patienten und Gesundheitsdienstleistungen im stationären und rehabilitativen Bereich im Mittelpunkt der Zusammenarbeit.
Pilotprojekt Basel-Lörrach
Das Ministerium für Soziales und Integration beteiligt sich an der Umsetzung der Europäischen Donauraumstrategie (EUSDR). Zum Aufbau eines Donaunetzwerks im Gesundheitsbereich fand beispielsweise eine Donau-Gesundheits-Konferenz statt. Dabei wurden Maßnahmen diskutiert, um die Zusammenarbeit in den 43 Regionen der zehn Donauanrainerstaaten zu verbessern.
Das Staatsministerium koordiniert die baden-württembergischen Initiativen zur Entwicklung des Donauraums.
Bilateral bestehen mit Ungarn und Bulgarien im Rahmen der Arbeit der Gemischten Regierungskommissionen gemeinsame Arbeitsprogramme.
Info-Portal zur Donauraumstrategie in Europa und Baden-Württemberg
Internationale Zusammenarbeit
Die internationale Zusammenarbeit des Ministeriums für Soziales und Integration orientiert sich wesentlich an den Schwerpunkten der Politik der Landesregierung. Zu diesen zählt auch die Zusammenarbeit mit der chinesischen Provinz Jiangsu. Im Rahmen der Gemischten Arbeitsgruppe Jiangsu - Baden-Württemberg wurde ein umfangreiches Arbeitsprogramm auf dem Gebiet des Gesundheitswesens vereinbart. In diesem Rahmen finden jährlich mehrmonatige Ärztehospitationen chinesischer Ärzte in Kliniken in Baden-Württemberg statt.
Agenda 2030
Die Vereinten Nationen haben in ihrer „Agenda 2030“ 17 Ziele mit 169 Unterzielen für eine nachhaltige Entwicklung festgelegt. In diesen so genannten Substainable Development Goals (SDG) werden für alle Staaten dieser Welt konkrete Ziele für eine nachhaltige Zukunftspolitik genannt. Sie sind ausgerichtet auf die fünf Schlüsselfaktoren Mensch, Planet, Wohlstand, Frieden und Partnerschaft. Im Englischen bezeichnet man dies als „5 Ps“: People, Planet, Prosperity, Peace, Partnership.
Im Sozialbereich spielen vor allem die Ziele „Keine Armut”, „Kein Hunger”, „Hochwertige Bildung”, „Geschlechtergleichstellung”, „Weniger Ungleichheiten” und „Nachhaltige Städte und Gemeinden” eine große Rolle. Diese Kernziele werden auch in die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes einfließen und sind deshalb von großer Bedeutung für die Arbeit des Sozial- und Integrationsministeriums.
Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Baden-Württemberg
Vertiefte Informationen zu den 17 Zielen (SDGs) der „Agenda 2030“ (PDF)