Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
es wurde jetzt schon viel über den Sozialhaushalt gesprochen. Und wir haben schon viel über die schwarze Null im Jahr 2016 gehört. Ich freue mich daher, dass es trotz der Einsparzwänge gelingt, im Sozialhaushalt neue Akzente zu setzen. Ich danke an dieser Stelle ausdrücklich für die Unterstützung, die aus diesem hohen Hause gekommen ist. Unsere Themen stehen mehr denn je im politischen Fokus. Die demografische Entwicklung, der medizinische Fortschritt, die Flüchtlingsströme, die Inklusion, die Langzeitarbeitslosen, der Fachkräftemangel in der Pflege, das sind nur einige der Themen, die uns derzeit beschäftigen.
1. Einsparungen, Mehrausgaben
Wir haben bereits im letzten Doppelhaushalt einen großen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung erbracht. Aber der Spielraum für weitere Einsparungen ist sehr gering, denn unsere Bedarfe sind knapp kalkuliert. Zudem gibt es Mehrausgaben überwiegend in gesetzlichen Leistungsbereichen. So steigen, wen wundert es, die Ausgaben der Jugendhilfe für Flüchtlingskinder. Wir können aber auch neue Impulse geben, z.B.:
- 2,5 Mio. Euro jährlich für die kommunalen Frauenbeauftragten
- 1,33 Mio. Euro in 2015 und 2016 zur Fortsetzung des erfolgreichen Landesarbeitsmarktprogramms, das zunächst bis 2014 befristet war
- 700.000 Euro mehr für die Wohnungslosenhilfe
- 500.000 Euro für die Alkoholprävention
- 500.000 Euro für den Aktionsplan „Für Akzeptanz und gleiche Rechte“
2. Gute und sichere Arbeit, Landesarbeitsmarktprogramm
Mit dem Landesprogramm „Gute und sichere Arbeit“ sind wir 2012 neue Wege in der Arbeitsmarktpolitik gegangen. Zentrales Element des Landesprogramms ist der Passiv-Aktiv-Tausch. Das Modell läuft in Baden-Württemberg sehr erfolgreich. Und auch auf Bundesebene wurden wesentliche Elemente unseres
Passiv-Aktiv-Tauschs bereits übernommen und über ESF-Mittel finanziert. Darauf können wir stolz sein! Ich werde mich aber weiter dafür einsetzen, dass der Bund unser Erfolgsmodell in Gänze umsetzt. Alle landesweit zur Verfügung stehenden Plätze sind komplett ausgebucht. Bereits über 700 langzeitarbeitslose Menschen sind nach vielen Jahren Arbeitslosigkeit wieder in Arbeit. Das ist ein wunderbarer Erfolg nicht nur für die 700 Menschen und ihre Familien.
Diesen Erfolg möchten wir gerne fortsetzen. Daher sind im Haushaltsentwurf für 2015 gut 4 Mio. und für 2016 rund 1,3 Mio. Euro an Mitteln für die Weiterentwicklung des Landesprogramms „Gute und sichere Arbeit“ vorgesehen. Denn unser Ziel lautet noch immer, Baden-Württemberg zu einem Musterland für gute Arbeit zu machen. Ein weiterer wichtiger Baustein dafür ist das Bündnis für Arbeit und Gesundheit. Unsere Partner sind die Sozialpartner, die Sozialversicherungen und die Bundesanstalt für Arbeit. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und des Fachkräftemangels ist ein effektives betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) wichtiger als je zuvor. Denn Gesundheit ist in diesem Kontext so wichtig wie Bildung geworden.
3. Pflege: WTPG, innovative Wohnformen
Wir sind aber nicht nur auf dem Arbeitsmarkt aktiv. Denn der demografische Wandel erfordert für Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, innovative Wohn- und Versorgungsstrukturen. So vielfältig wie die Lebensstile und Bedürfnisse sind, so vielfältig soll auch die Versorgungslandschaft für Menschen im Alter und mit Pflegegebedarf sein. Mit dem Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz haben wir dafür die Grundlage geschaffen. Jetzt bauen wir die ambulante Pflegeinfrastruktur mit aus, um die häusliche Pflege nachhaltig zu unterstützen. So fördern wir
- niedrigschwellige Betreuungsangebote wie Betreuungsgruppen und häusliche Besuchsdienste für demenzkranke Menschen,
- Seniorennetzwerke und Pflegebegleiter-Initiativen,
- Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen und zur Stärkung der häuslichen Pflege, Familienpflege- und Dorfhilfedienste.
Zur Unterstützung der Akteure haben wir eine „Fachstelle ambulant unterstützte Wohnformen“ eingerichtet. Sie ist zunächst für 2 Jahre eingerichtet und mit 550.000,- Euro ausgestattet. Als neutrale Stelle ist sie beim KVJS organisatorisch eigenständig aufgestellt und wird von einem breit aufgestellten Fachbeirat begleitet.
4. Inklusion, kommunale Behindertenbeauftragte
Die Inklusion von Menschen mit Behinderung ist ein weiteres großes Anliegen dieser Regierungskoalition. Es geht dabei um die gleiche Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Hierfür stehen 4,82 Mio. Euro jährlich zur Verfügung. Mit diesen Mitteln wollen wir Projekte fördern, die die Inklusion von Menschen mit Behinderung beispielhaft voranbringen.
Wir machen Öffentlichkeitsarbeit und wir unterstützen die Dezentralisierung von großen Komplexeinrichtungen in der Behindertenhilfe. Um die Sensibilisierung für die Belange von Menschen mit Behinderung vor Ort voranzutreiben, werden mit dem Inkrafttreten des LBGG die 44 Stadt- und Landkreise zur Bestellung von Behindertenbeauftragten verpflichtet. Hierfür werden 2,8 Mio. Euro benötigt. Denn die Interessenvertretung von Menschen mit Behinderungen soll auf allen Ebenen verbessert und gestärkt werden. Nicht ganz ohne Stolz möchte ich darauf hinweisen, dass die verpflichtende Einführung kommunaler Behindertenbeauftragter auf Ebene der Stadt- und Landkreise bundesweit einzigartig ist.
5. Psychiatrie, PsychKHG, ZfP (Sanierungsrücklage)
Das erste Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz für Baden-Württemberg wurde im November fraktionsübergreifend im Landtag beschlossen. Es tritt zum 1. Januar 2015 in Kraft. Ich freue mich sehr, dass wir für die Umsetzung des Gesetzes zusätzlich 1 Mio. Euro zur Verfügung stellen können. Neben diesen neuen Mitteln haben wir auch die Förderung der Sozialpsychiatrischen Dienste als wichtige bestehende Struktur gesetzesfest gemacht. Es ist mir wichtig, die Menschen hier im Land flächendeckend, bedarfsgerecht und qualitativ hochwertig mit psychiatrischen Angeboten zu versorgen. Besonders wichtig sind dabei die landeseigenen Zentren für Psychiatrie. Nur durch ihre ausreichende finanzielle Ausstattung kann ein angemessener baulicher Standard an den Hauptstandorten gehalten und das wichtige neue gemeindenahe Behandlungsangebot geschaffen werden. Ich freue mich deshalb sehr, dass die Zentren für Psychiatrie aus der Sanierungsrücklage im Jahr 2015 einen Betrag von 10 Mio. Euro zur Verfügung gestellt bekommen. Mit diesen Mitteln werden wir notwendige Sanierungen zur Substanzerhaltung der Zentren durchführen.
6. Kinder und Jugend: ZPJ, Schulsozialarbeit
Mit dem „Zukunftsplan Jugend“ fördern wir die Weiterentwicklung der Angebote und Strukturen im Jugendbereich. Auch im Doppelhaushalt 2015/2016 stehen hierzu Haushaltsmittel in Höhe von je 3 Mio. Euro zusätzlich zur Verfügung. Innovative Projekte, Maßnahmen und Modellvorhaben aus allen Bereichen des „Zukunftsplan Jugend“ sind in Planung, in Vorbereitung oder schon in Umsetzung. Für das Jahr 2015 ist zudem ein Statusbericht über den Stand der Umsetzung des „Zukunftsplan Jugend“ geplant. Das Land beteiligt sich zudem seit 2012 zu einem Drittel an den Kosten der Schulsozialarbeit. Seit dem Wiedereinstieg des Landes in die Förderung der Schulsozialarbeit ist die Anzahl der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in diesem Bereich um 40 Prozent angestiegen.
Zwischenzeitlich ist Schulsozialarbeit zu einem flächendeckenden Angebot geworden. Sie hat sich zu einem Standard an den Schulen in unserem Land entwickelt. Sie ist Qualitätsmerkmal einer guten Schulkultur. Denn sie trägt wesentlich zu mehr Schulerfolg und mehr Bildungsgerechtigkeit bei. Der Ausbau der Schulsozialarbeit ist aber auch nach zwei Jahren noch nicht abgeschlossen. Für die Schulsozialarbeit stehen daher Haushaltsmittel von bis zu 25 Mio. Euro jährlich bereit.
7. Bürgerschaftliches Engagement
Baden-Württemberg ist das Land des bürgerschaftlichen Engagements! Fast 4,5 Millionen Menschen, also rund 41 Prozent der Bevölkerung, sind engagiert – freiwillig und unentgeltlich. Das ist gut! Wichtig für unsere Engagementpolitik ist aber auch: Weitere knapp 35 Prozent können sich ebenfalls ein Engagement vorstellen. Durch die Engagement¬strategie bauen wir Hürden und Hemmnisse für Bürgerschaftliches Engagement ab.
Damit stellen wir sicher, dass sich jede und jeder, egal welcher Herkunft, ob alt oder jung, mit oder ohne Handicap, gleichermaßen einbringen kann. Die Engagementstrategie wird von der BW-Stiftung bis 2017 mit insgesamt 1,5 Mio. Euro unterstützt. Auch mit der Fortsetzung des Projekts „Mittendrin“ will ich insbesondere Ältere und Menschen mit Migrationshintergrund für ein bürgerschaftliches Engagement gewinnen. Sehr erfreulich ist, dass wir für das Freiwillige Soziale Jahr wieder fast 3 Mio. Euro zur Verfügung stellen können.
Ein Teil der Mittel wird in das FSJ plus fließen, das jungen Menschen ermöglicht, während des FSJ einen mittleren Bildungsabschluss zu erwerben. Mit den restlichen Mitteln können voraussichtlich knapp 5.700 FSJ-Plätze gefördert werden. Es hat sich herausgestellt, dass viele Absolventen eines FSJ später einen Sozialberuf ergreifen. Wir bekämpfen mit der Förderung des FSJ also auch gleichzeitig den Fachkräftemangel bei den Pflegeberufen.
8. Gesundheit: Gesundheitsstrategie, Flüchtlinge (neue Arztstellen), KH-Finanzierung
Zukunftsplan Gesundheit
Eine flächendeckende, bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige gesundheitliche und medizinische Versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg ist kein Selbstläufer. Mehr Patientenorientierung, mehr Regionalisierung und Vernetzung über die verschiedenen Bereiche hinweg ist ebenfalls keine Selbstverständlichkeit. Um dies gemeinsam voranzubringen haben wir den Zukunftsplan Gesundheit entwickelt. Denn wir wollen zur besseren Vernetzung und Regionalisierung in der Gesundheitsversorgung beitragen. Wir werden daher sechs Pilotvorhaben zur Entwicklung eines Fachplans Gesundheit auf Ebene der Land- und Stadtkreise fördern. Besonders freut es mich, dass der Landtag von Baden-Württemberg dem Ministerium im kommenden Doppelhaushalt weitere Haushaltsmittel für ein „Modellprojekt zur integrierten Versorgung auf regionaler Ebene“ zur Verfügung stellen will. Denn wir wollen den Versorgungsbedarf und die vorhandenen Versorgungsstrukturen in einer Versorgungsregion untersuchen und das Konzept im Dialog mit allen Partnern entwickeln.
Asylbewerber
Auch der Geschäftsbereich des Sozialministeriums ist durch den sprunghaften Anstieg der Asylbewerberzahlen betroffen. Denn ankommende Flüchtlinge werden von den Gesundheitsämtern auf ansteckende Krankheiten untersucht. Hierfür benötigen wir fünf zusätzliche Arztstellen für die betroffenen Gesundheitsämter des Landkreises Karlsruhe, Zollernalbkreis und Ostalbkreis. Denn der Mehraufwand kann nicht länger durch Zurückstellung anderer Aufgaben aufgefangen werden.
Krankenhausförderung
Besonders stolz bin ich auf unsere Krankenhausförderung! Denn wir haben die Mittel seit 2011 erheblich gesteigert. Bei diesem Thema braucht Baden-Württemberg einen Vergleich mit anderen Bundesländern wirklich nicht zu scheuen!
Die Mittel für das jeweilige Jahreskrankenhausbauprogramm wurden seit dem Jahr 2011 um 35 % auf heute 250 Mio. Euro erhöht. Hinzu kommen die Förderprogramme der Regierungspräsidien mit derzeit jährlich 8 Mio. Euro. Für die Pauschalförderung von Krankenhausinvestitionen stehen den Krankenhäusern jährlich 160 Mio. Euro zur Verfügung. Für die Jahre 2015/2016 werden wir somit insgesamt 900 Mio. Euro bereitstellen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren,
ich konnte hier nur einige Schwerpunkte ansprechen. Sie können aber an den Beispielen erkennen, dass die Landesregierung trotz der notwendigen Haushaltskonsolidierung die Verantwortung des Landes in der Sozialpolitik sehr ernst nimmt. Wir gestalten unser Land zukunftsgerichtet und wir nehmen unsere Verantwortung für die Schwächsten in der Gesellschaft wahr.
- Es gilt das gesprochene Wort -