Gesundheit

Land will Versorgungsstrukturen für alte Menschen neu ausrichten

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Sozialministerin Katrin Altpeter appeliert an die Träger von geriatrischen Einrichtungen an der Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen mitzuwirken. Den Grundsatz „Rehabilitation vor Pflege“ gelte es im Land konsequent umzusetzen. „Wir müssen alle ein Interesse daran haben, auch in der geriatrischen Versorgung ein Musterländle zu bleiben“, so die Ministerin.

Die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung der geriatrischen Rehabilitationseinrichtungen und die Schließung einzelner Einrichtungen in Baden-Württemberg betrachtet Ministerin Katrin Altpeter mit großer Sorge. Sie appellierte deshalb an Kassen und Träger von geriatrischen Reha-Einrichtungen, konstruktiv an der Weiterentwicklung der geriatrischen Versorgungsstrukturen im Land mitzuwirken. Anders als bei der Krankenhausplanung hat das Land bei Reha-Einrichtungen Altpeter zufolge keine eigenen gesetzlichen Kompetenzen und keine Planungshoheit und kann deshalb auch keine Standortentscheidungen treffen. Die Sicherstellung eines breiten und vielfältigen Angebots an effizienter und qualifizierter geriatrischer Rehabilitation in stationärer, ambulanter und mobiler Form sei Aufgabe der Selbstverwaltung, also der Krankenkassen und Rehabilitationseinrichtungen.

Schon Ende 2012 hatte Ministerin Altpeter Kassen und Krankenhausgesellschaft zu einem ersten Spitzengespräch zur Neuausrichtung des baden-württembergischen Geriatriekonzepts geladen. Geklärt werden soll, wie der Zugang zur geriatrischen Rehabilitation und eine verlässliche Belegung der Einrichtungen verbindlich festgelegt werden können. Auch die künftige Ausrichtung der geriatrischen Schwerpunkte und Zentren wird seitdem in mehreren Gesprächsrunden verhandelt. In Arbeitsgruppen wurde mittlerweile ein „Geriatrie-Check“ erarbeitet.

Rehabilitation vor Pflege

Ministerin Altpeter: „Wer eine besondere geriatrische Behandlung braucht und eine geriatrische Rehabilitation, soll sie auch bekommen. Nur mit qualifizierten geriatrischen Leistungen kann es gelingen, Pflegebedürftigkeit zu verhindern, abzumildern oder hinauszuzögern.“

Der Grundsatz „Rehabilitation vor Pflege“ müsse deshalb im Land konsequent umgesetzt werden. Gute geriatrische Versorgungsstrukturen ersparten der Gesellschaft und den Sozialsystemen zudem medizinisch vermeidbare und teure Versorgungssituationen, gerade in Zeiten des demografischen Wandels. „Wir müssen alle ein Interesse daran haben, die Versorgungsstrukturen zu sichern und bedarfsgerecht weiterzuentwickeln, um auch in der geriatrischen Versorgung ein Musterländle zu bleiben“, betonte die Ministerin. Altpeter drängt nun darauf, die Beratungen zum neuen Geriatriekonzept noch in diesem Jahr zum Abschluss zu bringen, „möglichst im Konsens“.

300.000 Euro für Forschungsstudie zu geriatrischen Versorgungsstrukturen

Bei der Rehabilitation will Ministerin Altpeter die Kassen in ihrer Strukturverantwortung unterstützen. Das Sozialministerium stellt deshalb jetzt zusammen mit den Allgeimeinen Ortskrankenkassen (AOK) 300.000 Euro für die Intensivierung entsprechender wissenschaftlicher Untersuchungen bereit. Weitere Kassen prüfen derzeit, ob sie sich beteiligen.

Mit der Forschungsstudie sollen bisher fehlende Daten und Erkenntnisse über rehabilitative Potenziale geriatrischer Patientinnen und Patienten im Rahmen der bestehenden geriatrischen Versorgungsstrukturen in Baden-Württemberg gewonnen werden. „Der Forschungsauftrag soll helfen, Fehlentwicklungen in der geriatrischen Versorgung aufzuzeigen und fundierte Aussagen über den künftigen Bedarf im Land zu treffen, speziell im Bereich der geriatrisch-rehabilitativen Versorgungsstrukturen“, so die Ministerin. Das Sozialministerium kooperiert hierbei eng mit der AOK Baden-Württemberg, die auch Daten aus der Routineversorgung zur Verfügung stellt. Die Erkenntnisse sollen in das Geriatriekonzept von Baden-Württemberg einfließen.

Um den Forschungsauftrag können sich natürliche und juristische Personen bewerben, insbesondere staatliche und nichtstaatliche Hochschulen sowie außeruniversitäre Forschungseinrichtungen.

Ausschreibung (Förderaufruf)

Ergänzende Informationen:

Menschen in Baden-Württemberg werden im bundesweiten Vergleich gesünder älter. Viele Statistiken belegen, dass sich das baden-württembergische Geriatriekonzept mit den zentralen Säulen der derzeit 39 geriatrischen Reha-Kliniken sowie den 37 geriatrischen Schwerpunkten und 7 Zentren grundsätzlich bewährt hat. Baden-Württemberg hat damit eine Grundstruktur der altersmedizinischen Versorgung, die im Bundesvergleich eine Vorreiterrolle einnimmt. Über die Krankenhausplanung sind geriatrische Zentren und Schwerpunkte ausgewiesen, die den Kern einer hochwertigen geriatrischen Versorgung gewährleisten. Diese Angebote werden durch Einrichtungen der geriatrischen Rehabilitation ergänzt.

Einige geriatrische Rehabilitationseinrichtungen klagen über eine unzureichende Finanzierung, aber auch über mangelnde Auslastung durch eine fehlende fachliche Steuerung und Zuweisung von Menschen, die eigentlich einer speziellen geriatrischen Rehabilitation bedürfen. Dass die Zahl der Menschen, die vom Krankenhaus direkt ins Pflegeheim entlassen werden, stark ansteigt, ist ein bundesweiter statistisch belegter Trend, der darauf hinweist, dass hier Handlungsbedarf besteht.

Die Zahl der über 60-Jährigen und insbesondere die Anzahl der Hochbetagten, über 85-jährigen, wächst deutlich und überproportional an. Dies wird erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung von Krankheitsrisiken und auf das Risiko von Pflegebedürftigkeit haben. Da die gesundheitliche Gesamtsituation erkrankter älterer Menschen nicht durch ein einzelnes akutes Ereignis, sondern durch die Gleichzeitigkeit mehrerer Krankheiten geprägt ist, ist regelhaft ein auch rehabilitativer Behandlungsansatz erforderlich.

Im Geriatriekonzept werden die verschiedenen Säulen der medizinischen Versorgung - ambulante Behandlung, Krankenhaus und Rehabilitation - beschrieben sowie die Anforderungen an diese drei Säulen, sich auf die besonderen Anforderungen der Behandlung mehrfach und chronisch kranker alter Menschen auszurichten. Das bedeutet auch eine enge Vernetzung der Angebote untereinander und auch mit den Strukturen der Pflege und Unterstützung alter Menschen.