Sicherheit

Initiative Inklusive Katastrophenvorsorge Baden-Württemberg unter Schirmherrschaft von Innenminister Thomas Strobl gegründet

Gruppenfoto: Landes-Behindertenbeauftragte Simone Fischer mit weiteren Gründungsmitgliedern der Initiative „Inklusive Katastrophenvorsorge Baden-Württemberg“
Simone Fischer (Vierte von rechts) mit Gründungsmitgliedern der Initiative „Inklusive Katastrophenvorsorge Baden-Württemberg“ am 3. Juni 2024 in Stuttgart

Die Beauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Simone Fischer, und der DRK Landesverband Baden-Württemberg haben die Gründung der „Initiative Inklusive Katastrophenvorsorge Baden-Württemberg“ angeregt. Am Montag (3. Juni) wurde diese Initiative unter der Schirmherrschaft von Thomas Strobl, Minister des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen mit weiteren 14 Partnerinnen und Partnern in Stuttgart gegründet.

Neben den Fraktionen im Landtag sind dies die Kommunalen Landesverbände, der Landesfeuerwehrverband, die THW Landesvereinigung, die LAG Selbsthilfe, der Landesseniorenrat, der Landesschülerbeirat, die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege, und das Innenministerium Baden-Württemberg. Weitere Organisationen und zivilgesellschaftliche Verbände haben bereits ihre Mitwirkung zugesagt.

Im Rahmen der Gründungsveranstaltung wurden auch die aktuellen Ergebnisse der „Bestandsaufnahme zum Katastrophenmanagement und der Inklusion von Menschen mit Behinderungen (Projekt KIM)“ der Universität Tübingen vorgestellt.

Wertvoller Beitrag zu Sicherheit und Wohlergehen aller Menschen

Simone Fischer, Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, sagt: „Es ist erforderlich, Menschen mit Behinderungen in der Katastrophenvorsorge zu berücksichtigen. Ihre Bedürfnisse müssen beachtet und alle Beteiligten im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz dafür sensibilisiert sein. Es ist wichtig, Lücken zu identifizieren und zu schließen, um sicherzustellen, dass niemand aufgrund einer Beeinträchtigung benachteiligt wird. In Baden-Württemberg haben wir uns verpflichtet, diesem Ziel nachzukommen. Mein Dank gilt dem DRK Landesverband, den 14 Partnerinnen und Partnern sowie Herrn Minister Strobl, dass wir mit der gemeinsamen Initiative die inklusive Katastrophenvorsorge in Baden-Württemberg weiter voranbringen. Ich bin überzeugt, dass dies einen wertvollen Beitrag zu Sicherheit und Wohlergehen aller Menschen in Baden-Württemberg leisten wird.“
                                                                                                                   
Angesichts des Klimawandels und jüngster Naturkatastrophen, der Flut im Ahrtal 2021 und ganz aktuell die Auswirkungen des starken Unwetters in Baden-Württemberg und Bayern, der Corona-Pandemie, der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, aber auch einer älterwerdenden Bevölkerung und der damit einhergehenden Zunahme an Beeinträchtigungen und Pflegebedarf wächst die Bedeutung einer inklusiven Katastrophenvorsorge. Rund 960.000 schwerbehinderte Menschen leben in Baden-Württemberg. 540.401 Personen sind in Baden-Württemberg pflegebedürftig, davon leben 91.759 in Pflegeeinrichtungen. Katastrophenvorsorge muss alle Menschen einbeziehen, unabhängig von ihren Fähigkeiten und Bedarfen. Bund, Länder und Kommunen sowie soziale Einrichtungen und Rettungsdienste müssen diesem Anspruch gerecht werden.

Vulnerable Gruppen besonders in den Blick nehmen

Staatssekretär Thomas Blenke MdL sagt: „Menschen, die besondere Hilfe benötigen, müssen diese notwendige Hilfe gerade im Katastrophenfall auch erhalten. Es ist ein unmissverständlicher Auftrag unserer Verfassung an den Staat, vor allem Menschen mit Einschränkungen zu schützen und sich besonders um sie zu kümmern. Zum Glück fangen wir hier nicht bei null an – seit Jahren berücksichtigen wir das bei allen konzeptionellen Arbeiten und vor allem natürlich auch bei der Bewältigung der Einsatzlagen. Das verstärken und intensivieren wir weiter: Vulnerable Gruppen werden mitgedacht.“

Gleich ob Schulen, Pflegeeinrichtungen oder Wohngruppen von Menschen mit Behinderungen, es müsse den Bürgerinnen und Bürgern wie Helferinnen und Helfern klar sein, wie vor Ort im Katastrophenfall geholfen wird. Verschiedene Lebens- und Beeinträchtigungsformen bedingen unterschiedliche Maßnahmen. Dies zu berücksichtigen kann lebenswichtig sein, um entsprechend vor Gefahren zu warnen und Informationen bereitzustellen. Auch inklusive Notunterkünfte sind wichtig. Diese sollten so gestaltet sein, dass sie die Bedürfnisse aller Menschen, einschließlich Familien, geflüchteter und älterer Personen, Menschen mit Behinderungen und anderer marginalisierter Gruppen, erfüllen. Dazu zählt beispielsweise die Bereitstellung von speziellen Schlafmöglichkeiten oder barrierefreien Einrichtungen.

Neues Verständnis von Katastrophenvorsorge

Marc Groß, Geschäftsführer des DRK-Landesverbands Baden-Württemberg, sagt: „Wir brauchen dringend ein neues Verständnis von Katastrophenvorsorge: Inklusiv gedacht und so finanziert, dass die Ansprüche auch erfüllt werden können. Eine inklusive Katastrophenvorsorge macht Baden-Württemberg resilienter und handlungsfähiger in Krisen- und Katastrophenfällen. Sie umfassend umzusetzen und alle Beteiligten zu sensibilisieren, ist daher unerlässlich.”

Bisher gibt es keine aussagekräftige Zahlengrundlage, was den Stand der Katastrophenvorsorge für Menschen mit besonderem Schutzbedarf betrifft. Viele Gruppen, die sich im Katastrophenfall nicht problemlos und selbstständig in Sicherheit bringen können, sind in bestehenden Katastrophenschutzkonzepten nicht immer ausreichend berücksichtigt. Es gilt beispielsweise, barrierefreie Evakuierungspläne zu erstellen, um die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen. Dies kann die Bereitstellung von barrierefreien Transportmitteln und barrierefreien Unterkünften einschließen.

Die UN-Behindertenrechtskonvention, die Deutschland im Jahr 2009 unterschrieben hat und die für alle staatlichen Institutionen gilt, betont die Notwendigkeit, sicherzustellen, dass alle Menschen, unabhängig von ihren Fähigkeiten oder Einschränkungen, gleichen Zugang zu Schutz und Unterstützung in Gefahrensituationen haben. Die Realität zeigt, dass vulnerable Personengruppen bei der Planung von Maßnahmen im Rahmen der Katastrophenvorsorge und im Bevölkerungsschutz nicht immer genügend Beachtung finden. Dabei schließen beide eigentlich den ganzheitlichen Prozess des Krisen- und Risikomanagements (zum Beispiel Netzwerke schaffen, Risiken analysieren, Prozesse optimieren, Ressourcen bereitstellen) mit ein.

Ziele der Initiative

Die „Initiative Inklusive Katastrophenvorsorge Baden-Württemberg“ ist bundesweit einzigartig. Die Ziele lauten unter anderem:

  • Sensibilisierung für die Situation und Bedarfe von Menschen mit Behinderungen und anderen marginalisierten Gruppen im inklusiven Katastrophenschutz,
  • Entwicklung weiterer konkreter Maßnahmen zur Verbesserung der Vorsorge und des Schutzes für diese Personengruppen,
  • Feststellung und Schaffung von Finanzierungsmöglichkeiten von inklusivem Katastrophenschutz,
  • Förderung der Zusammenarbeit zwischen allen relevanten Akteuren, wie Behörden, Einrichtungen, Hilfsorganisationen und Menschen mit Behinderungen,
  • Gewinnung weiterer Akteure für die Initiative

Hintergrundinformationen

Unter Schirmherrschaft von Thomas Strobl, Minister des Innern, für Digitalisierung und Kommunen, wird die „Initiative Inklusive Katastrophenvorsorge Baden-Württemberg“ ins Leben gerufen, die sich gezielt der Schaffung einer inklusiven Katastrophenvorsorge für Menschen mit Behinderungen und anderen marginalisierten Gruppen widmet.

Gründungsmitglieder der Initiative sind neben der Beauftragten der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen und dem DRK Landesverband Baden-Württemberg der Landkreistag Baden-Württemberg, der Städtetag Baden-Württemberg, der Gemeindetag Baden-Württemberg, der Landesfeuerwehrverband Baden-Württemberg, die THW Landesvereinigung Baden-Württemberg, die LAG Selbsthilfe Baden-Württemberg, der Landesseniorenrat Baden-Württemberg, der Landesschülerbeirat Baden-Württemberg, die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege Baden-Württemberg, das Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Kommunen sowie die Landtagsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, CDU, SPD und FDP.

Rund 80.600 Personen mit Beeinträchtigungen haben zum Stichtag 31.12.2021 Anspruch auf Eingliederungshilfe, ein Zuwachs um 2,7 Prozent. Mehr als 41.300 Personen erhalten Assistenzleistungen. Das bedeutet eine Steigerung um rund acht Prozent. Knapp 52 Prozent der Leistungsberechtigten (21.247 Personen) leben in einer besonderen Wohnform, rund 45 Prozent leben im eigenen Wohnraum (18.653 Personen). 29.080 Personen erhalten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, fast 95 Prozent davon in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen. Rund 10.400 Personen erhalten Leistungen in Förder- und Betreuungsgruppen, rund 4.060 eine Leistung in einer Tagesbetreuung für Senior*innen. Auch diese Wohn- und Arbeitsorte müssen mit ihren spezifischen Bedingungen und den Bedürfnissen der dort lebenden und arbeitenden Menschen in Katastrophenschutz berücksichtigt werden.

Mit der Veranstaltung „Rette sich wer kann – Film und Gespräch“ haben die Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen und der DRK Landesverband Baden-Württemberg im Dezember 2023 gezeigt, warum der Katastrophenschutz dringend inklusiv sein muss. Bei der verheerenden Flut im Ahrtal sind im Sommer 2021 insgesamt 134 Menschen gestorben. In der Stadt Sinzig sind zwölf Bewohnerinnen und Bewohner im Erdgeschoss eines Wohnheims ertrunken. Der Film und das anschließende Gespräch widmeten sich den drängenden Bedürfnissen und Herausforderungen, die in Katastrophensituationen unter anderem Menschen mit Behinderungen betreffen.

Infomaterial zum Thema inklusive Katastrophenvorsorge (PDF)

Pressefoto zum Download:

Gründung der Initiative „Inklusive Katastrophenvorsorge Baden-Württemberg“ (JPG)

Quelle:

Die Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, DRK Landesverband Baden-Württemberg