Die Landesregierung Baden-Württemberg hat es sich zur Aufgabe gemacht, allen Kindern und Jugendlichen gute Zukunftschancen zu eröffnen, insbesondere auch benachteiligten jungen Menschen.
Um dieser wichtigen Aufgabe nachzukommen, hat das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration seit Dezember 2016 gemeinsam mit allen Partnern den „Zukunftsplan Jugend“ zu einem „Masterplan Jugend“ weiterentwickelt. In gemeinsamer Verantwortung gestalten wir eine zukunftsorientierte und nachhaltige Kinder- und Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit.
Eines der wesentlichen Ziele der Weiterentwicklung des Prozesses besteht in einem stärkeren Praxisbezug. Kinder und Jugendliche sollen im Fokus der Vorhaben stehen. Der Masterplan Jugend versteht sich als dialogorientiertes Forum zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit im Land.
Inhaltliche Schwerpunkte
Aus dem breiten Themenspektrum hat die Lenkungsgruppe folgende inhaltlichen Arbeitsschwerpunkte definiert und zielorientiert weiterentwickelt:
- Stärkung der Beteiligung junger Menschen
- Demokratiebildung
- Umwelt- und Klimaschutz
- Digitalisierung in der Kinder- und Jugend(sozial)arbeit
- Abmilderung der Corona-Folgen für junge Menschen
In diesen Bereichen werden Pilotprojekte angestoßen und erprobt, deren Bedarf sich aufgrund gesellschaftspolitischer Entwicklungen und Herausforderungen sowie aktueller Forschungsergebnisse gezeigt hat. So können ganz bewusst neue Impulse für die Jugendarbeit gesetzt werden. Bewährte Projekte, bei denen sich ein langfristiger Bedarf abzeichnet, wie z.B. die Servicestelle Kinder- und Jugendbeteiligung, wurden verstetigt. Die geförderten Vorhaben werden überwiegend von Jugendverbänden durchgeführt.
Ziele und Botschaften
Durch Digitalisierung, Zuwanderung und veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen wandelt sich die Welt rasant. Über allen Themenschwerpunkten des Masterplans Jugend steht das Bedürfnis nach Orientierung in einer globalisierten Lebenswirklichkeit, die zunehmend unübersichtlich wird und hieraus resultierend zu sozialer Verunsicherung führt. In der wichtigen Lebensphase ihres Aufwachsens brauchen gerade Jugendliche Orientierung und Struktur. Jugendarbeit hat zum Ziel, die jungen Menschen in ihrer Verschiedenheit zu erreichen.
Demokratie ist nicht selbstverständlich. Sie muss gelernt werden. Wie also können wir demokratisches Bewusstsein schaffen? Wir möchten junge Menschen zu politischer Kompetenz befähigen, damit sich in ihre Rolle als aktive Bürgerinnen und Bürger hineinwachsen und diese aktiv ausfüllen. Das bedeutet nicht nur, junge Menschen dazu zu motivieren, wählen zu gehen und sich (partei-)politisch zu betätigen. Politische Kompetenz bedeutet auch, sich mit unseren grundgesetzlich geschützten Freiheitsrechten auseinanderzusetzen, sie in ihren praktischen Auswirkungen im Alltag wertschätzen zu können und sich in Anspruch zu nehmen.
Bildung ist die elementare Voraussetzung für Demokratie. Dies umfasst aber nicht nur schulische, sondern insbesondere auch die außerschulische Jugendbildung. Vereine, Verbände und offene Einrichtungen leisten hier wegweisende Arbeit und eignen sich ideal als praktischer Übungsplatz für gelebte Demokratie.
Dazu gehört auch ehrenamtliches Engagement, das essentiell ist für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Wir stehen vor großen Herausforderungen, wenn es darum geht, junge Menschen für ein Ehrenamt zu gewinnen. Ein verdichteter Alltag mit Schule, Sozialleben und Freizeit macht es oft nicht leicht, noch ein Ehrenamt unterzubringen. Klassische, langfristige Engagementformen werden immer weniger, während kurze, informelle oder digitale Projekte beliebter werden. Diese Veränderungen werden natürlich auch bei der Arbeit in den Kinder- und Jugendverbänden spürbar und machen es notwendig, Strukturen und Angebote anzupassen.
Wir brauchen junge Menschen, die Verantwortung übernehmen für ein gutes gesellschaftliches Miteinander und damit auch für eine stabile Demokratie.
Medienkompetenz ist ein wesentlicher Bestandteil einer umfassenden Demokratiebildung.
Aus dem Alltag von Kindern und Jugendlichen sind Soziale Medien nicht mehr wegzudenken. Entsprechend holen sie ihre Informationen auch überwiegend online, beispielsweise über Plattformen wie Youtube, Instagram und TikTok. Auch bei der politischen Informationsbeschaffung spielen digitale Kanäle inzwischen eine sehr wichtige Rolle.
Wie alle Nutzerinnen und Nutzer Sozialer Medien sind auch Jugendliche regelmäßig mit Desinformation und Hassrede im Netz konfrontiert. Zu Falschmeldungen gelangen sie oft über Influencer, die diese über die einschlägigen Portale verbreiten. Aber auch technologische Entwicklungen führen dazu, dass sich Desinformationen einerseits rasant verbreiten und andererseits oft nicht leicht zu erkennen sind. Daher braucht es einen reflektierten Umgang mit Medien und Strategien, um Medieninhalte beurteilen zu können. Medienbildung wird also zu einem zunehmend bedeutsamen Querschnittsthema in allen Bereichen der Kinder- und Jugendarbeit und der Jugendsozialarbeit und zwar nicht nur für Jugendliche, sondern auch für das pädagogische Fachpersonal.
Die Teilhabe von zugewanderten Kindern und Jugendlichen soll unterstützt werden. Sie wollen und sollen an den Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe teilhaben. Zugewanderte Kinder und Jugendliche sind gleichberechtigte Akteure, die ihre Lebensgestaltung selbständig mitbestimmen wollen. Ziel ist es, Räume zu schaffen, in denen Kinder- und Jugendliche egal welcher Herkunft angstfrei ihre Meinung äußern und an der Gesellschaft teilhaben können. Nur so wird gewährleistet, dass allen Kindern und Jugendlichen eine Zukunftsperspektive eröffnet wird.
Die Potentiale von Migrantenselbstorganisationen und das Engagement in eigenen Organisationen soll gefördert werden und zugewanderte junge Menschen sollen in die in unserem Land so vielfältig vorhandenen Verbandsstrukturen eingebunden werden. Gemeinsam mit allen Partnern sollen aufsuchende außerschulische Bildungs- und Freizeitangebote geschaffen werden, um zugewanderte Kinder und Jugendliche zu erreichen und zur Teilhabe zu motivieren. So können sie selbst Projekte und Ideen umsetzen, dadurch Selbstwirksamkeit erfahren und soziale Kontakte knüpfen.
Ziel der Landesregierung ist es, die politische und gesellschaftliche Beteiligung junger Menschen in Baden-Württemberg auf allen Ebenen zu stärken und Projekte, Initiativen und Akteure bei der regionalen und lokalen Umsetzung zu unterstützen. Mit der Absenkung des Wahlalters wurden bereits Weichen gestellt. Partizipation im weiteren Sinne meint aber auch die Übernahme von Verantwortung für das Gemeinwohl und ein gelingendes Miteinander in der Gesellschaft durch freiwilliges Engagement, zum anderen auch die aktive Teilnahme junger Menschen an politischen Beteiligungsprozessen.
In der Gemeinde können junge Menschen Politik unmittelbar erfahren und sich selbst als Expertinnen und Experten ihres unmittelbaren Lebensumfelds politisch einbringen. Jugendgemeinderäte bzw. Jugendvertretungen sind eine gute Möglichkeit, dauerhafte Jugendbeteiligung auf kommunaler Ebene zu gewährleisten. Auch auf der Ebene der Landkreise und auf Landesebene sollen Dialog- und Mitwirkungsmöglichkeiten für junge Menschen auf- und ausgebaut werden.
Im Rahmen des Masterplans Jugend fördert das Sozialministerium eine Vielzahl unterschiedlicher Projekte zur Förderung und Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendbeteiligung.
Umsetzung: Beispielhafte Projekte und Maßnahmen
Im Rahmen des „Masterplans Jugend“ wird eine Vielzahl an Projekten gefördert, die neue Impulse für die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit setzen. Erfolgreiche Projekte, wie die Servicestelle Kinder- und Jugendbeteiligung wurden verstetigt. Laufend werden neue Vorhaben konzipiert, deren Bedarf sich aufgrund der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen und Herausforderungen gezeigt hat.
Ziel der seit 2018 geförderten Servicestelle Kinder- und Jugendbeteiligung ist es, die politische und gesellschaftliche Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Baden-Württemberg auf allen Ebenen zu stärken und die Projekte, Initiativen, Akteure und Akteurinnen bei der regionalen und lokalen Umsetzung zu unterstützen.
Sie wendet sich vorrangig an Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, d.h. haupt- und ehrenamtliche Fachkräfte in der Jugendhilfe, insbesondere der Kinder- und Jugendarbeit sowie Jugendsozialarbeit. Die Aufgabenschwerpunkte der Servicestelle Kinder- und Jugendbeteiligung sind Qualifizierung, Beratung, Vernetzung sowie Sichtbarmachung und Würdigung des Engagements junger Menschen. Im Rahmen dieser Schwerpunkte bietet die Servicestelle eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen an, die ständig weiterentwickelt werden, beispielsweise zielgruppenorientierte Qualifizierungen, Beratung und Begleitung in (lokalen) Beteiligungsprozessen, analoge und digitale Austauschformate zur Vernetzung sowie landesweite Fachveranstaltungen.
Mit Blick auf die Wahlrechtsreform hat die Servicestelle ab dem Jahr 2023 den Arbeitsbereich „Politische Kinder- und Jugendbeteiligung“ neu aufgenommen. Mit einer Kampagne für Erst- und Neuwählerinnen und -wähler zur Kommunalwahl 2024 wurden diese über ihr aktives Wahlrecht informiert und für Demokratie und Ausübung ihres Wahlrechts begeistert werden. In diesem Zusammenhang wurde ein Bündnis mit der LpB und mit dem Dachverband der Jugendgemeinderäte aufgebaut, das mit Blick auf die Landtagswahl 2026 fortgeführt werden soll.
Servicestelle Kinder- und Jugendbeteiligung Baden-Württemberg
Das Im Herbst 2022 gestartete Vorhaben will die ehrenamtliche Arbeit im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit stärken.
Der Rückgang an ehrenamtlichem Engagement in diesem Bereich hat sich schon in den vergangenen Jahren angedeutet, ist aber durch die Corona-Pandemie verstärkt bzw. beschleunigt worden, da der Übergang von Teilnehmenden zum Ehrenamt er-schwert bzw. aufgrund der Absage von Angeboten nicht erfolgen konnte. Verbände berichten zunehmend von Problemen, Ehrenamtliche für die Umsetzung ihrer Angebote zu gewinnen. Mit dem Projekt soll dieser Herausforderung aktiv begegnet werden.
Im Gegensatz zur Kinder- und Jugendbeteiligung auf kommunaler Ebene gibt es bislang nur wenig Dialog- und Mitwirkungsmöglichkeiten in den Landkreisen. Dabei werden viele Themen und Anliegen, die für junge Menschen relevant sind, auf Kreisebene entschieden (zum Beispiel ÖPNV, Breitbandversorgung, Bildungsmanagement und weitere).
Das seit 2021 geförderte Vorhaben soll dazu beitragen, den Stellenwert von Jugendbeteiligung auf der Landkreisebene zu steigern und neue Erkenntnisse zu einer niederschwelligen und inklusiven Jugendbeteiligung zu gewinnen.
Beteiligt sind acht Landkreise in Baden-Württemberg.
Im Rahmen des Projekts „Jugendgemeinderäte 4.0“ des Dachverbands der Jugendgemeinderäte wird seit 2018 das Knowhow zu Engagement und Teilhabe junger Menschen gefördert. Seither wurde eine Vielzahl junger Menschen zu Jugendbeteiligungsprofis qualifiziert. Diese können nun innerhalb ihrer Peer Group Jugendliche bei der Umsetzung von Beteiligungsformaten unterstützen.
Sehr gut angenommen werden auch die Website des Dachverbands und die aufgebaute Wissensdatenbank. Insbesondere wird der Fokus daraufgelegt, junge Menschen aus allen sozialen Schichten für die politische Gremienarbeit zu begeistern.
Im Hinblick auf die Kommunalwahlen 2024 hat der Dachverband eine Wahlkampagne für Erstwähler erarbeitet, die auch eine Vernetzung mit anderen Verbänden von Jugendlichen auf Landesebene anstrebt.
Im Verlauf der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass die Kinder- und Jugendarbeit sowie die Jugendsozialarbeit nur unzureichend auf die digitale Umsetzung von Vorhaben vorbereitet war und ein großer Bedarf an Weiterentwicklung besteht. Im Rahmen des Projekts sollen insbesondere die Medienkompetenz und die digitale Handlungskompetenz der Träger und Einrichtungen verbessert werden.
Bei der Beratung und Begleitung der Träger geht es insbesondere um den Aufbau entsprechender Strukturen. Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf der Unterstützung von Trägern bei der Erarbeitung medienpädagogischer Konzepte. Als dritte Säule wird die Unterstützung und Fortbildung der Mitarbeitenden selbst in den Blick genommen. Auf der Homepage des Projekts werden umfassende Materialien zur Verfügung gestellt.
Projektbüro Digitale Kinder- und Jugendarbeit und Jugendsozialarbei
Die bei der Landesarbeitsgemeinschaft Offene Jugendbildung Baden-Württemberg e.V. angesiedelte Projektfachstelle „Inklusion in der Kinder- und Jugendarbeit“ versteht sich als zentrale Anlaufstelle in Baden-Württemberg für inklusive Themen in der Kinder- und Jugendarbeit.
Sie bündelt Wissen und Erfahrungen zum Themenfeld und macht diese für die Praxis verfügbar. Sie berät und unterstützt Fachkräfte der Kinder- und Jugendarbeit und fördert die Vernetzung von Akteuren der Kinder- und Jugendarbeit mit der Behindertenhilfe auf Landesebene. Außerdem werden bedarfsgerechte Qualifizierungsmaßnahmen für haupt- und ehrenamtliche Fachkräfte entwickelt.
Projektfachstelle "Inklusion in der Kinder- und Jugendarbeit"
Das vom Landesjugendring umgesetzte Vorhaben will jungen Menschen die Möglichkeit bieten, eine eigene nachhaltige Lebensweise zu entwickeln und sich dabei auch aktiv an der Gestaltung einer nachhaltigen Kinder- und Jugendarbeit zu beteiligen. Es setzt an ihren vielfältigen Interessen an, will sie dabei unterstützen und Selbstwirksamkeit ermitteln.
Das Projekt bietet Kindern und Jugendlichen eine Plattform, ihre Verhaltensänderungen innovativ auszuprobieren und medial darzustellen. Innovative Lösungen zu verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen (z.B. Fashion, Digitalisierung, Klimaschutz, Ernährung) werden in den Kontext der eigenen Peer Group und der Kinder- und Jugend(-sozial)arbeit gestellt. So können individuelle Verhaltensänderungen in die jeweilige Gruppe und in die Strukturen der Kinder- und Jugend(-sozial)arbeit hineinwirken.
Gefördert werden bis zu 15 Challenge-Verbünde aus regionalen oder landesweit tätigen Organisationen bzw. Einrichtungen der Kinder- und Jugend(-sozial)arbeit.
Ein wichtiger Aspekt des Projekts ist auch die Implementierung der Online-Speiseplanungsplattform DEATER. Das Thema Ernährung spielt in der Kinder- und Jugendarbeit eine große Rolle und bietet direkten Praxisbezug zum Thema Nachhaltigkeit.