Gedenktag

Zentren für Psychiatrie erinnern an die Ermordung psychisch kranker und behinderter Menschen

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Ministerin Katrin Altpeter (2. v. r.) gemeinsam mit den Geschäftsleitungsmitgliedern des Klinikums Schloß Winnenden (v. l.): Hans-Jürgen Kutterer, Dr. Christopher Dedner, Christian Graziosa und Anett Rose-Losert
Bis April 2016 steht das Denkmal der Grauen Busse im Klinikum Schloß Winnenden.
Ministerin Katrin Altpeter vor einer Landkarte mit den Herkunftsorten der damals ermordeten Patienten.
Knapp 100 Gäste waren im Rahmen des Gedenktags an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2016 Gast im Klinikum Schloß Winnenden.

Sozialministerin Katrin Altpeter hat der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Auf einer Gedenkveranstaltung im Zentrum für Psychiatrie (ZfP) in Winnenden erinnerte sie insbesondere an die Ermordung der über 10.500 psychisch kranken und behinderten Menschen, an der im Südwesten neben staatlichen Stellen auch die damaligen Heim- und Pflegeanstalten beteiligt waren.

„Die gewissenlose und industriell betriebene Ermordung von Millionen von Menschen durch die Nationalsozialisten war der größte Zivilisationsbruch der Geschichte. Wir alle sind aufgefordert, dafür zu sorgen, dass sich so etwas niemals wiederholt“, sagte Altpeter.

Die Ministerin betonte, wie wichtig die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit für die Gegenwart sei. „Es ist unsere Aufgabe, aus der Beschäftigung mit dieser dunklen Vergangenheit Deutschlands Lehren zu ziehen, die nicht nur uns, sondern auch künftigen Generationen Orientierung geben. Die Beschäftigung mit dem Thema in unseren Schulen, Berufsschulen und Universitäten, der Besuch von ehemaligen Konzentrationslagern, Gedenkveranstaltungen und Denkmäler und Mahnmale – das alles hält nicht nur die Erinnerung an die Opfer wach, sondern schärft auch unser Bewusstsein für viele ethische Fragestellungen der heutigen Zeit.“

Altpeter wies darauf hin, dass am 27. Januar neben der zentralen Gedenkfeier in Winnenden auch an anderen Zentren für Psychiatrie im Land Veranstaltungen stattfinden, bei denen der Opfer gedacht wird.

Im ZfP Südwürttemberg und im ZfP Reichenau sind folgende Veranstaltungen anlässlich des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2016 geplant:

  • Gedenkfeier um 14 Uhr im Festsaal des Konventbau am Standort Zwiefalten
  • Gedenkfeier mit Kranzniederlegung um 12 Uhr am Mahnmal in Weissenau
  • Gedenkfeier mit Kranzniederlegung am Mahnmal in Reichenau
  • Vortrag von Herrn Gerhard Wilke aus London zum Thema „Zweite Generation „Tätersymptome“ in deutschen Therapie- und Arbeitsgruppen“ (von 10:30 - 12:00 Uhr in Haus 20 im Vortragssaal).

Darüber hinaus sind in Ravensburg und Umgebung weitere Veranstaltungen geplant:

  • Die Stadt Ravensburg plant am Abend des 27. Januar eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Begegnung im Schwörsaal. Der Architekt Jürgen Morlok referiert über die Internationale Begegnungsstätte für Jugendliche in Auschwitz. Außerdem kommen Schülerinnen und Schüler zu Wort, die den Austausch mit der israelischen Stadt Nahariya pflegen. Das ZfP Südwürttemberg ist Mitveranstalter, Professorin Renate Schepker spricht ein Grußwort.
  • Am 26. und 27. Januar wird um jeweils 10:30 Uhr der Film „Grafeneck 1940“ gezeigt, gefolgt von einer Diskussion mit dem Medizinhistoriker Dr. Müller und dem stellvertretenden Ärztlichen Direktor Dr. Tenter sowie den Klinikgeistlichen (geschlossene Veranstaltung für Schulklassen).

Im ZfP Wiesloch findet folgende Veranstaltung statt:

  • In der Laurentiuskirche in Wiesloch findet am 27. Januar um 17 Uhr eine gemeinsame Gedenkveranstaltung des PZN und der Stadt für die Opfer des Nationalsozialismus statt. Getragen wird die Veranstaltung vom neuen Oberbürgermeister Dirk Elkemann und der Ärztlichen Direktorin des PZN, Dr. Barbara Richter. Schüler des Ott-Heinrich-Gymnasiums erinnern in einem besonders gestalteten Veranstaltungspart themenbezogen an die Opfer des Nationalsozialismus.

Hintergrund

Auf Grund des so genanntem „Euthanasie-Erlasses“ von 1939 wurden im Deutschen Reich 1940/41 im Rahmen der so genannten „Aktion T4“ (benannt nach der eigens hierfür in der Tiergartenstraße 4 in Berlin eingerichteten Behörde) über 70.000 psychisch kranke und behinderte Menschen ermordet. Im baden-württembergischen Grafeneck fielen der Aktion über 10.600 Menschen zum Opfer. Die „Aktion T4“ wurde von den Nazis ideologisch als „Euthanasie“ und als „Aktion Gnadentod“ verbrämt und mit rassenhygienischen und ökonomischen Argumenten begründet.