Dokumentation

Dritter Fachtag „Armut und Teilhabe“ am 4. Juni 2025

Teilnehmende aus Praxis, Politik und Interessenvertretungen von Menschen in Armut sowie Menschen mit Armutserfahrung diskutierten die Ergebnisse aus der Armutsberichterstattung sowie die Fördermaßnahmen des Landes.

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Eine Frau steht in einem Raum vor Seminarteilnehmenden, hinter ihr hängen große Poster mit Notizen an der Wand.

Am 4. Juni 2025 fand im Haus der Wirtschaft in Stuttgart der Dritte landesweite Fachtag „Armut und Teilhabe Baden-Württemberg“ statt. Rund 200 Personen aus Praxis, Politik und Interessenvertretungen von Menschen in Armut sowie Menschen mit Armutserfahrung kamen zusammen.

Dr. Stephanie Saleth, Leiterin der FamilienForschung (FaFo) Baden-Württemberg, eröffnete den Fachtag. Anschließend sprach Sozialminister Manne Lucha zum Thema „Armut und Teilhabe Baden-Württemberg – wo stehen wir?“. Er betonte das Ziel des Fachtags: den Austausch über die Ergebnisse der modularen Armutsberichterstattung sowie über Fördermaßnahmen des Landes. Besonders hob er die Beteiligung von Menschen mit Armutserfahrung und den Dialog auf Augenhöhe hervor. Eine aussagekräftige Datenbasis bietet laut Minister Lucha die Grundlage für die Entwicklung passgenauer, nicht stigmatisierender und gut erreichbarer Unterstützungsangebote. Gleichzeitig betonte er, dass das Land die Herausforderungen bei der Armutsfolgenprävention nicht alleine bewältigen könne. Es brauche gemeinsames Handeln aller Beteiligten.

Minister Manne Lucha steht auf Bühne vor Publikum in einem Veranstaltungssaal, im Hintergrund eine große Leinwand mit dem Titel der Veranstaltung: 3. landesweiter Fachtag Armut und Teilhabe Baden-Württemberg.
Minister Manne Lucha: „Es gibt keine Ränder der Gesellschaft. Alles was geschieht, geschieht in unserer Mitte.“

Als Vertreterin der Landesarmutskonferenz Baden-Württemberg (LAK) sprach Doris Kölz zur gleichen Fragestellung. Sie begann mit einem Rückblick auf den ersten Armuts- und Reichtumsbericht in Baden-Württemberg und schlug den Bogen zur Wahlperiode 2016–2021 bis hin zur heutigen Situation. Frau Kölz stellte fest, dass mittlerweile eine stabile Beteiligung von Menschen mit Armutserfahrung erreicht sei. Sie schloss mit drei zentralen Perspektiven:

  1. Der Fachtag ermögliche einen umfassenden Blick auf die Armutsbekämpfung.
  2. Er sei Teil eines gesamtgesellschaftlichen, auch europäischen Blicks auf die Lebenslagen armutsbetroffener Menschen.
  3. Der bisherige Weg sei erfolgreich, und die LAK blicke hoffnungsvoll in die Zukunft.

Für die Liga der freien Wohlfahrtspflege ergänzte Beatrix Vogt-Wuchter, Vorstandsvorsitzende der Liga, den ersten Programmteil. Sie lobte die modulare Armutsberichterstattung als modernes Instrument, um soziale Wirklichkeit sichtbar zu machen. Zugleich forderte sie eine stärkere Bündelung der Ergebnisse – etwa durch Fachtage oder einen weiteren Gesamtbericht. Angesichts aktueller Herausforderungen wie Mittelknappheit und Fachkräftemangel brauche es eine verlässliche Verantwortungsgemeinschaft zwischen Land, Kommunen, freier Wohlfahrt und Zivilgesellschaft. Dafür sei ein gemeinsames Zielbild nötig, wie soziale Teilhabe heute, morgen und übermorgen gesichert werden soll. Die allgemeine Sozialberichterstattung spiele dabei eine zentrale Rolle – insbesondere als erste Anlaufstelle für Menschen in Not. Die Liga wünsche sich ein klares Bekenntnis zur Stärkung dieser Strukturen.

Im zweiten Programmpunkt sprach Kristina Fade-Kuhne, Leiterin der modularen Armutsberichterstattung in der FaFo Baden-Württemberg, in einem moderierten Interview über zehn Jahre Armutsberichterstattung in Baden-Württemberg. Ausgangspunkt war der erste Armuts- und Reichtumsbericht des Landes, aus dem das Konzept der modularen Berichterstattung mit fünf Modulen hervorging. Kristina Fade-Kuhne erläuterte zentrale Inhalte, stellte ausgewählte Förderaufrufe vor und betonte den Wunsch nach mehr Aufmerksamkeit für die Ergebnisse der Armutsberichterstattung.

Ein Mann hält einen Vortrag vor Publikum.

Am Vor- und Nachmittag fanden Gesprächsarenen zu verschiedenen Schwerpunktthemen statt. Die Idee dazu geht auf die letztjährige Keynote von Prof. Matthias Möhring-Hesse zurück. Die Themen sowie die zentralen Take-Aways aus den Gesprächen (PDF) wurden nach der zweiten Runde im Plenum präsentiert.

Mehrere Menschen sitzen kreisförmig in einem Raum und hören fünf nebeneinanderstehenden Frauen zu.

Während der Mittagspause präsentierten sich auf einem Markt der Möglichkeiten verschiedene armutsrelevante Projekte und Initiativen aus Baden-Württemberg (PDF).

Nach der Pause hielt Prof. Dr. Bernhard Emunds, Hochschule Sankt Georgen Frankfurt am Main, Leiter des Oswald von Nell-Breuning-Instituts, die Keynote (PDF) mit dem Titel: „Warum die deutsche Gesellschaft nur mit armutsbetroffenen Menschen – und nicht ohne oder gegen sie – wieder Fuß fassen kann“. Er eröffnete seinen Vortrag mit der Frage, warum die deutsche Gesellschaft überhaupt wieder Fuß fassen müsse, und wandte sich im zweiten Teil dem Bundestagswahlkampf 2025 und der damit verbundenen ausgrenzenden Debatte zu. Zum Abschluss formulierte „Pflastersteine“, die aus seiner Sicht notwendig sind, um den Weg in eine beteiligende und inklusive Gesellschaft zu ebnen.

Walter Böttiger, Leiter des für Armutsprävention zuständigen Fachreferats im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration, schloss den Fachtag mit einem Dank an alle Teilnehmenden und Mitwirkenden und wies auf den bereits feststehenden Termin des nächsten Fachtags im Oktober kommenden Jahres hin.

Der Vierte Fachtag „Armut und Teilhabe Baden-Württemberg“ findet am 29. September 2026 im Hospitalhof Stuttgart statt.