Sozialministerin Katrin Altpeter hat jetzt die Eckpunkte für das neue Landes-Behindertengleichstellungsgesetz vorgelegt. „Ziel der Neufassung ist es, die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Inklusion von Menschen mit Behinderungen im Land zu verbessern“, erklärte die Ministerin anlässlich des fünften Jahrestages des Inkrafttretens der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK).
Die Eckpunkte zielen der Ministerin zufolge vor allem darauf ab, die Interessenvertretung der Menschen mit Behinderungen im Land zu verbessern und ihnen eine bessere Durchsetzung ihrer Rechte zu ermöglichen. Zudem soll der Geltungsbereich des Gesetzes auf die Kommunen ausgeweitet werden.
Hauptamtliche kommunale Behindertenbeauftragte in den Stadt- und Landkreisen
Insbesondere mit der verpflichtenden Einrichtung von hauptamtlichen Behindertenbeauftragten in allen Stadt- und Landkreisen will Ministerin Altpeter die Interessenvertretung von Menschen mit Behinderungen vor Ort stärken und die Umsetzung der UN-BRK in Baden-Württemberg vorantreiben. Für diese hauptamtlichen Beschäftigten muss das Land den Stadt- und Landkreisen wegen der damit verbundenen „Konnexität“ einen finanziellen Ausgleich bezahlen.
„Dazu sind wir bereit, denn gerade auf kommunaler Ebene ist eine wirksame Interessenvertretung für Menschen mit Behinderungen besonders wichtig“, so Altpeter. „Hier werden die meisten wesentlichen Entscheidungen getroffen, die das direkte Lebensumfeld und den Alltag von Menschen mit Behinderungen prägen.“
Bei den Landkreisen sind die Eingliederungshilfe und die Sozialhilfe sowie Politikbereiche, die eine besondere Bedeutung für Menschen mit Behinderungen haben, z.B. der öffentliche Nahverkehr, angesiedelt.
In der Praxis gebe es bisher zwar bereits in zahlreichen Städten Behindertenbeauftragte, die Art der Aufgabenwahrnehmung sei aber sehr unterschiedlich. Es gebe ehrenamtliche, nebenamtliche und hauptamtliche Beauftragte, die in unterschiedlichem Umfang tätig seien, so die Ministerin.
Künftig sollen die kommunalen Behindertenbeauftragten bei allen Vorhaben der Kommunen, bei denen Menschen mit Behinderungen besonders betroffen sind, gehört werden. Ähnlich wie der Landes-Behindertenbeauftragte sollen sie das Recht auf Auskunft erhalten. Die Beauftragten sollen die Stadt- und Landkreise in Fragen der Behindertenpolitik beraten und mit den fachlich relevanten Institutionen zusammenarbeiten. Zudem sollen sie auch als Ombuds- und Anlaufstelle für die Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige dienen. Den Beauftragten der Landkreise soll weiter die Aufgabe der Koordination der Behindertenbeauftragten bei den kreisangehörigen Gemeinden zukommen.
Gesetzliche Regelung für Landes-Behindertenbeauftragten und Landes-Behindertenbeirat
Auch die Bestellung und die Aufgaben des Landes-Behindertenbeauftragten sollen künftig gesetzlich geregelt werden. Zudem sollen seine Befugnisse um ein Beteiligungsrecht bei Gesetzes- und Verordnungsvorhaben, bei denen die Belange von Menschen mit Behinderungen berührt sind, erweitert werden. Auch die Zusammensetzung, Aufgaben und Befugnisse des Landes-Behindertenbeirates sollen gesetzlich geregelt werden. Er soll sich aus 25 Mitgliedern zusammensetzen und den Landes-Behindertenbeauftragten in allen wesentlichen Fragen beraten und unterstützen. Außerdem soll für den Beirat ein Beteiligungsrecht bei Gesetzes- und Verordnungsvorhaben, bei denen spezifische Belange von Menschen mit Behinderungen betroffen sind, verankert werden.
Bessere Durchsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderung
Menschen mit Behinderungen sollen sich künftig besser zur Wehr setzen können, wenn sie befürchten, aufgrund ihrer Behinderung benachteiligt zu werden. Dazu soll eine Beweislastumkehr eingeführt werden. Dem Willen von Ministerin Altpeter zufolge soll die Beweiserleichterung darin bestehen, dass es künftig ausreicht, Tatsachen, die eine Benachteiligung vermuten lassen, zu beweisen. Dann muss die Behörde nachweisen, dass sie das Benachteiligungsverbot nicht verletzt hat.
Die Möglichkeit der Verbandsklage soll künftig auf Klagen gegen Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot, die Barrierefreiheit bei Bauvorhaben der öffentlichen Hand, im öffentlichen Personennahverkehr, bei der Gestaltung des Schriftverkehrs und bei der Gestaltung medialer Angebote erweitert werden. Bislang war die Verbandsklage nur bei Verletzung des Rechts auf Kommunikation in Gebärdensprache möglich.
Gesetz soll künftig auch für Kommunen gelten
Da viele Behördenkontakte von Menschen mit Behinderungen mit kommunalen Behörden erfolgen, will die Ministerin den Geltungsbereich des Gesetzes auf Kommunen und diesen unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts ausweiten. Auswirkungen hat dies insbesondere auf das Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen, die Gestaltung des Schriftverkehrs und die barrierefreie Gestaltung medialer Angebote. „Durch diese Ausweitung wollen wir die Barrierefreiheit und die Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen im öffentlichen Recht lückenlos sichern“, so die Ministerin. Bisher war das Landes-Behindertengleichstellungsgesetz in weiten Teilen nur auf Landesbehörden anwendbar.
Verbesserung der Barrierefreiheit
Die Neufassung des Landes-Behindertengleichstellungsgesetzes zielt ganz generell auf eine Verbesserung der Barrierefreiheit bei Behörden. Demnach sollen etwa Menschen mit Sehbehinderungen künftig einen Anspruch darauf haben, dass Behörden ihnen – ohne zusätzliche Kosten - Schriftstücke auf Verlangen in für sie geeigneter Form zukommen lassen müssen. Auch die Mitnahme oder Benutzung notwendiger Hilfsmittel wie etwa eines Blindenhundes oder eines Rollstuhls soll erleichtert werden.