Der erste baden-württembergische Drogenkonsumraum in Karlsruhe hat sich als Gesundheits-, Überlebens- und Ausstiegshilfe für Drogenabhängige bewährt. Nun hat die Landesregierung beschlossen, auch kleineren Städten die Einrichtung dieses niedrigschwelligen Hilfsangebots zu ermöglichen.
In Baden-Württemberg wird es Städten auch in Zukunft möglich sein, Drogenkonsumräume einzurichten – und zwar nicht erst ab einer Größe von 300.000 Einwohnern. Vielmehr soll es auch kleineren Städten möglich sein, dieses niedrigschwellige Hilfsangebot zu machen, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind. Dies hat das Kabinett in seiner jüngsten Sitzung am Dienstag (21. Juni) beschlossen. Damit wird die sogenannte Drogenkonsumraumverordnung aus dem Jahr 2019 nicht nur fortgeschrieben, sondern auch erweitert.
„Der erste baden-württembergische Drogenkonsumraum in Karlsruhe hat sich als Gesundheits-, Überlebens- und Ausstiegshilfe für Drogenabhängige bewährt. Es handelt sich um ein niedrigschwelliges Hilfsangebot, das Leben rettet“, so Gesundheitsminister Manne Lucha. Bereits im Jahr 2019 hatte das Land mit Erlass der Drogenkonsumraumverordnung die Möglichkeit zum Betrieb dieser Anlaufstellen für suchtkranke Menschen geschaffen. Der erste baden-württembergische Drogenkonsumraum in Karlsruhe wurde Ende 2019 eröffnet.
In Drogenkonsumräumen können Drogensüchtige zum Eigenverbrauch mitgeführte Betäubungsmittel unter hygienischen Bedingungen konsumieren, Überdosierungen und Notfälle können aufgefangen und ein niedrigschwelliger Zugang zum weiterführenden Hilfsangebot vermittelt werden. „Drogenkonsumräume dienen damit als Baustein des örtlichen Suchthilfesystems der Gesundheits-, Überlebens- und Ausstiegshilfe für Drogenabhängige. Sie tragen außerdem auch dazu bei, dass Belastungen der Öffentlichkeit durch Begleiterscheinung des Drogenkonsums im öffentlichen Raum reduziert werden“, betonte Lucha.
Drogenkonsumraum Karlsruhe hat sich bewährt
Die Landesregierung hat die Auswirkungen der Drogenkonsumraumverordnung umfassend und sorgfältig geprüft und bewertet. Dabei wurden unter anderem die Erfahrungen mit dem Drogenkonsumraum in Karlsruhe, die Einschätzung von Stadt, Polizei und Staatsanwaltschaft vor Ort sowie ordnungs- und sicherheitspolitische Gesichtspunkte, insbesondere mit Blick auf die polizeiliche Kriminalstatistik einbezogen. Ein Anstieg von Drogendelikten oder anderen Delikten im Umfeld des Drogenkonsumraums wurde nicht festgestellt. Vielmehr hat das gute Zusammenwirken von ordnungsrechtlichen Maßnahmen und Sozialarbeit zu einer Entlastung des öffentlichen Raums geführt.
Minister Lucha: „Der Drogenkonsumraum Karlsruhewird professionell betrieben und hat sich sehr gut etabliert und bewährt. Sein Betrieb erfüllt die in der Verordnung niedergelegten gesundheitspolitischen, ordnungspolitischen und drogentherapeutischen Ziele und hat sich in jeder Hinsicht unauffällig gestaltet. Deswegen begrüße ich sehr, dass wir mit der Entscheidung zur Weitergeltung der Drogenkonsumraumverordnung in Baden-Württemberg ein Stück Normalität für dieses ergänzende Hilfeangebot erreichen und damit einen weiteren Schritt hin zu einer Drogenpolitik gehen, die dem spezifischen Hilfebedarf der Betroffenen angemessen ist.“
Mit dem Neuerlass der Verordnung schafft die Landesregierung nun Rechtssicherheit für den weiteren Betrieb des Drogenkonsumraums in Karlsruhe sowie für die Planungen zur Einrichtung von Drogenkonsumräumen zum Beispiel in Stuttgart oder Mannheim. Durch die Aufhebung der bisherigen Begrenzung auf Städte mit mehr als 300.000 Einwohnern werden auch Planungen in weiteren Städten möglich. Solche Planungen müssen vor Ort sehr sorgfältig durchgeführt werden. Dabei sind unter anderem Bedarf und Machbarkeit sowie insbesondere auch die sicherheits- und ordnungspolitischen Aspekte vor Ort zu berücksichtigen.
Ergänzende Informationen zum Drogenkonsumraum Karlsruhe
Im Zeitraum Dezember 2019 bis Juni 2021 konnten im Drogenkonsumraum Karlsruhe fünf Drogennotfälle aufgefangen werden. Es hatten sich 139 Personen registriert (Tendenz weiter steigend), davon 113 Männer und 26 Frauen. In der Zeit fanden 2.175 so genannte Konsumvorgänge statt, hauptsächlich intravenös Kokain, Opioide und Benzodiazepine. Es fanden 436 Safer-Use-Beratungen, 44 Kriseninterventionen, 152 Beratungsgespräche, 369 medizinische Hilfen und verschiedene Vermittlungen in weiterführende Hilfen (etwa Substitution, Entgiftung oder andere soziale Hilfen) statt.