Sucht

Baden-Württemberg fordert vom Bund Entbürokratisierung der Vorgaben für Substitutionstherapie

Gesundheitsministerin Katrin Altpeter verstärkt den Druck auf Bundesminister Gröhe, um einen drohenden Versorgungsengpass in der Substitutionstherapie zu verhindern. Auf ihren Vorschlag hin bringt Baden-Württemberg in der nächsten Sitzung des Bundesrats einen Entschließungsantrag ein, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, die Vorgaben für die Substitutionsbehandlung in der Betäubungsmittelverordnung (BtMVV) endlich zu vereinfachen und dadurch wieder mehr Ärztinnen und Ärzte für die Arbeit in der Substitution zu gewinnen.

Obwohl die Länder auf Initiative Baden-Württembergs entsprechende Vorschläge bereits 2013 vorgelegt hätten, habe Bundesminister Gröhe bis jetzt keinen Änderungsentwurf der Verordnung vorgelegt. „Die Substitution ist in den letzten 20 Jahren zu einem wichtigen und anerkannten Baustein der Suchtbehandlung geworden. Leider sind immer weniger junge Ärztinnen und Ärzte bereit, sich in der Substitutionstherapie zu engagieren. Das liegt vor allem an der Überregulierung der Substitutionsbehandlung“, sagte Altpeter am Samstag (28. November) in Stuttgart. Vor allem in den ländlichen Gebieten werde es immer schwieriger, Nachfolgerinnen und Nachfolger für aus Altersgründen ausscheidende substituierende Ärztinnen und Ärzte zu finden.

Die Ministerin warnte: „Wenn Gesundheitsminister Gröhe nicht endlich handelt, gibt es bald nicht mehr genug Ärztinnen und Ärzte, um die bestehenden Substitutionsangebote aufrechterhalten zu können.“

Derzeit werden in Baden-Württemberg rund 10.000 Menschen subsituiert. Dem stehen rund 440 zunehmend älter werdende Substitutionsärzte und –ärztinnen gegenüber, von denen viele in den nächsten Jahren aufhören werden zu praktizieren.

Erforderliche Änderungen der Betäubungsmittelverordnung

Inhaltlich sollen der Ministerin zufolge künftig nur noch solche Regelungen in der Betäubungsmittelverordnung enthalten sein, die die Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs betreffen. Regelungen etwa zur psychosozialen Betreuung der Substituierten oder zu den Folgen des Beikonsums legaler oder illegaler Substanzen während der Suchttherapie sollen in die ärztlichen Richtlinien überführt werden. Zu überarbeiten sind nach Auffassung Altpeters auch die Vorschriften zur Substitution in stationären Einrichtungen wie etwa Altenhilfeeinrichtungen. Diese müsse ermöglicht werden, da die Substituierten auch dank der besseren medizinischen Versorgung immer älter werden. Auch die so genannte Konsiliarregelung, die regelt, wie viele Patientinnen und Patienten ein Arzt ohne Fachkunde Sucht behandeln darf, müsse neu gefasst werden. Derzeit sind es drei, sinnvoll wären etwa zehn. „Damit könnte die Substitution auch im ländlichen Raum leichter sichergestellt werden“, ist Ministerin Altpeter überzeugt.

Schon im Jahr 2013 hat die Arbeitsgruppe Substitution des Sozialministeriums die bestehenden Änderungsbedarfe an der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung aufgearbeitet und ein einvernehmlich abgestimmtes Papier verabschiedet, das Bundesgesundheitsminister Gröhe zugeleitet wurde. Ministerin Altpeter hat den Bundesminister zudem in mehreren Schreiben aufgefordert, eine entsprechende Novelle des BtMVV auf den Weg zu bringen. Auch in einem Beschluss der 86. Gesundheitsministerkonferenz im Juni 2013 wurde der Bund aufgefordert, die BtMVV zu überarbeiten und die Länder weiter einzubinden. Dennoch steht ein Änderungsentwurf der BtMVV nach wie vor aus.

Ministerin Altpeter: „In den letzten zwei Jahrzehnten konnten durch die Behandlung mit Ersatzstoffen wie Methadon abhängige Menschen vor Verelendung bewahrt, gesundheitlich stabilisiert und in ein geordnetes Alltags- und Berufsleben ohne Beschaffungskriminalität zurückgeführt werden. Offene Drogenszenen in den Städten haben sich vielfach aufgelöst. Ich werde nicht zulassen, dass Bundesminister Gröhe diese Erfolge durch sein Nichtstun gefährdet.“