Unter dem Vorsitz von Simone Fischer, Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, trat der für die laufende Legislaturperiode neu bestellte Landes-Beirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen am 10. Februar digital zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen.
„Der Beirat ist für mich ein wichtiger Partner für Partizipation und Inklusion, um die Interessen von Menschen mit Behinderungen in unserem Land nachhaltig sichtbar zu machen und zu vertreten. Das Motto meiner Amtszeit lautet: ‚Beteiligung schafft Gesellschaft. Einfach Inklusion.‘ Menschen müssen beteiligt sein, damit sie in Gesellschaft sind und Begegnung stattfindet. Nur so können sie unsere Gesellschaft mitgestalten. Und wir müssen es einfach machen“, so Simone Fischer.
Für ihren gesetzlichen Beratungsauftrag in allen Fragen, die die Teilhabe von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen betreffen, böten die Erfahrungen der Beiratsmitglieder wertvolle Erkenntnisse. „Für Ihre Bereitschaft, diese ehrenamtliche Aufgabe zu übernehmen, danke ich Ihnen herzlich“, so Simone Fischer weiter. Der Beirat setzt sich überwiegend aus Personen mit unterschiedlicher Behinderung sowie Angehörigen zusammen.
Der Beirat stellte fest, dass durch die Folgen der Corona-Pandemie die bisherigen Bemühungen des Landes, mehr Barrierefreiheit, Selbstbestimmung und Teilhabe auf den Weg zu bringen, ins Stocken geraten sind. „Wir müssen in vielen Bereichen wieder richtig Anlauf nehmen, nachbessern und an manchen Stellen auch verbessern“, so Simone Fischer.
Austausch mit Sozialminister Manne Lucha
Bei der ersten Sitzung stand der Austausch und das Gespräch mit dem Minister für Soziales, Gesundheit und Integration, Manne Lucha, im Mittelpunkt. Fischer und Lucha wünschten dem neu konstituierten Beirat für dessen wichtige Arbeit in dieser Legislaturperiode alles Gute. Beinahe die Hälfte des Gremiums bestehe aus erfahrenen Mitgliedern, die schon längere Zeit im Beirat mitwirkten, die andere Hälfte aus neuen Gesichtern, stellte der Minister fest: „Das ist eine gelungene Vielfalt, und das freut mich sehr. Ihr Interesse, Engagement und Ihre Beteiligung sind wertvoll und wichtig, sie stärken unsere offene und demokratische Gesellschaft. Wir wollen ein konstruktives Miteinander im Sinne der gemeinsamen Sache, für ein gemeinsames Ziel. Bitte gestalten Sie mit und verleihen Sie den Menschen mit Behinderungen im Land als Experten in eigener Sache eine laute Stimme“, appellierte der Minister an die Beiratsmitglieder.
Maßnahmen zur Inklusion und Barrierefreiheit im Koalitionsvertrag
Der grün-schwarze Koalitionsvertrag bringt eine gute Grundlage, um bei der Inklusion und Teilhabe in dieser Legislaturperiode weiter voranzukommen. Es handelt sich um eine Querschnittsaufgabe aller Ressorts. Von besonderem Interesse für Menschen mit Behinderungen ist die gezielte Beteiligung als Experten in eigener Sache nach dem Grundprinzip der UN-Behindertenrechtskonvention „Nichts über uns ohne uns“. Im Hinblick auf behinderungspolitische Schwerpunkte legt der grün-schwarze Koalitionsvertrag unter anderem folgende Schwerpunkte fest:
- Neuausrichtung der Städtebauförderung, um Projekte zur Förderung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen fördern zu können
- Stärkung des Netzwerks Teilzeitausbildung: Für Jugendliche mit Behinderungen, die die Ausbildungsziele nicht vollständig erreichen können, soll die Zertifizierung von Teilleistungen ermöglicht werden
- Verstärkte Nutzung des Budgets für Arbeit für Menschen mit Behinderungen, um den Übergang aus den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen in den ersten Arbeitsmarkt zu unterstützen. Allgemein soll mehr Unterstützung erfolgen, damit Menschen mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen können
- Einstellung von mehr Menschen mit Behinderungen in der Landesverwaltung
- Bedarfsgerechter Ausbau der Inklusion in Kita und Schule, Erarbeitung und Umsetzung eines Qualitätsrahmens Inklusion für alle Schularten
- Erstellung eines Zeitplans in jedem Schulamtsbezirk für einen inklusiven Schulentwicklungsprozess, dabei sind auch die inklusiven und zieldifferenten Anschlüsse in Ausbildung, Berufsschulsystem und in Oberstufen aufzunehmen
- Ausbau der berufsbegleitenden Qualifizierung und Überprüfung der Kapazität der Studienplätze, um die notwendige Zahl der sonderpädagogischen Lehrkräfte zu erreichen
- Evaluierung und Weiterentwicklung der inklusiven Module in der Lehrkräfte-ausbildung
- Herstellung der Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit in der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX
- Schulungs- und Vernetzungsprogramm für EUTB-Stellen im Hinblick auf landesspezifische Fragen der Bedarfsermittlung und des Landesrahmenvertrags SGB IX.
Bei der Weiterentwicklung des Ganztags-Schulangebots sollen die Bedarfe der Familien von Kindern mit Behinderungen sowohl in inklusiven Settings als auch in den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) in den Blick genommen werden. In absehbarer Zeit wird das Landeskompetenzzentrum Barrierefreiheit seine Arbeit aufnehmen. Die Beratungsfunktion bei der Umsetzung digitaler, technischer und baulicher Barrierefreiheit wird eine wichtige Ansprechstelle im Land einnehmen. In dieser Legislaturperiode steht die Evaluation und Fortschreibung des Landesaktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention mit beteiligungsorientiertem und ressortübergreifenden Ansatz an. Außerdem wird das Landes-Behindertengleichstellungsgesetz weiterentwickelt.
Der Beirat begrüßte die im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Maßnahmen zur Inklusion und Barrierefreiheit. Er werde deren Umsetzung im Land gerne aktiv mitgestalten und konstruktiv begleiten. Besonderes Augenmerk wird Simone Fischer in ihrer Funktion als Beauftragte der Landesregierung gemeinsam mit den Beiratsmitgliedern darauf legen, dass die Anliegen und Belange von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen von Beginn an mitgedacht und berücksichtigt werden.
Hintergrundinformationen
Der Landes-Beirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen berät und unterstützt die Landes-Behindertenbeauftragte bei allen wesentlichen Fragen, die die Belange von Menschen mit Behinderungen berühren. In Gesetzgebungs- und Verordnungsvorhaben ist er – sofern Belange von Menschen mit Behinderungen betroffen sind – frühzeitig zu beteiligen.
Zusammensetzung, Aufgaben und Befugnisse des Landes-Behindertenbeirats sind in § 16 Landes-Behindertengleichstellungsgesetz (L-BGG), das zum 1. Januar 2015 in Kraft trat, geregelt. Damit wird die zentrale Vorgabe der UN-Behindertenrechtskonvention nach Partizipation von Menschen mit Behinderungen gesetzlich verankert. Die Mitglieder des Landes-Behindertenbeirats werden für die Dauer einer Legislaturperiode berufen, Vorsitzende ist die Landes-Behindertenbeauftragte.
Der Landes-Behindertenbeirat setzt sich aus 25 Mitgliedern zusammen. Dem Gremium gehören als stimmberechtigte Mitglieder neben der Landes-Behindertenbeauftragten als Vorsitzender an:
- zehn Mitglieder auf Vorschlag der Verbände und Selbsthilfegruppen der Menschen mit Behinderungen,
- ein Mitglied auf Vorschlag der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte,
- jeweils ein Mitglied auf Vorschlag der Behindertenbeauftragten der Stadt- und Landkreise und der Behindertenbeauftragten kreisangehöriger Gemeinden und
- ein Mitglied auf Vorschlag der Behinderten- und Rehabilitationssportverbände.
Insgesamt zehn beratende Mitglieder entsenden
- das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration,
- die Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit,
- die landesunmittelbaren gesetzlichen Krankenkassen,
- die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg,
- das Integrationsamt,
- die kommunalen Landesverbände,
- die Liga der freien Wohlfahrtspflege,
- die Architektenkammer Baden-Württemberg,
- die kassenärztlichen oder der kassenzahnärztlichen Vereinigungen
- und die Landesärztin für Menschen mit Behinderungen.
Quelle:
Die Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen