Ältere Menschen

Report zur Einkommenslage älterer Menschen vorgestellt

Sozialministerin Katrin Altpeter hat in Tübingen den Report zur „Einkommenslage älterer Menschen in Baden-Württemberg“ vorgestellt. Er wurde von der Familienforschung im Statistischen Landesamt im Auftrag des Sozialministeriums erstellt.

Nach den Worten von Ministerin Altpeter handelt es sich bei dem Report um einen weiteren Baustein für den umfassenden Armuts- und Reichtumsbericht, der 2015 erstmals für Baden-Württemberg erscheinen wird und der sich insbesondere mit dem Thema Kinderarmut befassen soll. Vorgestellt wurde der Report anlässlich des Fachtages „Gute Chancen für alle Kinder – mit Familien aktiv gegen Kinderarmut“ in Tübingen.

Der Report zeige, dass unter den älteren Menschen ab 65 alleinlebende Frauen am meisten armutsgefährdet sind und dass diese Armutsgefährdung mit zunehmendem Alter noch weiter ansteigt. Bei einem Vergleich verschiedener Altersgruppen zeige sich allerdings, dass Kinder und Jugendliche unter 18 generell am stärksten von Armutsgefährdung betroffen sind. Für sie bedeute Armutsgefährdung, anders als bei Älteren, häufiger einen länger andauernden Zustand. Der Report belege auch, dass Armutsgefährdung unter Pensionärinnen und Pensionären nicht vorkommt.

Altpeter: „Diese Ergebnisse untermauern eindrucksvoll, dass die Stadt Tübingen mit ihrem Projekt ‚Gute Chancen für alle Kinder‘ genau an der richtigen Stelle ansetzt. Deshalb habe ich es gerne mit Landesmitteln unterstützt und wir werden die Ergebnisse des Tübinger Projekts auch in unseren Armuts- und Reichtumsbericht aufnehmen.“

Report  „Einkommenslagen älterer Menschen“ im Überblick

Ministerin Altpeter erläuterte die wichtigsten Ergebnisse des Reports:

  • Die durchschnittlichen verfügbaren Haushaltseinkommen älterer Menschen in Baden-Württemberg liegen leicht unterhalb derjenigen der Gesamtbevölkerung. In der Gesamtbevölkerung hat die Ungleichheit der Einkommen seit 2005 tendenziell zugenommen, bei den älteren Menschen nicht. Im Gegensatz zu den Älteren konnte die Bevölkerung insgesamt seit 2005 leichte Einkommenszuwächse verzeichnen (Schaubild 1, S. 9).
  • Problematisch ist die Einkommenslage im Alter insbesondere für ältere alleinlebende Frauen. Frauen beziehen geringere Altersrenten als Männer (Schaubild 4, S. 15 und Schaubild 11 und 12 S. 28 und 29), sind häufiger armutsgefährdet – insbesondere wenn sie alleine leben – und beziehen häufiger Leistungen der Grundsicherung im Alter als Männer.
  • Die wichtigste Einkommensquelle im Alter stellen Renten- oder Pensionseinkünfte dar. Die Einkommensunterschiede zwischen diesen Gruppen sind stark ausgeprägt. So liegen die durchschnittlichen verfügbaren Haushaltsnettoeinkommen von Pensionärinnen und Pensionären deutlich oberhalb derer von Rentnerinnen bzw. Rentnern (Schaubild 2, S. 10).
  • Armutsgefährdung betrifft derzeit häufiger Kinder und Jugendliche als Ältere. Von den Älteren ab 65 Jahren in Baden-Württemberg waren 2012 laut Mikrozensus 17 % armutsgefährdet, im Bevölkerungsdurchschnitt waren es 15 % und unter den Kindern und Jugendlichen 18 %. Auffallend ist allerdings, dass die Armutsgefährdungsquote von Menschen von 70 Jahren und älter mit 18 % die Quote der Kinder und Jugendlichen erreicht (Schaubild 10, S. 27).
  • Ältere sind überwiegend nur kurzzeitig (das heißt ein Jahr) armutsgefährdet, für Kinder und Jugendliche bedeutet Armutsgefährdung dagegen häufiger einen länger andauernden Zustand (Schaubild 14, S. 32).
  • Unter Pensionärinnen und Pensionären kommt Armutsgefährdung nicht vor. Das Problem der Armutsgefährdung im Alter ist damit in Baden-Württemberg auf Rentnerinnen und Rentner beschränkt (S. 25, 1. Absatz).
  • Mit Blick auf die Spitze der Einkommensverteilung zeigt sich ein ähnliches Bild wie am unteren Ende: 65- bis 69-Jährige waren 2012 zu 7 % einkommensreich (d.h. 200% des mittleren Einkommens der Bevölkerung, gemessen am Median) – dies entspricht dem Bevölkerungsdurchschnitt. Kinder und Jugendliche lebten dagegen nur zu 5 % in einem einkommensreichen Haushalt. Eine ebenfalls unterdurchschnittliche Reichtumsquote von 4 % haben diejenigen, die 70-jährig und älter sind (Schaubild 15, S. 33).
  • Die Einkommensreichtumsquote der Rentnerinnen und Rentner ab 65 Jahren ist unterdurchschnittlich bei 4 %, die der Pensionärinnen und Pensionäre dagegen deutlich überdurchschnittlich bei 17 %, die der Gesamtbevölkerung zwischen 7 % und 8 % (S. 34, 1. Absatz).
  • Insgesamt ist die Armutsgefährdung von Älteren in Baden-Württemberg derzeit im Vergleich zur Gesamtbevölkerung nur leicht erhöht, Prognosen gehen allerdings von zukünftig steigenden Risiken aus (Erwerbsleben, veränderte Familienstrukturen, Rentenrecht).

Altpeter: „Dieser Report belegt, dass wir mit unserem Landesprogramm für „Gute und sichere Arbeit“ auf dem richtigen Weg sind. Wir ermöglichen damit bisher mehr als 9.500 alleinerziehenden Frauen, benachteiligten Jugendlichen und Langzeitarbeitslosen reguläre Jobs mit einer auskömmlichen Entlohnung, die zu einer ausreichenden gesetzlichen Alterssicherung beiträgt.“ Künftig komme aber auch der zweiten und dritten Säule der Altersvorsorge, also den Betriebsrenten und der Eigenvorsorge, zunehmend Bedeutung zu. Derzeit hätten nur etwa 20% der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Betriebsrentenanspruch.

Über den „Zukunftsplan Jugend“ habe sie insgesamt 10 Mio. Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt, um insbesondere sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche besser über die Jugendarbeit zu erreichen. Auch der Wiedereinstieg der Landesregierung in die Mitfinanzierung der Schulsozialarbeit mit bislang insgesamt 55 Mio. Euro und der Ausbau der Kinderbetreuung und der „Frühen Hilfen“ sind nach den Worten von Ministerin Altpeter wichtige Bausteine zur Bekämpfung von Kinderarmut und ihrer Folgen.

Der aktuelle Report „Einkommenslagen älterer Menschen“ ist ein weiterer Baustein der Armuts- und Reichtumsberichterstattung der Landesregierung und soll zentrale Fragestellungen schlaglichtartig beleuchten. Als erster Report im Rahmen der Armuts- und Reichtumsberichterstattung erschien 2012 der Report zur Armutsgefährdung von Familien in Baden-Württemberg.

Die Berichte (Reports) werden von der FamilienForschung Baden-Württemberg im Auftrag des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg erstellt und in elektronischer Form veröffentlicht. Sie stellen aktuelle Daten und themenbezogene wissenschaftliche Analysen in kompakter Form zur Verfügung und ergänzen so den ersten umfassenden Armuts- und Reichtumsbericht, der 2015 erscheinen wird.

Landesbeirat für Armutsbekämpfung und Prävention

Der Beirat, der die Erstellung des Armuts- und Reichtumsberichts begleitet, tagt ein bis zweimal jährlich. Zum Beirat gehören die Liga der Freien Wohlfahrtspflege, Landesarmutskonferenz Baden-Württemberg, Landesseniorenrat, Landesfamilienrat, Landesfrauenrat, Kinderschutzbund, Städtetag, Landkreistag, Gemeindetag, KVJS, Deutscher Gewerkschaftsbund, Landesvereinigung der baden-württembergischen Arbeitgeberverbände, Vertreter bzw. Vertreterinnen der im Landtag vertretenen Fraktionen und die berührten Ministerien.

Armutsmessung

Armutsgefährdung meint im Rahmen dieses Reports relative Einkommensarmut. Nach der zugrundeliegenden Definition ist armutsgefährdet, wessen Einkommen bei weniger als 60 % des durchschnittlichen Einkommens (gemessen am Median) der Gesamtbevölkerung liegt. Ab diesem Schwellenwert geht man von einem erhöhten Armutsrisiko aus. Der Gedanke dahinter ist, dass unterhalb von diesem Schwellenwert die Menschen über so geringe Mittel verfügen, dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Land, in dem sie leben, als Minimum annehmbar ist, also eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht mehr möglich ist. Diese Definition von Armutsgefährdung wurde von der EU-Kommission entwickelt und wird auch auf Bundesebene im Rahmen der Armuts- und Reichtumsberichterstattung verwendet.