Der Bundesrat hat einer Initiative der Länder Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen zur Einführung einer Widerspruchslösung als künftige Grundlage für die Zulässigkeit der Organentnahme in Deutschland zugestimmt.
Der Bundesrat hat heute (15. Dezember) einer Initiative der Länder Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen zugestimmt, die die Einführung einer Widerspruchslösung als künftige Grundlage für die Zulässigkeit der Organentnahme in Deutschland vorsieht. Der Entschließungsantrag enthält eine Aufforderung an die Bundesregierung, die Widerspruchslösung in das Transplantationsgesetz (TPG) aufzunehmen.
Mehrheit für Entschließungsantrag
Der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha freut sich als Mitinitiator sehr, dass die Entschließung im Plenum die benötigte Mehrheit erreichen konnte. „Die Entschließung des Bundesrats wird nun der Bundesregierung zugeleitet. Wir erwarten dann, dass diese sich damit befasst. Zuständig ist hier das Bundesministerium für Gesundheit. Die Bundesregierung hat das Initiativrecht für Gesetzesentwürfe“, sagte Lucha am Freitag (15. Dezember) in Stuttgart.
Widerspruchslösung bedeutet, dass jeder automatisch als Organspender gilt – außer man selbst oder Angehörige widersprechen. Bisher sind Entnahmen in Deutschland nur möglich, wenn jemand ausdrücklich zustimmt. Das Ziel einer Neuregelung ist, die Zahl der Organspender zu erhöhen. Die Aufnahme der Widerspruchslösung als Grundlage für die Zulässigkeit der Organentnahme in das Transplantationsgesetz würde die Zustimmungslücken schließen. Minister Lucha ist zuversichtlich: „Mit der Widerspruchslösung kann auch in Deutschland eine Kultur der Organspende entstehen.“
Paradigmenwechsel hin zu einer Kultur der Organspende
Minister Lucha weiter: „Organspende rettet Menschenleben. Und grundsätzlich, so zeigen Umfragen, ist die Bereitschaft der Menschen bei uns im Land zur Organspende groß. Die Zahl der Organspenden in Deutschland stagniert allerdings seit zehn Jahren auf einem beschämend niedrigen Niveau. Das muss sich dringend ändern, denn zu viele Menschen sterben, bevor sie ein Spenderorgan bekommen. Das große Problem ist, dass nach wie vor von zu wenigen Menschen der Spendewille dokumentiert ist, weil sie sich zu Lebzeiten dazu nicht geäußert haben. Weder gesetzliche Änderungen noch Aufklärungskampagnen haben daran wirklich etwas geändert. Wir sind in Europa eines der wenigen Länder, das die Widerspruchslösung noch nicht eingeführt hat. Deutsche Patientinnen und Patienten profitieren damit überproportional von Spenderorganen aus anderen Ländern, die eine Kultur der Organspende haben. Ich hoffe und glaube daran, dass wir diesen Paradigmenwechsel auch in Deutschland schaffen können.“
Hintergrund
Trotz einer Sensibilisierungskampagne der Intensivstationen für die Organspende war in Baden-Württemberg zuletzt nur bei 35 Prozent der Fälle möglicher Organspenden der Wille des Verstorbenen bekannt. Eine schriftliche Willensbekundung lag sogar nur bei 15 Prozent der potenziellen Spender vor. Auch im Land kommt es folglich weiterhin zu Ablehnungen durch Angehörige – und dringend benötigte Organe gehen verloren.