Jeder behinderte Mensch muss unabhängig von Alter, Geschlecht, Art und Schwere der Behinderung alle notwendigen Hilfen zu seiner medizinischen, schulischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation erhalten. Nur so gelingt eine umfassende Eingliederung in den Alltag und das berufliche Leben.
Die dafür notwendigen Leistungen haben ihre Grundlage im Neunten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IX). Zuständig sind in erster Linie die gesetzlichen Rehabilitationsträger, d. h. die Träger der gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung, die Bundesagentur für Arbeit und die Sozialhilfeträger.
Als federführendes Landesressort koordiniert das Sozialministerium das Rehabilitationsgeschehen auf Landesebene sowie im Verhältnis zum Bund und zu den anderen Bundesländern. Um die gesteckten Rehabilitationsziele zu erreichen, hilft das Land ergänzend zu den gesetzlichen Leistungen durch bestimmte Förderprogramme.
Frühförderung
Die frühe und rechtzeitige Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder zählt zu den wichtigen Bereichen der Rehabilitationspolitik des Landes Baden-Württemberg. Frühförderung will Auffälligkeiten oder Beeinträchtigungen möglichst früh erkennen, das Auftreten von Behinderungen verhüten, Behinderungen und ihre Folgen mildern oder beheben. Frühförderung als ganzheitliches und interdisziplinäres System von Hilfen umfasst folgende Angebote: Diagnostik, Therapie, Pädagogische Förderung, Beratung, Anleitung und Stützung der Eltern.
Das Sozialministerium hat 1998 die „Rahmenkonzeption zur Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder in Baden-Württemberg“ veröffentlicht. Die Konzeption beschreibt das Frühfördersystem im Land und stellt die Basis für die Weiterentwicklung der Frühförderung dar.
Die tragenden Pfeiler der Frühförderung in Baden-Württemberg sind
- niedergelassene Ärzte und Therapeuten,
- ein dichtes Netz von Kinderkliniken und Sozialpädiatrischen Zentren
- die überregionale Arbeitsstelle Frühförderung
- die Interministerielle Kommission Frühförderung,
- ein flächendeckendes Netz von Sonderpädagogischen Beratungsstellen
sowie ein noch im Ausbau befindliches Netz von interdisziplinär besetzten Frühförderstellen freier oder kommunaler Träger.
Nach Abschluss einer Landesrahmenvereinbarung zur Umsetzung der Frühförderungsverordnung in Baden-Württemberg ist eine grundlegende Überarbeitung der Rahmenkonzeption beabsichtigt.
Weitere Informationen – wie Adressen, Namen und Träger der einzelnen interdisziplinären Frühförderstellen, sozialpädiatrischen Zentren und sonderpädagogischen Beratungsstellen – finden Sie im Wegweiser „Frühförderung in Baden-Württemberg“ (Link siehe Seitenende).
Erfahren Sie mehr über:
Interdisziplinäre Frühförderstellen sind familien- und wohnortnahe Dienste für behinderte und von Behinderung bedrohte Kinder und ihre Eltern. Sie bieten die notwendigen diagnostischen und therapeutischen Leistungen von der Geburt bis zum Schuleintritt des Kindes. In ihnen können Familien mit einem entwicklungsauffälligen Kind aus dem zugehörigen Stadt- oder Landkreis ein erstes Beratungsangebot ohne ärztliche Überweisung erhalten. Die Förder- und Therapieleistungen werden – je nach fallspezifischer Notwendigkeit – entweder einzeln oder in der Gruppe, ambulant oder mobil erbracht. Da die Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder nur in fachübergreifender Arbeit angemessen erfüllt werden kann, arbeiten die vertretenen Fachdisziplinen der jeweiligen Frühförderstelle aus dem medizinischen, pädagogischen, psychologischen und sozialen Bereich interdisziplinär zusammen. So entsteht eineinheitliches Förderkonzept. Ärztliche Diagnostik und die damit verbundenen grundsätzlichen Weichenstellungen seitens der Medizin erfolgen durch den jeweils behandelnden Kinderarzt und durch die fallbezogene Zusammenarbeit mit den Sozialpädiatrischen Zentren.
Sozialpädiatrische Zentren sind kinderärztlich geleitete, interdisziplinär ambulant arbeitende Einrichtungen. Sie sind auf die Diagnostik, Behandlung und Förderung derjenigen Kinder ausgerichtet, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer drohenden oder manifesten Krankheit oder Behinderung nicht von geeigneten Ärzten oder geeigneten Interdisziplinären Frühförderstellen behandelt bzw. gefördert werden können. Sie haben damit in der Regel landkreisübergreifende Einzugsgebiete.
Das Aufgabenspektrum der Sozialpädiatrischen Zentren umfasst die Entwicklungsrehabilitation, d. h. insbesondere die Frühdiagnostik sowie die Frühtherapie, die Frühförderung und die Frühbetreuung. Hierbei arbeiten die Sozialpädiatrischen Zentren eng mit anderen Stellen, insbesondere den Frühförderstellen, den Sonderpädagogischen Beratungsstellen, den Kindergärten, den Schulen sowie den Gesundheitsämtern zusammen. Der Zugang zum Ambulanzbereich eines Sozialpädiatrischen Zentrums erfolgt grundsätzlich im Rahmen der Überweisungstätigkeit eines Kassenarztes.
Die Leitung eines Sozialpädiatrischen Zentrums nimmt ein hauptamtlich beschäftigter Kinderarzt mit fundierten neuropädiatrischen und sozialpädiatrischen Kenntnissen wahr. Der interdisziplinäre Arbeitsansatz wird durch ein sozialpädiatrisches Team verwirklicht, zu dem in der Regel jeweils ein/e Mitarbeiter/in aus den Bereichen klinische Psychologie, Krankengymnastik mit neurophysiologischer Zusatzausbildung, Logopädie/Sprachheillehrer/in, Heilpädagogik/Sozialpädagogik und Sozialarbeit gehören. Sozialpädiatrische Zentren beraten betroffene Familien auch über außerhalb der Zentren durchzuführende Therapie und Förderung.
Medizinisch-berufliche Rehabilitation
Die Leistungen dieser Einrichtungen sind durch das Ineinandergreifen von medizinischer Behandlung und Maßnahmen der beruflich-sozialen Rehabilitation „bereits am Krankenbett“ gekennzeichnet. In den Einrichtungen mit medizinisch-beruflicher Rehabilitation werden – angepasst an die jeweilige Krankheits- oder Behinderungsart – folgende berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation erbracht:
- Berufsfindung und Arbeitserprobung,
- Berufsvorbereitung,
- Berufliche Anpassung.