Mit ungewöhnlich scharfen Worten kritisiert die baden-württembergische Arbeitsministerin Katrin Altpeter die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung. Das Bundesgesetz mit dem beschönigenden Titel „Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt“ führe in Wirklichkeit zum „Kahlschlag“ bei den Arbeitsmarktinstrumenten, insbesondere bei den Langzeitarbeitslosen. Im Vorfeld der Gesetzesberatung im Bundesrat an diesem Freitag (8. Juli), bei der Ministerin Altpeter auch reden wird, nannte sie die Pläne der Bundesregierung „unverantwortlich“.
Mit dem Gesetzentwurf würden die Sparbeschlüsse der Bundesregierung im Bereich der Arbeitsmarktpolitik umgesetzt – „mit fatalen Folgen“. Nach den Angaben von Ministerin Altpeter muss die Bundesagentur für Arbeit für die Zeit bis 2015 ihre Arbeitsmarktprogramme um 8 Milliarden Euro kürzen. Hinzu kämen noch rd. 6 Milliarden Euro, die der Bund bis 2014 bei der Eingliederung von Personen einsparen wolle, die Grundsicherung für Arbeitsuchende erhalten. Diese Gelder fehlten dann für die Eingliederung von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt, auch und gerade bei den Langzeitarbeitslosen.
„Ich halte es für schizophren“, so Altpeter, „wenn die Bundesregierung einerseits den Fachkräftemangel beklagt und anderseits der Bundesagentur für Arbeit die Mittel für Qualifizierungsmaßnahmen radikal kürzt.“
Baden-Württemberg erlebe derzeit zwar eine enorm positive Entwicklung am Arbeitsmarkt. An den Langzeitarbeitslosen gehe dieser Aufwärtstrend bisher jedoch vorbei, erläuterte die Ministerin. Nicht alle Arbeitsuchenden könnten sofort in reguläre Beschäftigung vermittelt werden. Deshalb müsse es auch weiterhin in unvermindertem Umfang möglich sein, die Beschäftigungsfähigkeit zu fördern und zu verbessern. Dafür sei die Beschäftigung mit Hilfe staatlicher Zuschüsse nach wie vor erforderlich.
„Mit reiner Rotstiftpolitik lässt sich die strukturelle Sockelarbeitslosigkeit nicht aufbrechen“, so Ministerin Altpeter.
Angesichts der guten wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland sei der Arbeitsmarkt derzeit besonders aufnahmefähig und die konjunkturbedingte Arbeitslosigkeit bewege sich auf niedrigem Niveau. Diese Chance müsse genutzt werden, um diejenigen in Arbeit zu bringen, die ansonsten eher schwer in Arbeit zu vermitteln seien. Durch Qualifizierung und Weiterbildung müsse alles getan werden, arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen für die angebotenen Arbeitsplätze zu qualifizieren.
Als „arbeitsmarktpolitische Dummheit“ kritisierte die Ministerin auch die geplante Radikalkürzung beim Gründungszuschuss, mit dem der Aufbau einer selbständigen Existenz unterstützt werden kann. Dass der Bund ausgerechnet bei einem der erfolgreichsten arbeitsmarktpolitischen Instrument 5 Milliarden Euro einsparen wolle, werde von allen Arbeitsmarktexperten zu Recht heftig kritisiert. Auch das renommierte Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) habe jüngst in einer neuen Untersuchung die Zuschüsse für Arbeitslose, die sich selbständig machen, äußerst positiv bewertet.
Altpeter: „Ich fordere die Bundesregierung auf, ihren Gesetzentwurf von Grund auf zu verändern. Andernfalls verspielt sie die Chancen, die die gute wirtschaftliche Entwicklung für die Eingliederung von Arbeitsuchenden jetzt bietet. Wir wollen möglichst viele dieser Menschen in Beschäftigung bringen, statt sie auf unwürdige Weise zu staatlich alimentierten Bittstellern zu machen.“
Quelle:
Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg