Junge Menschen, die durch soziale Benachteiligung oder individuelle Beeinträchtigung auf Unterstützung angewiesen sind, sollen diese im Rahmen der Jugendhilfe erhalten. Möglichst ortsnahe und lebensweltbezogene sozialpädagogische Hilfen fördern ihre schulische und berufliche Ausbildung.
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche, Hilfe für junge Volljährig
Wenn Hilfen zur Erziehung notwendig und geeignet sind, haben sorgeberechtigte Personen, in der Regel die Eltern, hierauf einen Rechtsanspruch (§ 27). Wer Hilfe, Rat oder Unterstützung benötigt oder mit Erziehungssituationen nicht mehr allein zurecht kommt, kann sich an das Jugendamt, eine Beratungsstelle oder an Fachkräfte in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe wenden.
Die Personensorgeberechtigten und die Kinder oder Jugendlichen sind bei den Entscheidungen darüber, ob eine Hilfe notwendig und geeignet ist und wenn ja, welche Hilfe es sein soll und wer sie erbringen soll, immer mit einzubeziehen. Das Wunsch- und Wahlrecht (§ 5) wurde deshalb noch erweitert. Bei längerfristigen Hilfen muss zusammen mit den Sorgeberechtigten und dem Kind oder Jugendlichen ein Hilfeplan aufgestellt werden (§ 36). Hierfür ist eine ausführliche Information und Beratung Voraussetzung.
Diese Hilfen können auch über 18-Jährige erhalten (§ 41), wenn es auf Grund ihrer individuellen Situation erforderlich ist und sie zu einer Mitarbeit bereit sind. In der Regel gilt dies allerdings nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres – in begründeten Einzelfällen auch für eine begrenzte Zeit darüber hinaus.
Die Kosten für Hilfen zur Erziehung trägt grundsätzlich das Jugendamt. Bei einer Unterbringung außerhalb der eigenen Familie und bei der Erziehung in Tagesgruppen wird geprüft, ob und in welcher Höhe die Eltern, Minderjährigen und jungen Erwachsenen zu den Kosten herangezogen werden (§§ 90 – 96). Eine notwendige Hilfe darf aber auf keinen Fall an Kostenfragen scheitern.
Vollzeitpflege und Heimerziehung
Durch Erkrankung oder durch soziale Einschränkungen und Belastungen kommt es immer wieder vor, dass Eltern ihre Kinder nicht ausreichend versorgen können, sie gefährden oder sogar schädigen. Wenn ein Kind nicht in seiner Herkunftsfamilie verbleiben kann, muss unter Abwägung der spezifischen Gegebenheiten eine Entscheidung herbeigeführt werden, wo das Kind am Besten unterzubringen ist.
Dabei wird zwischen der Unterbringung in einer Vollzeitpflegestelle nach § 33 SGB VIII (in einer fremden Familie oder bei Verwandten) oder der Unterbringung in Heimerziehung nach § 34 SGB VIII oder in einer anderen betreuten Wohnform unterschieden. Für die Betreuung der Familie und die Entscheidung, welche Hilfeform für das Kind oder den Jugendlichen geeignet ist, ist das örtliche Jugendamt zuständig. Grundsätzlich bevorzugen die Jugendämter in Baden-Württemberg die Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien.
Vollzeitpflege
Voraussetzung für die Unterbringung eines Kindes oder Jugendlichen in einer Pflegefamilie ist, dass ausreichend geeignete Pflegeeltern für diese verantwortungsvolle Aufgabe zur Verfügung stehen.
Die Problemlagen der Pflegekinder sind wesentlich komplexer geworden. Oft waren sie erheblichen Belastungen ausgesetzt, wie Vernachlässigung, Misshandlung oder sexueller Gewalt. Diesen Kindern ein liebevolles Zuhause zu geben und sie für einen kurzen Zeitraum oder auch auf Dauer auf ihrem Lebensweg zu begleiten, setzt ein hohes Engagement der Pflegefamilie voraus.
Abhängig vom Alter und Entwicklungsstand des Pflegekindes und der Veränderung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie, kann es sich um eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder um eine auf Dauer angelegte Lebensform handeln.
Anforderungen für eine passende Pflegefamilie
Die Frage, ob Pflegeeltern zur Aufnahme eines Vollzeitpflegekindes geeignet sind, lässt sich nicht nur anhand von allgemeinen Eignungskriterien, wie zum Beispiel gesundheitliche Eignung, geordnete wirtschaftliche Verhältnisse, kindgerechte Wohnung und „guter Leumund“ bestimmen. Darüber hinaus ist auch eine Vielzahl von individuellen Fragen vor der Vermittlung durch die Fachkräfte des Jugendamtes zu prüfen.
Zu klären ist zum Beispiel, ob das zu vermittelnde Kind mit seiner bisherigen Biografie und seinem familiären Hintergrund zu den Erwartungen und dem Selbstverständnis sowie dem kulturellen und weltanschaulichen Hintergrund der Pflegefamilie passt. Auch sollten sich die Erwartungen der Pflegefamilie an die Aufnahme eines Pflegekindes mit den Wünschen und Vorgaben der Personensorgeberechtigten vereinbaren lassen.
So kann es trotz aller Bemühungen des Jugendamtes vorkommen, dass eben keine passende Pflegefamilie zur Verfügung steht.
Weiterführende Links:
Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII)
Kommunalverband für Jugend und Soziales/Pflegeeltern
service-bw.de: Hilfen zur Erziehung
PFAD e.V. Landesverband Baden-Württemberg
Pflegeelternschule Baden-Württemberg e.V.
Downloads:
Liste der Jugendämter in Baden-Württemberg (PDF)
Landtagsantrag Pflegekinderwesen 2009 (PDF)
Viele suchen jemand, mit dem man nur so reden kann, der sich auskennt, sich aber nicht aufdrängt. Sie auch? Du auch?
Manche würden am liebsten weglaufen. Andere sind es schon. Einige haben gerade eben etwas Schreckliches erlebt. Andere quälen sich schon seit Wochen mit etwas, was sie niemand sagen können.
Beim Kreis- oder Stadtjugendamt und bei Organisationen der freien Wohlfahrtspflege (Caritas, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt, Paritätischer Wohlfahrtsverband oder wie sie sonst heißen) gibt es Sozialarbeiter. Die haben gelernt zuzuhören. Die haben Schweigepflicht wie Ärzte. Fragen Sie nach dem ASD – das heißt: „Allgemeiner Sozialer Dienst“ – oder nach der Jugendberatung.
Wer für den Tag oder die Nacht Schutz sucht: Alle Kreis- und Stadtjugendämter haben oder vermitteln Inobhutnahme (das altmodische Wort bedeutet so etwas wie „Unterschlupf“) in einer geeigneten Unterkunft für junge Menschen.
Die Sozialarbeiter haben Verständnis dafür, wenn jemand anonym beraten werden will. Das gilt auch für die Telefon-Hotline des Deutschen Kinderschutzbundes.
Unter der gebührenfreien Nummer
erreicht man Montag bis Samstag von 14 - 20 Uhr jeweils die nächstgelegene Beratungsstelle.
Weiterführende Links:
Schulen am Heim sind nach dem Privatschulgesetz als Ersatzschulen genehmigte Sonderschulen freier Träger, die einem Heim der Jugend- und Behindertenhilfe angeschlossen sind.
Im Gegensatz zu privaten Heimsonderschulen, die zum Geschäftsbereich des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport gehören, stehen bei den Schulen am Heim die Unterbringung in einem den besonderen Bedürfnissen des Kindes oder Jugendlichen entsprechenden Heim im Vordergrund. Hierzu gehören Förderschulen für Lernbehinderte, Schulen für Erziehungshilfe, Schulen für Geistig- und für Körperbehinderte, Sonderberufs- und Sonderberufsfachschulen, sowie Berufsbildungswerke.
Förderung durch das Land
Nach § 28 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes für Baden-Württemberg (LKJHG) haben die den anerkannten Heimen und Berufsbildungswerken angegliederten Schulen einen Rechtsanspruch auf Förderung durch das Land. Die Zuschüsse umfassen die Übernahme der Personalkosten für Lehrer und Ausbilder an den Schulen, sowie einen Sachkostenzuschuss entsprechend den in der am 31.12. des Vorjahres geltenden Schullastenverordnung festgelegten Sätzen für die im Heim untergebrachten und externen Schüler.
Es werden rund 8.100 Schüler an den Schulen am Heim und rund 3.200 Schüler an den Berufsbildungswerken unterrichtet. Dabei liegt der Anteil der Schüler, die eine Schule für Erziehungshilfe besuchten, bei ca. 43 %.
Zunehmend werden Außenstellen bzw. Außenklassen eingerichtet, um eine wohnortnahe Beschulung zu ermöglichen und eine frühzeitige Rückschulung in die allgemeinen Schulen zu unterstützen.
Das Kinder- und Jugendhilfegesetz hat der Erziehungs- oder Familienberatung einen gesetzlich definierten Platz innerhalb der individuellen Leistungen der Jugendhilfe zugewiesen.
Dabei werden in § 16 SGB VIII die Angebote der Beratung in allgemeinen Fragen der Erziehung und Entwicklung junger Menschen und in § 28 SGB VIII die den ambulanten Hilfen zur Erziehung zugerechnete Erziehungsberatung genannt.
Immer häufiger führen die Lebensbedingungen von Familien dazu, dass Eltern der hohen Verantwortung nicht mehr oder nicht mehr ausreichend gerecht werden können, die ein Zusammenleben mit Kindern mit sich bringt. Ein zunehmender Teil der Kinder und Jugendlichen leidet unter psychischen und psychosomatischen Störungen. Daneben stehen Eltern und Kinder unter erheblichem Leistungsdruck. Beziehungen von Eltern werden immer instabiler, zunehmend mehr Ehen werden geschieden. Entsprechend viele Kinder und Jugendliche haben psychische und soziale Folgen der Trennung zu bewältigen. Das aus diesen schwierigen Bedingungen resultierende Bedürfnis nach fachlicher Unterstützung wird durch eine stetige Zunahme von Anfragen an die Familienberatung insbesondere in Form der Erziehungsberatung eindringlich dokumentiert.
Besonders häufig in Anspruch genommen wird Erziehungsberatung von Kindern und Jugendlichen, die bei einem allein erziehenden Elternteil leben.
Erziehungsberatung zielt darauf ab, die Personensorgeberechtigten in ihrer Erziehungsverantwortung zu unterstützen, um eine dem Wohle des Kindes entsprechende Erziehung sicher zu stellen. Nach § 28 SGB VIII sollen Erziehungsberatungsstellen Kinder, Jugendliche und Erziehungsberechtigte
- bei der Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme und der zu Grunde liegenden Faktoren,
- bei der Lösung von Erziehungsfragen sowie
- bei Trennung und Scheidung
unterstützen.
Diese gesetzlich vorgegebene Definition wird ergänzt durch die Vielfalt von Fragestellungen, mit denen sich Ratsuchende an Erziehungsberatungsstellen wenden. Dies können sowohl akute Krisen und Probleme als auch dauerhafte Beeinträchtigungen sein.
Das Sozialministerium Baden-Württemberg leistet Mitgliedsbeiträge an Institutionen, die bundesweit auf dem Gebiet der Jugendhilfe tätig sind.
Diese Mitgliedbeiträge, die durch Übereinkunft der Länder festgelegt wurden, werden nach dem Königsteiner Schlüssel berechnet.
Unter anderem werden das Deutsche Jugendinstitut in München, die Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe in Bonn und das Deutsche Institut für Jugendhilfe/Familienrecht in Heidelberg gefördert. Daneben werden weitere Vereinigungen gefördert, die in Baden-Württemberg auf dem Gebiet der sozialen Jugendhilfe tätig sind.
Der Königsteiner Schlüssel wird für die Aufteilung von Beiträgen auf die Länder verwandt. Die Bezeichnung geht zurück auf das Königsteiner Staatsabkommen der Länder von 1949, mit dem dieser Schlüssel eingeführt worden ist. Die Berechnung des Königsteiner Schlüssels wird jährlich von der Bund-Länder-Kommission (BLK-Geschäftsstelle) durchgeführt. Sie ist abhängig vom Steueraufkommen und der Bevölkerungszahl der einzelnen Bundesländer.
Kinder, Jugendliche, Eltern und andere Erziehungsberechtigte können sich bei Erziehungsfragen und bei persönlichen oder familienbezogenen Problemen an Erziehungs- und Familienberatungsstellen wenden.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Einrichtungen haben die Aufgabe, zusammen mit den Ratsuchenden deren Probleme zu klären und Lösungen ihrer Fragen zu suchen.
Mit ihren breiten Fachkenntnissen helfen die Beraterinnen und Berater Kindern, Jugendlichen und Eltern, ihre Schwierigkeiten zu bewältigen. Auch bei Fragen und Konflikten im Zusammenhang mit Trennungen und Scheidungen bieten die Erziehungs- und Familienberatungsstellen allen Familienmitgliedern ihre professionelle Hilfe an.
Weiterführende Links:
Downloads:
Adressliste Erziehungsberatungsstellen in Baden-Württemberg (XLS)
Beteiligungsprozess zur Novellierung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes für Baden-Württemberg
Am 10. Juni 2021 ist das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz des Bundes (KJSG) in Kraft getreten. Mit ihm wurden eine große Anzahl von Vorschriften im Achten Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) und im Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) geändert. In einigen neuen und geänderten Vorschriften des SGB VIII sind ausdrücklich Landesrechtsvorbehalte enthalten – diese heißt es jetzt zu konkretisieren und umzusetzen. Gleichzeitig hat sich die Landesregierung zum Ziel gesetzt, die Kinder- und Jugendrechte im Land zu stärken, den Schutz von Kindern und Jugendlichen auszuweiten und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen bei den sie unmittelbar betreffenden Entscheidungen besser abzusichern.
In einem breit angelegten Beteiligungsprozess mit allen kommunalen Landesverbänden und allen Spitzen- und Dachverbänden der Träger der freien Jugendhilfe sowie einer Jugendanhörung wurden die Stellungnahmen für künftige Rechtsnormen erarbeitet. Anhand dieser Stellungnahmen hat sich das Sozialministerium zur Aufgabe gemacht, die Novellierung des Kinder- und Jugendhilfegesetz für Baden-Württemberg (LKJHG) noch in dieser Legislaturperiode zu erarbeiten und den Gesetzgebungsprozess abzuschließen:
- Gesamtstellungnahme der Empfehlungen Arbeitsgruppe LKJHG BW (PDF)
- Stellungnahme des Landesjugendkuratoriums Baden-Württemberg zur Novellierung des LKJHG BW (PDF)
- Dokumentation der Jugendanhörung zur Novellierung des LKJHG BW (PDF)
- Aktueller Gesetzestext LKJHG BW in der Fassung vom 14. April 2005 (PDF)