Baden-Württemberg schafft Medizinstudienplätze für Studierende, die sich verpflichten, später als Landärztin oder Landarzt zu arbeiten. Die erste Bewerbungsrunde dafür startet voraussichtlich Ende April 2021.
„Nachdem der Landtag das Landarztgesetz im Februar beschlossen hat, freue ich mich sehr, dass wir nun zeitnah allen Interessierten die Möglichkeit zur Bewerbung öffnen können. Dies ist ein weiterer Schritt, um die hausärztliche Versorgung in Baden-Württemberg sicherzustellen“, sagte Sozialminister Manne Lucha am Sonntag (11. April) in Stuttgart anlässlich des näher rückenden Starts der Bewerbungsphase.
Das Land Baden-Württemberg hat mit dem „Gesetz zur Unterstützung der Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in Bereichen des öffentlichen Bedarfs in Baden-Württemberg“ (Landarztgesetz) den nächsten wichtigen Schritt getan, um das hausärztliche Versorgungsniveau zu verbessern und die medizinische Versorgung in Baden-Württemberg flächendeckend zu erhalten.
Bewerbungsphase startet voraussichtlich Ende April 2021
Über eine Vorabquote werden Medizinstudienplätze an Bewerberinnen und Bewerber vergeben, die sich verpflichten, nach Abschluss des Studiums und der fachärztlichen Weiterbildung mindestens zehn Jahre als Hausärztinnen und Hausärzte in einem Bedarfsgebiet tätig zu sein. Beim Auswahlverfahren wird daher ein besonderes Augenmerk auf die persönliche Eignung und Motivation der Bewerberinnen und Bewerber für den hausärztlichen Beruf gelegt.
Es ist vorgesehen, dass die Bewerbungsphase für das Wintersemester 2021/2022 Ende April 2021 startet. Weitere Informationen werden zeitnah auf der Homepage des Sozialministeriums veröffentlicht. Es ist vorgesehen, über die Landarztquote 75 Studienplätze pro Jahr zu vergeben.
Weitere Maßnahmen gegen Ärztemangel auf dem Land
Das Land hat bereits eine Vielzahl von wirksamen Maßnahmen gestartet, um die ärztliche Versorgung auf dem Land auch in der Zukunft zu sichern.
Mit dem Förderprogramm „Landärzte“ des Sozialministeriums engagiert sich Baden-Württemberg seit 2012 für die Sicherstellung einer zukunftsfähigen ambulanten medizinischen Versorgung im ländlichen Raum. Diese Fördermaßnahme wirkt sofort und greift die Versorgungslage nach der jeweils aktuellen Bedarfsplanung auf. Das Programm richtet sich an Ärztinnen und Ärzte, die gezielt im ländlichen Raum eine hausärztliche Tätigkeit übernehmen wollen. Mittlerweile wurden mit insgesamt knapp 3,8 Mio. Euro verschiedene Projekte von Praxisübernahmen oder Neueinrichtungen von Hausarztpraxen wie auch Anstellungen von Ärztinnen oder Ärzten zur Verbesserung oder Erhaltung der hausärztlichen Versorgung gefördert. Bis März 2021 bekamen 179 Hausärzte, Kinder- und Jugendärzte bis zu 30.000 Euro, wenn sie sich in einer ländlichen und förderfähigen Gemeinde niedergelassen haben. In 2020 und 2021 wurden bereits 56 Förderanträge in einem Gesamtwert von 1,185 Mio. Euro bewilligt.
Auch mit der Strategie zur Digitalisierung in Medizin und Pflege unterstützt das Ministerium für Soziales und Integration mit Förderaufrufen in den Bereichen Medizin und Pflege Projekte und Initiativen zur Verbesserung der medizinischen und pflegerischen Versorgung im Land. Insbesondere telemedizinische Projekte wie „docdirekt“ können dazu beitragen, die medizinische Versorgung in den ländlichen oder strukturschwächeren Regionen zu unterstützen.
Bereits zum Wintersemester 2020/21 hat das Land an den Medizinischen Fakultäten der Universitäten das neue Neigungsprofil „Ländliche Hausarztmedizin“ („Landarzt-Track“) eingeführt, das allen Studierenden offensteht und Zugänge zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Studium ermöglicht. Die Studierenden können in jedem Semester spezielle, inhaltlich aufeinander abgestimmte Ausbildungsmodule wählen. Dies motiviert für eine Tätigkeit im ländlichen Raum. In den Kursen werden die Studierenden auch mit regionalen Akteuren wie etwa Hausärztinnen und Hausärzten, regionalen ambulanten und stationären Versorgungszentren sowie Gemeinden, Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie Landrätinnen und Landräten zusammengebracht.
Zur besseren Abstimmung der akademischen Ausbildung mit den konkreten Anforderungen aus der Versorgung werden auch neue Strukturen der regionalen Vernetzung etabliert: Die Medizinischen Fakultäten in Freiburg, Heidelberg, Mannheim, Tübingen und Ulm richten fünf „Regionen für ärztliche Ausbildung“ ein, für die sie besondere Verantwortung übernehmen.
Die Vernetzung mit den akademischen Lehrkrankenhäusern und Lehrpraxen wird ebenfalls weiter gestärkt: Leistungsstarke Lehrkrankenhäuser sollen zusätzliche Aufgaben in der medizinischen Aus-, Fort- und Weiterbildung übernehmen. Eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Wissenschaftsministeriums und mit Beteiligung des Ministeriums für Soziales und Integration und des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat ein Konzept für die Etablierung von „Regionen für ärztliche Ausbildung“ sowie die verstärkte Einbindung besonders leistungsfähiger Kooperationspartner vorgelegt. Die Arbeitsgruppe umfasste die Medizinischen Fakultäten Baden-Württembergs, Expertinnen und Experten aus dem Fachbereich Allgemeinmedizin, Studierendenvertreter, Vertreterinnen und Vertreter der Versorgungsseite (z. B. Krankenhäuser, niedergelassene Ärzteschaft), des Öffentlichen Gesundheitsdiensts und des Berufsrechts (Landesärztekammer) sowie der Kommunalen Landesverbände.
Die Medizinischen Fakultäten nutzen die neuen gesetzlichen Vorgaben zur Studierendenauswahl mit Blick auf die verstärkte Profilbildung Allgemeinmedizin / regionale Versorgung und stimmen Auswahl und Profilangebote aufeinander ab. Die Medizinischen Fakultäten führen Absolventenstatistiken, die auch Aussagen darüber erlauben, wie viele ihrer Absolventinnen und Absolventen eine Tätigkeit in ländlichen Regionen Baden-Württembergs aufnehmen.
Die vom Wissenschaftsministerium vorangebrachte Akademisierung der Gesundheitsfachberufe wird die Versorgung der Menschen im ländlichen Raum ebenfalls qualitativ verbessern, indem das Fachkräftepotenzial in allen Regionen des Landes erweitert wird.
Auch über den Kabinettsausschuss Ländlicher Raum fördert das Land ein auf die Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung ausgerichtetes Projekt des baden-württembergischen Gemeindetags, des Hausärzteverbands und Genossenschaftsverbands. Mit dem Projekt soll modellhaft erprobt werden, medizinische Versorgungszentren in Form von Genossenschaften zu gründen, um sich beispielsweise Arbeit und Praxisräume zu teilen und auch bürokratische Lasten zu verringern.
Mit dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) hat das Land ein umfassendes Förderangebot für die strukturelle Entwicklung ländlich geprägter Dörfer, Gemeinden und Städte geschaffen. Lebendige Ortskerne zu erhalten, zeitgemäßes Leben und Wohnen zu ermöglichen, eine wohnortnahe Versorgung zu sichern sowie zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen sind hierbei die zentralen Ziele. Zu den Einrichtungen der Grundversorgung können auch Ärzte zählen. So können Landärzte über das ELR bei der Umsetzung investiver Maßnahmen in und an den Praxisräumlichkeiten gefördert werden.