Nach zähen und langwierigen Verhandlungen ist jetzt der Durchbruch für eine bessere hausärztliche Bedarfsplanung gelungen. Nach den Worten von Gesundheitsministerin Altpeter haben sich Kassenärztliche Vereinigung, Krankenkassen, Kommunale Landesverbände, Patientenvertretung und Sozialministerium im Sektorenübergreifenden Landesbeirat auf ein neues flexibleres Verfahren zur Verteilung von Hausarztsitzen verständigt.
Davon profitieren vor allem Kommunen mit angespannter hausärztlicher Versorgungslage. Sie können künftig beantragen, dass bei der Verteilung der Hausarztsitze nicht mehr wie bisher die Situation im jeweiligen Mittelbereich zugrunde gelegt wird, sondern kleinräumiger die konkrete lokale Hausarztproblematik einer bestimmten Kommune berücksichtigt wird. Pro Landkreis gibt es in der Regel zwei bis drei Mittelbereiche.
Gesundheitsministerin Altpeter: „Baden-Württemberg ist hier Vorreiter. Wir tragen damit der manchmal schwierigen Situation Rechnung, dass die hausärztliche Versorgung in einem Mittelbereich insgesamt zwar gut ist, einzelne Gemeinden aber trotzdem mit einem Hausarztmangel zu kämpfen haben.“
Sie wies darauf hin, dass dieser Beschluss unter ihrem Vorsitz einstimmig vom Sektorenübergreifenden Landesbeirat gefasst wurde. „Ich bin stolz darauf, dass es gemeinsam gelungen ist, die Rahmenbedingungen für die hausärztliche Versorgung im ganzen Land zu verbessern.“
Kommunen könnten die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg jetzt aktiv auffordern, eine Abweichung von der regulären, auf Mittelbereiche fokussierten Bedarfsplanung zu prüfen und dabei die konkrete Hausarzt-Situation der Kommune in den Blick zu nehmen.
Das Verfahren
Der Beschluss des Sektorenübergreifenden Landesbeirats sieht ein zweistufiges Verfahren vor. Zunächst wird geprüft, ob in der betroffenen Gemeinde bestimmte „Auslösekriterien“ vorliegen. Dazu werden beispielsweise die durchschnittliche Entfernung zum nächsten Hausarzt, das Einwohner-/Arztverhältnis, das Durchschnittsalter der Ärzte, oder die Verhältniszahl von Pflegebedürftigen zu Ärzten analysiert. Sind ein oder mehrere Kriterien erfüllt, kann ein Antrag auf Abweichung von der Bedarfsplanung bei der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg gestellt werden. Dazu berechtigt sind Stadt- oder Landkreise, oder die Mehrheit der Städte und Gemeinden, auf deren Gemeindegebiet sich der betroffene Mittelbereich erstreckt.
In der zweiten Stufe prüft die Kassenärztliche Vereinigung die Möglichkeit, von der Bedarfsplanung abzuweichen und bereitet schließlich die Beschlussfassung unter Einbindung des Antragstellers sowie aller betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften und der Krankenkassen vor. Dann könnte z. B. der Mittelbereich für die Zuteilung von Hausarztsitzen entweder neu zugeschnitten oder es könnten auch mehr Mittelbereiche ausgewiesen werden.
Ostalbkreis und Schwarzwald-Baar-Kreis als Piloten
Das neue zweistufige Verfahren wird im Ostalbkreis schon umgesetzt, da dort das Konzept einer kleinräumigeren Bedarfsplanung mitentwickelt worden war. Und im Schwarzwald-Baar-Kreis wird ein Konzept für eine bessere hausärztliche Versorgung im Rahmen eines wissenschaftlich begleiteten Modellprojekts entwickelt.
Landarztprogramm als Ergänzung
Diese neue Bedarfsplanung sei ein zentrales Instrument, um Ärztinnen und Ärzte gleichmäßig in der Fläche zu verteilen, so Altpeter. Sie reiche jedoch nicht aus, um die Hausarztversorgung im Land sicherzustellen. Mit dem Landärzteprogramm ihres Ministeriums werde deshalb Ärztinnen und Ärzten finanzielle Unterstützung angeboten, wenn sie sich in unterversorgten Gebieten niederlassen. Über das Förderprogramm Landärzte erhält ein Hausarzt/eine Hausärztin bis zu 30.000 Euro Landesförderung, wenn er oder sie sich in einer ländlichen Gemeinde mit akutem oder perspektivischem Versorgungsengpass niederlässt.
Der Sektorenübergreifende Landesbeirat
Der Sektorenübergreifende Landesbeirat ist ein beratendes Gremium, in dem die an der Gesundheitsversorgung maßgeblich beteiligten Akteure im Land auf oberster Ebene vertreten sind. Ziel ist es, die Schnittstellen der unterschiedlichen Sektoren (ambulant und stationär) zu beleuchten und durch die Verzahnung dieser Sektoren für eine optimale Gesundheitsversorgung im Land Empfehlungen auszusprechen.
Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg