Aufgrund der neuen Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat startet die Landesregierung einen neuen Anlauf für die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns.
Gemeinsam mit Rheinland-Pfalz bringt Baden‑Württemberg am 1. März eine entsprechende Gesetzesinitiative im Bundesrat ein. „Die Zeit ist mehr als reif für einen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro“, sagte die Sozialministerin Katrin Altpeter. „Wir wollen, dass Menschen von ihrer Arbeit leben können, wir wollen Altersarmut wirksam vorbeugen und wir wollen unseren Unternehmen faire Wettbewerbsverhältnisse garantieren. Deshalb führt kein Weg am Mindestlohn vorbei.“ Nachdem sich die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat nach der Landtagswahl in Niedersachsen zugunsten von Rot-Grün verschoben haben, ist Ministerin Altpeter zuversichtlich, dass die neue Initiative eine Mehrheit in der Länderkammer findet.
Bereits im Dezember 2011 hatte die Landesregierung gemeinsam mit Rheinland-Pfalz und Hamburg einen Entschließungsantrag für die Einführung eines Mindestlohnes in den Bundesrat eingebracht. Die Initiative scheiterte jedoch an den damaligen Mehrheitsverhältnissen im Bundesrat.
Mindestlohn gibt der Arbeit Würde
Die neue Gesetzesinitiative sieht die Einführung eines Mindestlohns in Höhe von mindestens 8,50 Euro vor. Auf die genaue Höhe des Mindestlohns soll sich einmal jährlich eine vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales eingerichtete Kommission einigen, die sich aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie drei weiteren Sachverständigen aus der Wissenschaft zusammensetzt. Der Mindestlohn bedarf der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Für den Fall, dass das Bundesministerium nicht zustimmt, enthält die Gesetzesinitiative weitere Regelungen.
Nach einem Bericht der Prognos AG erhalten 14 Prozent der unter 20-Jährigen Stundenlöhne von bis zu 5 Euro, Auszubildende nicht eingeschlossen. Bei den Alleinerziehenden liegt der Anteil der Arbeitnehmer, die weniger als 7,50 Euro brutto pro Stunde verdienen, bei 18 Prozent. „Es kann nicht sein, dass jemand 40 Stunden die Woche arbeitet und von dem Lohn nicht einmal seine Familie ernähren kann“, so Altpeter. Mit dem Mindestlohn erhalte Arbeit wieder den Respekt und die Würde, die sie verdiene. Mit der Gesetzesinitiative setze die Landesregierung zudem die im Koalitionsvertrag vorgesehene Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Land um, so die Ministerin.
Mindestlöhne entlasteten den Staatshaushalt
Mindestlöhne entlasteten zudem den Staatshaushalt, weil zu den Löhnen in der Regel keine ergänzenden Sozialleistungen nach dem Sozialgesetzbuch II bezahlt werden müssten. Außerdem werde durch einen gesetzlichen Mindestlohn auch die Beitragsbasis der Sozialversicherungen gestärkt.
Kritikern des Mindestlohns hielt Altpeter eine Studie des Bundesarbeitsministeriums von 2010 entgegen, wonach in keiner der acht Branchen, in denen bereits Mindestlöhne bezahlt werden, signifikante negative Wirkungen auf die Beschäftigung festgestellt wurden. Mit Blick auf die Tatsache, dass in 20 von 27 Staaten der Europäischen Union Mindestlöhne bestehen, handele es sich bei der Einführung des Mindestlohnes um eine vielfach erprobte und erfolgreiche Gesetzgebung.
Altpeter: „Mit dem Mindestlohn kämpfen wir gegen die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, verhindern den schleichenden Ausgrenzungsprozess von einzelnen Beschäftigungsgruppen und beugen Altersarmut gerade bei Frauen vor.“