Soziales

Armuts- und Reichtumsberichterstattung auch in Baden-Württemberg einführen

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Rede von Sozialministerin Katrin Altpeter auf der Plenarsitzung des Landtags von Baden-Württemberg:

Armut ist ein Problem. Armut bei Kindern ist aber mehr als das. Armut bei Kindern ist ein ganz besonders bedrückendes Problem. Und leider gibt es auch in Baden-Württemberg Kinder, die in Armut aufwachsen. Das ist schlimm! Denn für Kinder bedeutet Armut, dass sie in ihrer ersten Lebensphase von vielem ausgeschlossen sind.

Damit Armut Kinder nicht dauerhaft in ihrer Entwicklung behindert, müssen wir bei diesem Thema daher ganz genau hinschauen. Und wir müssen vor allem dafür sorgen, dass Kinder aus armen Familien alle Entwicklungschancen bekommen, die sie für eine gute Zukunft benötigen. Die frühere Landesregierung hat dieses Thema leider immer nur mit sehr spitzen Fingern angefasst. Die berechtigten Forderungen von Kirchen und Wohlfahrtsverbänden nach einer entsprechenden Bestandsaufnahme in Baden-Württemberg hat sie unverständlicherweise abgelehnt.

Ich bin den Regierungsfraktionen deshalb sehr dankbar, dass sie mit dem vorliegenden Antrag dieses überaus wichtige Thema aufgegriffen haben. Denn die Einführung einer Armuts- und Reichtumsberichterstattung in Baden-Württemberg ist überfällig. Man kann dieses Thema nicht mit dem Hinweis wegschieben, Armut sei angeblich bei uns kein großes Problem. Denn tatsächlich existieren Armutsgefährdung und soziale Ausgrenzung auch in unserem Land.

Umfassende und verlässliche Daten auch für das Land Baden-Württemberg

Was kann ein Armuts- und Reichtumsbericht erreichen? Er kann endlich auch für das Land Baden-Württemberg umfassende und verlässliche Daten vorlegen. Zwar gab es auch schon bisher Datenquellen wie etwa die vierteljährlichen Reports der Familienforschung Baden-Württemberg. Aber diese Untersuchungen zeigen nur einzelne Ausschnitte, sind schlaglichtartig. Die Landesregierung will aber eine genaue Untersuchung: Wo steckt die Armut in unserem Land und vor allem, wo versteckt sie sich?

Zwar erscheinen die in unserer Beantwortung des Antrags dargelegten Zahlen der Armutsgefährdeten in Baden-Württemberg im Bundesvergleich nicht so dramatisch wie in anderen Ländern. Aber für den einzelnen Betroffenen ist die Situation deswegen nicht weniger belastend. Sie ist vielleicht angesichts von hohem Einkommensniveau und relativem Wohlstand ringsum noch schwerer zu tragen. Und auch da wollen wir genau hinschauen: Beim Reichtum in unserem Land. Denn wir werden einen Armuts- und Reichtumsbericht vorlegen.

Fokus auf das Thema Kinderarmut

 Dabei wollen wir bei denen ganz besonders genau hinschauen, die uns besonders am Herzen liegen: bei den Kindern. Deshalb haben wir bereits bei den Koalitionsverhandlungen festgeschrieben, dass die Armuts- und Reichtumsberichterstattung einen besonderen Fokus auf das Thema Kinderarmut legen wird. Denn wir müssen uns der Tatsache stellen, dass es auch in Baden-Württemberg Kinder gibt, die in Armut leben. Nach einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung aus dem letzten Monat waren es im Jahr 2009 knapp 31.000 Kleinkinder unter drei Jahren (11,2 %). In Städten trifft dies besonders zu. In Pforzheim (23,6 %) etwa oder in Mannheim (23,3 %) ist fast jedes vierte Kind betroffen. Hier müssen wir ansetzen!

Handlungsempfehlungen für die Bekämpfung und Vermeidung von Kinderarmut

Deshalb wollen wir mit dem Armuts- und Reichtumsbericht nicht nur eine reine Datensammlung vorlegen. Wir wollen handlungsorientiert vorgehen. Der Bericht der Landesregierung wird zugleich konkrete Handlungsempfehlungen für die Bekämpfung und Vermeidung von Kinderarmut geben. Die Daten des Berichts sollen dazu eine fundierte Grundlage bieten. Eine Maßnahme haben wir schon jetzt eingeleitet:

Entsprechend der Koalitionsvereinbarung wird das Landeserziehungsgeld novelliert. Es wird künftig zielgenau und früher als bisher den Familien zu Gute kommen, die Leistungen nach SGB II, Kinderzuschlag oder Sozialhilfe beziehen.

Beirat für den Armuts- und Reichtumsbericht

Das Konzept für den Armutsbericht wollen wir nicht fernab im Elfenbeinturm erarbeiten. Wir wollen eine breite gesellschaftliche Diskussion und das Expertenwissen derer, die im Land nahe dran sind an den von Armut Betroffenen. Wir werden deshalb einen Beirat für den Armuts- und Reichtumsbericht ins Leben rufen. Ich freue mich auf viele konstruktive Vorschläge und auf den Beginn der Arbeiten.

Quelle:

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg