Auf Initiative der baden-württembergischen Sozialministerin Katrin Altpeter befasst sich der Bundesrat an diesem Freitag mit einem Entschließungsantrag gegen das Betreuungsgeld (Drucksache 718/11). In der Plenarsitzung des Bundesrats will Altpeter die Mehrheit der Länder dafür gewinnen, das von der Bundesregierung geplante Betreuungsgeld abzulehnen. „Das Betreuungsgeld ist ein kaum für möglich gehaltener Rückfall in das Denken der 50er Jahre“, so Altpeter.
Mit dem Betreuungsgeld werde ein bildungs- und frauenpolitischer Irrweg beschritten, es sei auch integrationspolitisch ein Rückschritt und zudem verfassungsrechtlich höchst fragwürdig. Sie forderte die unionsregierten Länder auf, diesen auch in der CDU heftig umstrittenen Kuhhandel mit der CSU zu unterbinden und zurückzukehren auf den Weg der Vernunft. Es sei allemal vernünftiger, die Milliarden, die für das Betreuungsgeld ausgegeben werden sollen, für die frühkindliche Bildung und den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze zu verwenden.
Die Ministerin ist sich sicher: „Mit einem Betreuungsgeld entstehen Fehlanreize.“ Eltern würden so ermuntert, ihre Kinder von den vorschulischen Bildungseinrichtungen fern zu halten und selber auch zu Hause zu bleiben. Noch dazu werde die traditionelle Rollenverteilung zwischen Frauen und Männern verfestigt und in Familien mit Migrationshintergrund zudem die gesellschaftliche Integration der Frauen erschwert.
„Der Gipfel ist, dass in den Reihen der Regierungsparteien jetzt auch noch überlegt wird, das Betreuungsgeld zwar der wohlhabenden Gattin, nicht aber einer armen Mutter, die Hartz IV bezieht, zu geben“, so Ministerin Altpeter.
Der Bundesregierung sollte zu denken geben, so Altpeter, dass in der Gesellschaft „eine breite Front der Ablehnung“ besteht. „Achtzig Prozent der Bundesbürger sprechen sich gegen das Betreuungsgeld aus. Und auch in der Wirtschaft ist das Betreuungsgeld ein ungeliebtes Kind“, so die Ministerin. Die Wirtschaft sehe die Gefahr, dass sich wegen des Betreuungsgeldes Teilzeitbeschäftigte und gering Qualifizierte aus dem Arbeitsleben zurückziehen und deshalb später nur schwer wieder einen Job finden. Damit steige bei diesem Personenkreis das Armutsrisiko, zitiert Ministerin Altpeter das Institut der Deutschen Wirtschaft.
Sie sieht im Betreuungsgeld auch einen Verstoß gegen das Grundgesetz. Es verletze das Gleichstellungsgebot und schaffe zudem ein ganz neues und kurioses Recht, indem Familien für die Nicht-Inanspruchnahme öffentlicher Betreuungseinrichtungen einen finanziellen Ausgleich bekommen. Altpeter: „Wenn ich nicht ins städtische Hallenbad oder in die Oper gehe, dann bekomme ich dafür doch auch keinen finanziellen Ausgleich.“
Sie baue darauf, so Altpeter, dass die fortschrittlichen Kräfte in der Länderkammer den gesellschaftspolitischen Irrweg der Bundesregierung aufhalten und deshalb der Entschließung Baden-Württembergs gegen das Betreuungsgeld zustimmen.
Die Regierungskoalition des Bundes hatte sich am 6. November darauf verständigt, ab dem Jahr 2013 ein Betreuungsgeld in Höhe von zunächst 100 Euro für das 2. und ab dem Jahr 2014 in Höhe von 150 Euro für das 2. und 3. Lebensjahr des Kindes einführen. Im Grundsatz ist das Betreuungsgeld in § 16 Absatz 4 SGB VIII enthalten. In der Bundesratsinitiative aus Baden-Württemberg wird die Bundesregierung aufgefordert, diesen Passus aufzuheben.
Quelle:
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg