Die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen in jeglicher Form, sei es häusliche Gewalt, Zwangsprostitution und Menschenhandel oder die Verstümmelung weiblicher Genitalien ist eine Verpflichtung für uns. Unter unserer Federführung wurde daher in Zusammenarbeit mit der Fachpraxis der Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen erarbeitet.
Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter. Übergriffe finden jeden Tag und in allen Lebensbereichen statt – am Arbeitsplatz, in der Freizeit oder in der Partnerschaft. Sie ziehen sich durch alle Schichten der Gesellschaft, unabhängig von Bildungsniveau, Einkommen oder sozialer Herkunft der Beteiligten. Es ist leider eine traurige Wirklichkeit, dass jede vierte Frau im Laufe ihres Lebens Gewalt durch den eigenen Partner erlebt.
Um Frauen wirksam vor häuslicher Gewalt zu schützen und gewaltbetroffene Frauen bestmöglich zu unterstützen, braucht es auch ein Umdenken in der Gesellschaft. Hier ist es unsere Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass die Rechte von Frauen gestärkt und die bestehenden Schutz-, Beratungs- und Präventionsangebote gesichert werden. Unter unserer Federführung wurde daher in enger Zusammenarbeit mit der Fachpraxis der Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen erarbeitet.
Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen
Der Aktionsplan beschreibt das bestehende baden-württembergische Hilfesystem, erarbeitet Handlungsbedarfe und gibt zugleich einen darauf aufbauenden Maßnahmenkatalog vor, um diese Hilfen noch zielgenauer zu verbessern. Anders als in anderen Bundesländern nimmt der baden-württembergische Landesaktionsplan nicht allein die häusliche Gewalt in den Blick, sondern auch sexualisierte Gewalt, Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, Zwangsprostitution und Zwangsverheiratung.
Zielsetzung des Landesaktionsplans ist es, Täter in Verantwortung zu nehmen und Opfer zu schützen und in der Perspektive auf ein Leben ohne Gewalt zu unterstützen durch
- eine bedarfsdeckende und bedarfsgerechte Versorgung mit Frauen- und Kinderschutzhäusern, Schutzwohnungen und ambulanten psychosozialen Unterstützungsangeboten für gewaltbetroffene Frauen,
- gut aufeinander abgestimmte polizeiliche, psychosoziale, (rechts-) medizinische, zivil- und strafrechtliche Interventionsverfahren,
- eine nachhaltige Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit.
Der Landesaktionsplan sowie die dazugehörigen Anlagen stehen am Ende der Seite zum Download zur Verfügung.
Der Landesaktionsplan ist das Ergebnis einer fast zweijährigen Erarbeitungsphase und wurde am 9. Dezember 2014 vom Kabinett verabschiedet. An der Erstellung waren insbesondere Vertreterinnen und Vertreter des Frauenhilfe- und -unterstützungssystems, der kommunalen Landesverbände, der Bundesagentur für Arbeit, der Landesärztekammer sowie der betroffenen Landesministerien beteiligt. Fünf interdisziplinäre Facharbeitsgruppen erarbeiteten Maßnahmenvorschläge und Standards zu den Themenbereichen „Finanzierung“, „Strukturen und Weiterentwicklungen“, „Interventionsketten“, „Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit“ sowie „Medizinische Intervention und verfahrensunabhängige Beweissicherung“.
Im letzten Teil des Landesaktionsplans gegen Gewalt an Frauen sind insgesamt 35 Maßnahmen festgeschrieben, die von der Landesregierung umzusetzen sind. Die Maßnahmen haben zum Ziel, ein bedarfsgerechtes Angebot an Frauen- und Kinderschutzhäusern sowie spezialisierten Fachberatungsstellen vorzuhalten und darauf aufbauend eine bedarfsgerechte Versorgung von gewaltbetroffenen jungen volljährigen Frauen sowie von Frauen mit Pflege- und Betreuungsbedarfs aufgrund von Alter, psychischer Erkrankung, Sucht oder Behinderung sicherzustellen. Daneben nehmen die Maßnahmen den Schutz vor akuter Gewalt durch gut abgestimmte Interventionsketten in den Blick sowie die Präventionsarbeit, um der Gewalt gegen Frauen vorzubeugen.
Als eine Maßnahme aus dem Landesaktionsplan wurde die Landeskoordinierungsstelle zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen eingerichtet, die die Umsetzung der Maßnahmen aus dem Aktionsplan begleitet.
Die Koordinierungsstelle arbeitet mit den verschiedenen Akteuren auf kommunaler-, Landes- und Bundesebene zusammen und unterstützt auf diese Weise den behörden- und institutionenübergreifenden Erfahrungs- und Informationsaustausch. Ziel ist es, die Vernetzung und Kooperation zwischen den verschiedenen Akteuren auf Landes- und kommunaler Ebene verbindlicher zu gestalten und sie besser miteinander zu verzahnen.
Die Landeskoordinierungsstelle fördert außerdem den fachlichen Diskurs und betreibt Öffentlichkeitsarbeit, um auf den Landesaktionsplan aufmerksam zu machen und das Thema in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken.
Zusätzlich wurde als weitere Maßnahme ein behörden- und institutionenübergreifender Beirat eingesetzt, der die Umsetzung des Landesaktionsplans begleitet und einen kontinuierlichen Fach- und Informationsaustausch sicherstellt. Der Beirat besteht seit Ende 2015 und tagt seitdem regelmäßig.
Der Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen verfolgt das Ziel, ein bedarfsgerechtes Angebot an Frauen- und Kinderschutzhäusern und spezialisierten Fachberatungsstellen gegen Gewalt an Frauen vorzuhalten. Dafür hat das Institut für angewandte Sozialwissenschaften an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg im Auftrag des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg im Jahr 2016 eine landesweite Bestandsaufnahme des Frauenhilfe- und - unterstützungssystems durchgeführt.
Die Untersuchung zeigt, dass das Angebotsspektrum für von Gewalt betroffene Frauen in Baden-Württemberg breit gefächert und fachlich qualifiziert umgesetzt ist. Die Frauenhäuser und Beratungsstellen kooperieren untereinander und sind mit anderen Einrichtungen und weiteren Akteuren gut vernetzt. Trotz hoher Nachfrage und begrenzter Mittel investieren die Einrichtungen einen hohen Prozentsatz ihrer Arbeitszeit in die Öffentlichkeitsarbeit. Darüber hinaus hat die Untersuchung auch festgestellt, dass die Unterstützungsangebote nicht für alle Betroffenen gleichermaßen niederschwellig zugänglich sind. Insbesondere Frauen mit Behinderungen, psychisch kranke oder suchtkranke Frauen sind hiervon betroffen.
Die Bestandsaufnahme zur Situation des spezialisierten Hilfesystems im Bereich Gewalt gegen Frauen in Baden-Württemberg steht rechts zum Download zur Verfügung.
Als eine weitere Maßnahme aus dem Landesaktionsplan hat das Institut für angewandte Sozialwissenschaften an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg im Auftrag des Ministeriums für Soziales und Integration die „Bedarfsanalyse zur Vorhaltung eines bedarfsdeckenden Angebots an Frauen- und Kinderschutzhäusern und spezialisierten Fachberatungsstellen gegen Gewalt an Frauen Baden-Württemberg“ durchgeführt. Unter Einbeziehung der Vertreterinnen und Vertreter aus dem Frauenhilfe- und -unterstützungssystem sowie betroffenen Schnittstellenbereichen wurden über den Zeitraum von einem Jahr verschiedene Versorgungslücken innerhalb des Hilfesystems wissenschaftlich aufgearbeitet. Auf dieser Grundlage werden in der Bedarfsanalyse Problemfelder definiert und damit einhergehend die Anforderungen an die Versorgung von gewaltbetroffenen Frauen in den Blick genommen.
Die Bedarfsanalyse steht am Seitenende zum Download zur Verfügung.
Noch immer gibt es in Baden-Württemberg weiße Flecken, was die Unterstützungsstrukturen für Frauen mit Gewalterfahrung angeht. Dies geht aus der Bestandsabfrage hervor, die das Land im Zuge des Landesaktionsplans gegen Gewalt an Frauen erstellt hat.
Die von der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg im Auftrag des Ministeriums für Soziales und Integration erstellte „Bestands- und Bedarfsabfrage der Fachberatungsstellen in Baden-Württemberg für Prostitution, Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt, Interventionsstellen, Frauennotrufe und Beratungsstellen für sexuellen Missbrauch von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden“ wurde dem Beirat zur Umsetzung des Landesaktionsplans gegen Gewalt an Frauen am 23. Juli 2019 offiziell vorgestellt und kann untenstehend im Download-Bereich heruntergeladen werden.
Ziel der Bestands- und Bedarfsanalyse ist es, die spezialisierten Fachberatungsstellen im Hinblick auf die aktuelle Versorgungslage für die Zielgruppen, die inhaltliche und konzeptionelle Ausrichtung sowie auf die personellen und organisatorischen Strukturen der Angebote der Fachberatungsstellen zu untersuchen.
Kontakt Landeskoordinierungsstelle
Landeskoordinierungsstelle zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen
Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg
Else-Josenhans-Str. 6
70173 Stuttgart
landeskoordinierungsstelle@sm.bwl.de
Eine Beratung im Einzelfall kann und darf vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration nicht erteilt werden.