Der Landes-Behindertenbeirat hat sich in seiner Sitzung am 14. Dezember 2022 in Stuttgart unter der Leitung der Landes-Behindertenbeauftragten Simone Fischer mit der aktuellen Situation und den Anforderungen an das Ziel eines inklusiven Arbeitsmarktes in Baden-Württemberg auseinandergesetzt. Simone Fischer: „Arbeitgeber, die Menschen mit Behinderungen einstellen, stärken ihr Unternehmen in vielfacher Hinsicht. Sie wirken auch dem Fachkräftemangel gezielt entgegen.“
Der Beirat des Landes für die Belange von Menschen mit Behinderungen setzte sich in seiner Sitzung am 14. Dezember 2022 in Stuttgart unter der Leitung der Beauftragten der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Simone Fischer, mit der aktuellen Situation und den Anforderungen an das Ziel eines inklusiven Arbeitsmarktes in Baden-Württemberg auseinander.
Grundlage war die Erfurter Erklärung für einen inklusiven Arbeitsmarkt 2030, die die Beauftragten des Bundes und der Länder für die Belange von Menschen mit Behinderungen im November dieses Jahres in Erfurt verabschiedeten. Dort beschäftigten sie sich mit der zentralen Forderung, dass und wie es besser gelingen muss, entschlossene Schritte zu gehen, die zu mehr Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt führen und das Ziel eines inklusiven Arbeitsmarktes 2030 verfolgen.
Die Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen und der Landes-Beirat rufen die Arbeitgeber in Baden-Württemberg dazu auf, mehr Engagement bei der Ausbildung und Einstellung von Menschen mit Behinderungen zu zeigen. Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen müssen nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch 5 Prozent mit schwerbehinderten Menschen besetzen oder eine Ausgleichsabgabe zahlen.
Inklusion am Arbeitsmarkt in Zahlen
In Baden-Württemberg waren laut einer Erhebung der Bundesagentur für Arbeit insgesamt 47.148 Pflichtarbeitsplätze unbesetzt, 16.212 schwerbehinderte Menschen arbeitslos, 7.008 von ihnen haben eine betriebliche oder schulische Ausbildung und könnten als Fachkräfte integriert werden. Allerdings beschäftigen 6.232 baden-württembergische Arbeitgeber keinen einzigen Mitarbeitenden mit Behinderungen, obwohl sie beschäftigungspflichtig sind. Nur in vier von 44 Stadt- und Landkreisen erfüllen die dort ansässigen Unternehmen ihre Beschäftigungsquote von 5 Prozent, 22 der Kreise liegen bei 3,6 bis 4,2 Prozent, zehn Kreise bei 3,1 bis 3,5 Prozent und acht Kreise bei 4,3 bis 4,9 Prozent.
Simone Fischer sagt: „Diese Zahlen können nicht zufriedenstellen. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, kann jeder Arbeitsplatz von einem Menschen mit einer Behinderung gut ausgefüllt werden. Oft muss nur Geringfügiges angepasst werden. Inklusion ist auch keine Frage der Unternehmensgröße.“
Austausch zur Beratungs- und Förderlandschaft im Land
In seiner Dezember-Sitzung informierte sich der Landes-Beirat über aktuelle Zahlen, rechtliche Rahmenbedingungen auf Bundes- und Landesebene sowie Beschäftigungsperspektiven von Menschen mit Behinderungen im Austausch mit Angelika Kvaic von der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit Regionaldirektion Baden-Württemberg, Bernhard Pflaum Referatsleiter Inklusionsbetriebe beim Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg sowie Petra Clauss, Referatsleiterin beim Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration.
„Es ist festzustellen, dass die Beratungs- und Förderlandschaft in Baden-Württemberg gut aufgestellt, teilweise allerdings mit komplizierten Förderstrukturen oder einem aufwändigen Antragswesen verbunden ist. Häufig fehlen Unternehmen das Know-How und Erfahrungen, wie sie behinderte Menschen optimal in ihrem Betrieb einbinden können und welche Förderungen es gibt. Vorurteile und fehlende Informationen dürfen nicht länger dazu führen, dass das Potenzial vieler Menschen auf dem Arbeitsmarkt ungenutzt bleibt.“, sagt Simone Fischer.
Um dieses Know-How ganz praktisch zu vermitteln und damit sie es bestmöglich in Anspruch nehmen können, müssen Arbeitgeber sich auf niederschwellige Zugänge verlassen können. Neben den Beratungsangeboten der Bundesagentur für Arbeit starten zum 1. Januar 2023 offiziell die Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber bei den Integrationsfachdiensten in Baden-Württemberg, die dort ansetzen sollen. Sie sind regional aufgeteilt, so dass sich die Arbeitgeber direkt an ihre Ansprechstellen vor Ort wenden können.
Auch mit Blick auf Förderung der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz sei es dringend erforderlich, die Voraussetzungen zu verbessern. „Die zunehmende Entwicklung, die in Verbindung von psychischer Erkrankung und damit einhergehendem Arbeitsverlust zu beobachten ist, ist besorgniserregend. Der Weg muss in eine gesunde Arbeitswelt und darf nicht in die Werkstatt führen.“, mahnt Simone Fischer.
Konkrete Konzepte und mutige Schritte
Die Teilhabe am Arbeitsleben ist ein Schwerpunkt der Landes-Beauftragten und des Landes-Beirats für die Belange von Menschen mit Behinderungen Baden-Württemberg. Im kommenden Jahr wolle man gemeinsam mit weiteren Akteuren daran arbeiten, um Verbesserungen zu erreichen. Es sei an der Zeit, mutige Schritte zu gehen, die die Menschen mitnehmen und gleichzeitig zu mehr Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt führen.
„Arbeitgeber müssen vorangehen, barrierefreie Zugänge schaffen und nachhaltige, gesunde Arbeitsbedingungen sicherstellen. Inklusionsbetriebe, von denen es in Baden-Württemberg rund 90 Unternehmen mit unterschiedlichen Geschäftsfeldern gibt, sollen künftig eine wegweisende Rolle einnehmen. Die Werkstätten für behinderte Menschen müssen sich im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention entschlossen weiterentwickeln. Dazu benötige es konkrete Konzepte. Im Zuge dessen haben sich die Beauftragten des Bundes und der Länder bereits im November darauf geeinigt, dass es gilt, den Fokus auf die drei tragenden Säulen – das inklusive Arbeits- und Sozialrecht, die Inklusionsbetriebe und die Werkstätten für behinderte Menschen – zu richten. Wir sehen alle entscheidenden Akteure in der Verantwortung, verstärkte Anstrengungen, Impulse und Instrumente einzusetzen, um einen entschlossenen Teil dazu beizutragen, den Arbeitsmarkt bis 2030 inklusiv, gerecht und gesund auszurichten.“, so die Mitglieder des Landes-Beirats.
Aktuell hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) einen Referentenentwurf zum Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts vorgelegt, welches auch auf die Länder Auswirkungen haben wird. Es sollen mit dem Gesetz Menschen mit Behinderungen unterstützt werden, einer Erwerbsarbeit nachgehen zu können und zentrale Bestimmungen im Sinne der Inklusion vorangebracht werden.
Quelle:
Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen