Integration

Zahlen, Daten und Fakten zur baden-württembergischen Integrationspolitik

Berechne Lesezeit
  • Teilen
Integration Zahlen, Daten und Fakten zur baden-württembergischen Integrationspolitik

Vor fünf Jahren, im Spätsommer 2015, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise den inzwischen geschichtsträchtigen Satz: „Wir schaffen das“. Wir haben die Herausforderung angenommen und unseren Beitrag dazu geleistet, damit wir es in Baden-Württemberg schaffen.

Wir haben in zentralen Bereichen Angebote geschaffen, die die Integration der Geflüchteten im Land in den letzten fünf Jahren einen großen Schritt vorangebracht haben“, sagte Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha am Sonntag (13. September) in Stuttgart. „Das Ministerium für Soziales und Integration hat mit dem Pakt für Integration ein bundesweit einmaliges Programm zur zielgerichteten und koordinierten Integrationsförderung in den Kommunen geschaffen, flächendeckend Sprachkurse angeboten und die Integration in Ausbildung und Arbeit vorangebracht“, so der Minister weiter.

Geflüchtete in Baden-Württemberg

Im Jahr 2015 wurde mit knapp 98.000 Menschen ein historischer Höchststand an Asylsuchenden in Baden-Württemberg verzeichnet. Die prekäre politische Lage im Nahen und Mittleren Osten, besonders der andauernde Krieg in Syrien und die Migrationsbewegungen aus den Westbalkanländern, haben ab 2013 die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland stark ansteigen lassen. Ende 2019 lebten rund 210.000 Schutzsuchende in Baden-Württemberg, 70 Prozent von ihnen haben einen anerkannten Schutzstatus. Der Anteil der Schutzsuchenden an allen ausländischen Staatsangehörigen beträgt damit 12 Prozent (Stand 2019).

Integrationsmanagement: Koordination und Unterstützung vor Ort

„Damit Integration von Anfang an zügig erfolgen kann, bedarf es einer gut koordinierten und kontinuierlichen Unterstützung vor Ort. Mit dem ‚Pakt für Integration‘ zwischen dem Land und den Kommunen aus dem Jahr 2017 haben wir die Versorgung und Förderung von Geflüchteten auf eine solide Grundlage gestellt“, sagte Minister Lucha.

Ziel des "Paktes für Integration" - Hilfe zur Selbsthilfe

Kernstück des „Paktes für Integration“ ist das Förderprogramm zum kommunalen Integrationsmanagement. Ziel ist es, Hilfe zur Selbsthilfe nach dem Prinzip des Case-Managements zu leisten. Zentrale Aufgabe von Integrationsmanagerinnen und -managern ist die individuelle und niedrigschwellige Sozialberatung und -begleitung der Geflüchteten in Zusammenarbeit mit den Akteuren vor Ort. Die Geflüchteten sollen so in die Lage versetzt werden, sich einen Überblick über vorhandene Strukturen und Angebote zu verschaffen und diese selbständig zu nutzen. Am Beginn jeder Beratung steht die Erstellung des Integrationsplans, der die zu erreichenden Integrationsziele fixiert und der kontinuierlich fortgeschrieben wird. „Das Integrationsmanagement ist ein Leuchtturmprojekt des Landes“, so der Minister. „Als Kernstück des Pakts für Integration ist es in dieser Form bundesweit einzigartig. Wir haben so die soziale Beratung und Begleitung von Geflüchteten flächendeckend im Land sichergestellt.“

Derzeit haben fast alle 1.101 Städte und Gemeinden im Land das Integrationsmanagement eingeführt. Für die Jahre 2020 und 2021 stellt das Land jeweils 58 Millionen Euro dafür zur Verfügung. Die rund 1.200 Integrationsmanagerinnen und -manager haben über 1,4 Millionen Beratungsgespräche geführt (Stichtag 31.01.2020) und rund 59.000 individuelle Integrationspläne vereinbart. Die häufigsten Themen der Beratungsgespräche betreffen die Bereiche Wohnen, Kinder, Arbeitsmarkt, Sprache und Gesundheit.

Sprachförderung flächendeckend angelegt

Ein zentrales Element der Integration ist das Erlernen der deutschen Sprache. Sie ermöglicht soziale Teilhabe und ist Voraussetzung für die Aufnahme einer Ausbildung oder Erwerbsarbeit. Mit dem Förderprogramm VwV Deutsch (Verwaltungsvorschrift Deutsch) stellt das Ministerium für Soziales und Integration allen Stadt- und Landkreisen Mittel für die Durchführung von Sprachkursen zur Verfügung. Das im März 2015 verabschiedete Programm richtet sich hauptsächlich an Geflüchtete, die keinen Zugang zu Sprachkursen des Bundes haben, also im Wesentlichen an Migrantinnen und Migranten mit unsicherer Bleibeperspektive. Ihnen soll ergänzend ein sprachliches Angebot gemacht und damit eine Perspektive zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gegeben werden. An den Kursen haben bis einschließlich 2019 über 16.000 Personen teilgenommen. Die im Landeshaushalt zur Verfügung stehenden Mittel wurden von rund 4,6 Millionen Euro im Jahr 2015 kontinuierlich auf rund 10 Millionen Euro für die Jahre 2020 und 2021 erhöht.

Integration in Ausbildung und Arbeit ist zentral

Ohne eine erfolgreiche Integration in Ausbildung und Arbeit ist eine gelingende gesellschaftliche Integration von Geflüchteten nicht möglich. Untersuchungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) zeigen für Deutschland, dass fünf Jahre nach Ankunft rund die Hälfte der Geflüchteten erwerbstätig ist und die Integration in Arbeit damit schneller gelingt als in der Vergangenheit bei anderen Flüchtlingsgruppen. Zentral für die Integration in Arbeit ist neben Sprachkenntnissen die rechtliche Sicherheit im Hinblick auf eine Bleibeperspektive von Geflüchteten. Daher setzt sich das Ministerium für Soziales und Integration für die Weiterentwicklung des bundesgesetzlich geregelten Aufenthaltsrechts ein, um zum Beispiel auch für Personen mit Duldung über die Integration in Ausbildung und Arbeit eine Perspektive in Deutschland zu eröffnen. Minister Lucha: „Geflüchtete, die in den vergangenen Jahren nach Baden-Württemberg gekommen sind und insgesamt eine sehr hohe Arbeitsmotivation aufweisen, haben vielfach Potenziale, die wir in Baden-Württemberg dringend brauchen, um dem Fachkräftemangel zum Beispiel in Gesundheitsberufen zu begegnen. Geflüchtete, die hier bei uns schaffen, unsere Sprache lernen und sich nichts zu Schulden kommen lassen, sollen auch bei uns bleiben können“, forderte Lucha. Unterstützung bekommt er dabei von vielen Unternehmerinnen und Unternehmer im Land, die Geflüchtete einstellen und ausbilden und deren wertvolle Arbeit schätzen. Geflüchtete, die im Ausland bereits einen beruflichen Abschluss erworben haben, finden bei den vom Ministerium für Soziales und Integration geförderten Anerkennungsberatungsstellen Unterstützung beim Anerkennungsprozess ihrer im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen. Die Beratungsstellen sind daher ein wichtiger Baustein bei der Integration von Geflüchteten und haben sich in hohem Maße bewährt. Ständig steigende Beratungszahlen belegen dies eindrücklich.

Hilfe für traumatisierte Geflüchtete

Zahlreiche Geflüchtete haben auf ihrem Weg nach Deutschland oder in den Herkunftsländern traumatisierende Erlebnisse erdulden müssen. Diese können die Integrationsbemühungen zusätzlich erschweren und auch Jahre später noch ein selbstständiges Leben beeinträchtigen. Das Land Baden-Württemberg stellt daher Zuschüsse für Psychosoziale Zentren (PSZ) für Geflüchtete und Folteropfer sowie vergleichbare Einrichtungen bereit, die seit 2016 von 500.000 Euro auf 1.870.000 Euro im Jahr 2020 ausgeweitet wurden. Ziel des Ministeriums für Soziales und Integration ist ein qualifiziertes und möglichst flächendeckendes Angebot zur ambulanten dolmetschergestützten psychotherapeutischen und psychosozialen Versorgung von traumatisierten Geflüchteten.

Herausforderungen bleiben bestehen

„Trotz aller Angebote und Unterstützung bleiben Herausforderungen bei der Integration von Geflüchteten bestehen. Integration ist ein Prozess, der Zeit in Anspruch nimmt und bei dem enorme Hürden genommen werden müssen“, stellt Minister Lucha fest. Nicht alle Integrationsbemühungen der letzten fünf Jahre waren durchweg erfolgreich. Immer wieder gibt es vor allem unter jungen männlichen Geflüchteten Personen, deren schulische und berufliche Integration bisher nicht gelingt. Das Ministerium für Soziales und Integration fördert mit 81.000 Euro zum einen ein Forschungsprojekt der Pädagogischen Hochschule Freiburg, das die Problemlagen dieser Gruppe analysiert und Ansatzpunkte für Unterstützungsmaßnahmen auf sozialarbeiterischer, struktureller und politischer Ebene identifiziert. Parallel dazu wird die Umsetzung eines Modellprojekts „Streetworker“ geplant, das in den Jahren 2021 und 2022 mit insgesamt 800.000 Euro neue, innovative Konzepte der mobilen Jugendsozialarbeit zum Umgang mit jungen Erwachsenen erprobt und auf andere Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg übertragbar ist.

Weitere Informationen:

Pakt für Integration - Wortlaut