Soziales Jahr

Landespressekonferenz mit Trägern des Freiwilligen Sozialen Jahres

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Auf einer gemeinsamen Landespressekonferenz mit Trägern des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) hat Sozialministerin Katrin Altpeter der Bundesregierung „Wortbruch“ vorgeworfen. Entgegen allen Vereinbarungen wolle das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) seine  Zuschüsse für die FSJ-Plätze nun doch einschränken und Mittel nur noch dann zur Verfügung stellen, wenn die Träger gleichzeitig auch genügend Plätze im Bundesfreiwilligendienst (BFD) anbieten. Gelder des Bundes für das FSJ werde es nur noch geben, wenn für jeweils drei FSJ-Plätze zwei neue BFD-Plätze geschaffen werden. Der Bund fordert darüber hinaus nach den Angaben von Sozialministerin Altpeter die FSJ-Träger jetzt sogar massiv dazu auf, Jugendliche dazu zu bringen, ihre bereits geschlossenen Verträge für das Freiwillige Soziale Jahr in Verträge zum Bundesfreiwilligendienst umzuwandeln.

Sozialministerin Katrin Altpeter forderte Bundesfamilienministerin Schröder auf, ihre Pläne zur Verdrängung des Freiwilligen Sozialen Jahres sofort zu stoppen und ihre Zusagen zur gleichwertigen Förderung des FSJ umgehend einzulösen.

In der Gesetzesbegründung für den Bundesfreiwilligendienst BFD habe der Bund klar und unzweideutig zugesichert: „Der Bundesfreiwilligendienst wird so gestaltet, dass es zu keinerlei Verdrängungsanreizen gegenüber den zivilgesellschaftlich organisierten Jugendfreiwilligendiensten kommt. Die bestehenden Jugendfreiwilligendienste werden quantitativ und qualitativ gestärkt“ (Bundestags-Drucksache 17/4803).

Diese Zusicherung ziehe der Bund nun von heute auf Morgen zurück und bringe damit die Träger der Freiwilligendienste im Land auch finanziell in große Bedrängnis.

Der Bund habe den Bundesfreiwilligendienst überstürzt und planlos eingeführt, jetzt fehlten ihm die Freiwilligen. Diesen Fehler wolle er nun zu Lasten des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) ausbügeln.

Ministerin Altpeter: „Das Bundesfamilienministerium will das in Baden-Württemberg hoch angesehene und äußerst erfolgreiche FSJ finanziell austrocknen, um mehr Freiwillige für seinen Bundesdienst zu bekommen.“

Als „ganz und gar unzutreffend“ bezeichnete Ministerin Altpeter Vermutungen des Bundes, von Seiten der Träger des FSJ gebe es nicht genügend Unterstützung für den Bundesfreiwilligendienst (BFD). Es habe sich bereits bei der Einführung des BFD abgezeichnet, dass Probleme entstehen, wenn ein staatlich organisierter Freiwilligendienst in Konkurrenz zu den bisherigen Jugendfreiwilligendiensten tritt. Leider habe der Bund den Vorschlag der FSJ-Träger nicht aufgegriffen, die bestehenden Jugendfreiwilligendienste weiterzuentwickeln, statt einen neuen Bundesdienst übereilt einzuführen.

Altpeter: „Mit seinem Vorgehen beschädigt der Bund das Freiwillige Soziale Jahr und damit eine Einrichtung, die sich seit 50 Jahren hervorragend bewährt hat. Dieser Vorgang legt den Schluss nahe, dass das Bundesfamilienministerium einen fundamentalen Grundsatz der Bürgergesellschaft nicht verstanden hat: Ziviles Engagement lässt sich nicht verordnen.“

Ergänzende Informationen:

Derzeit sind im Land 8.300 Plätze im FSJ besetzt. Der BFD ist mit deutlich über 100 besetzten Plätzen unterrepräsentiert. Weil der Bund für den BFD höhere Zuschüsse zahlt als für das FSJ, wurde schon bei der Einführung des BFD eine Schwächung der Jugendfreiwilligendienste befürchtet. Alle FSJ-Plätze sollten nach den bisherigen Absprachen mit 200 Euro monatlich durch den Bund bezuschusst werden, gegenüber einem Zuschuss von monatlich 550 Euro bzw. 450 Euro bei vorliegender Kindergeldberechtigung im BFD.

Das Land fördert derzeit in Baden-Württemberg 5800 Plätze im FSJ mit insgesamt 2,9 Mio. Euro, verteilt auf 40 Träger (500 Euro/Jahr je besetzten Platz).  

FSJ-Träger sind nur zum Teil in den BFD involviert. Anders als im FSJ ist im BFD-Gesetz keine Trägereinbindung vorgesehen. Vertragspartner des BFD sind Bund, Freiwillige und Einsatzstellen. Die bundesweiten Zentralstellen regeln dabei  die Verteilung der Bundesmittel.

Die Verträge mit den Freiwilligen im FSJ sind größtenteils geschlossen. Die Aufforderung des Bundes, mit den Freiwilligen, die bereits Verträge für ein FSJ geschlossen haben, Änderungsverträge zugunsten des BFD abzuschließen, wird dazu führen, dass die Zahlen für das FSJ in Baden-Württemberg erheblich einbrechen. Außerdem ist die Qualität – insbesondere was die pädagogische Begleitung der jungen Menschen angeht, im BFD noch längst nicht so ausgereift wie im FSJ.

Träger, die bisher im Land für eine gute Qualität im FSJ sorgten und in erheblichem Maße zur hohen Akzeptanz des Jugendfreiwilligendienstes und jugendlichen zivilen Engagements insgesamt beigetragen haben, werden mit dieser Entscheidung ganz besonders getroffen.

Untersuchungen zeigen, dass etwa 50 Prozent der Absolventen des FSJ später einen sozialen Beruf (z.B. in der Pflege) ergreifen. Wenn das FSJ wegbricht, wird die Nachwuchsgewinnung angesichts jetzt schon fehlender Fachkräfte in diesem Sektor auch zu einem gesellschaftlichen Problem.

Quelle:

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg