Die gesetzliche Rentenversicherung geht als Teil der deutschen Sozialversicherung auf das ausgehende 19. Jahrhundert zurück. Den Ausgangspunkt bildet die im Jahre 1889 erfolgte Verabschiedung des Reichsgesetzes betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung durch den Reichstag des Deutschen Reiches unter Reichskanzler Otto von Bismarck. Dieses Gesetz trat am 01. Januar 1891 in Kraft. Damals waren alle Lohnarbeiter und die unteren Angestellten versicherungspflichtig. Als Leistungen wurden Renten primär im Falle einer Arbeitsinvalidität ausgezahlt. Altersrente wurde als „Sicherheitszuschuss zum Lebensunterhalt“ erst ab Vollendung des 70. Lebensjahres gezahlt. Zudem war das Leistungsniveau äußerst gering.
Seit diesen Anfängen haben sich die Leistungen der Rentenversicherung von einem bloßen Zuschuss zum allgemeinen Lebensbedarf zu Leistungen entwickelt, die heute für die allermeisten Versicherten die wesentliche Grundlage für eine den Lebensstandard sichernden Altersversorgung bilden. Von grundlegender Bedeutung auf diesem Weg war dabei die Rentenreform 1957, mit der die Rentenversicherung zu einem auf dem Gedanken des Generationenvertrages beruhenden lohn- und beitragsbezogenen Versicherungssystem ausgebaut wurde. Die entscheidende Neuerung der Rentenreform 1957 bestand in der „Dynamisierung“ der Renten. Die Renten erhielten hierdurch Lohnersatzfunktion und wurden in ein geregeltes Verhältnis zur allgemeinen Einkommensentwicklung gesetzt.
Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass die gesetzliche Rentenversicherung, deren gesetzliche Grundlage heute das Sechste Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ist, von ihrer wirtschaftlichen Größenordnung aus gesehen das bedeutendste Einzelsystem in der gesamten sozialen Sicherung ist. Mit über 50 Millionen Versicherten, rund 20 Millionen Rentnern und einem Jahresetat von deutlich über 200 Mrd. Euro ist sie eine zentrale Größe in unserer Volkswirtschaft.
Weitere berufs- bzw. branchenbezogene Institutionen der staatlichen Alterssicherung mit eigenen Rechtsgrundlagen sind die Beamtenversorgung, die Alterssicherung der Landwirte und die berufsständischen Versorgungswerke für im Wesentlichen Freiberufler. Neben dieser so genannten ersten Säule besteht das System der Alterssicherung in Deutschland darüber hinaus aus der zusätzlichen, nicht obligatorischen betrieblichen Altersversorgung sowie aus der ergänzenden privaten Vorsorge in ihren verschiedenen Formen.
In der gesetzlichen Rentenversicherung unterscheidet man zwischen Pflichtversicherten, freiwillig Versicherten, Nachversicherten (hierbei handelt es sich insbesondere um Beamte, Richter und Berufssoldaten, die aus einer versicherungsfreien Beschäftigung ohne Versorgungsansprüche ausgeschieden sind) und Personen mit Anwartschaften aus einem Versorgungsausgleich nach Ehescheidung oder aus einem Rentensplitting unter Ehegatten.
Versicherungspflichtig kraft Gesetzes sind grundsätzlich alle gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Neben dieser zahlenmäßig größten Gruppe sind ebenfalls einige selbstständig Tätige sowie sonstige Versicherte versicherungspflichtig. Bei den selbstständig Tätigen handelt es sich z.B. um Handwerker, wenn sie u.a. in der Handwerksrolle eingetragen sind sowie um Künstler und Publizisten, bei denen sich die Versicherungspflicht im Einzelnen nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz richtet. Selbstständig Erwerbstätige, die nicht auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen pflichtversichert sind, können auf Antrag die Versicherungspflicht für sich herbeiführen. Zu den sonstigen Versicherten gehören z.B. Mütter oder Väter während der Zeiten der Kindererziehung sowie Personen, die Wehr- oder Zivildienst leisten.
Von der Versicherungspflicht gibt es Ausnahmen. Nach dem Gesetz sind u.a. Personen versicherungsfrei, die Anwartschaften in einem anderen Sicherungssystem erwerben, insbesondere Beamte und beamtenähnliche Personen. Zu den Personen, die auf Antrag unter bestimmten Voraussetzungen von der Versicherungspflicht befreit werden können, gehören u.a. Arbeitnehmer oder Selbstständige, die auf Grund gesetzlicher Verpflichtung Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen sind, insbesondere Ärzte, Apotheker und Rechtsanwälte.
Die gesetzliche Rentenversicherung wird im Wesentlichen durch Beiträge der Versicherten und ihrer Arbeitgeber sowie durch einen Bundeszuschuss finanziert. Besondere Merkmale des Finanzierungssystems sind das Umlageverfahren und der Generationenvertrag.
Unter dem Umlageverfahren ist Folgendes zu verstehen: Was heute als Beitrag eingezahlt wird, wird sogleich als Rente an die Rentner ausgezahlt. Die Beiträge werden also nicht für den einzelnen als Rücklage angesammelt, sondern sofort wieder ausgegeben. Die Beitragszahler erhalten dafür aber einen Anspruch auf ihre späteren Renten, die dann wiederum von der jetzt von ihnen unterhaltenen Generation finanziert werden. So sind Alt und Jung im Generationenvertrag verbunden.
Die Beiträge werden nach dem jeweils aktuellen Beitragssatz bis zu einer bestimmten Höhe (Beitragsbemessungsgrenze) vom beitragspflichtigen Einkommen des Versicherten erhoben. Als beitragspflichtiges Einkommen gelten alle Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung. Beitragsbemessungsgrundlage für freiwillig Versicherte ist jeder Betrag zwischen der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage und der Beitragsbemessungsgrenze. (Anmerkung: Auskünfte über die jeweils aktuellen Werte erhält man bei allen Rentenversicherungsträgern).
Die Beitragslast ist unterschiedlich, je nachdem, ob man Pflichtversicherter oder freiwillig Versicherter ist. Die Beiträge werden bei pflichtversicherten Arbeitnehmern im Regelfall von den Versicherten und deren Arbeitgeber je zur Hälfte getragen. Freiwillig Versicherte tragen ihren Beitrag allein.
Die Leistungen der Gesetzlichen Rentenversicherung sind in § 23 Abs. 1 Nr. 1 SGB I genannt. Danach können im Wesentlichen Leistungen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit (Leistungen zur Teilhabe) sowie Renten in Anspruch genommen werden.
Art der Leistungen zur Teilhabe
- Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, z.B. stationäre Heilbehandlungen
- Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, z.B. Umschulungen
- Ergänzende Leistungen, z.B. Übergangsgeld
- sonstige Leistungen, z.B. Nach- und Festigungskuren wegen Geschwulsterkrankungen
Rentenarten
- Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
- Renten wegen Alters
- Regelaltersrente
- Altersrenten für langjährig Versicherte
- Altersrenten für schwerbehinderte Menschen
- Altersrenten für besonders langjährig Versicherte
- Altersrenten für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute
- Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit (Geburtsjahrgänge bis einschließlich 1951)
- Altersrenten für Frauen (Geburtsjahrgänge bis einschließlich 1951)
- Renten wegen Todes
- Kleine Witwenrente oder Witwerrente
- Große Witwenrente oder Witwerrente
- Erziehungsrente
- Waisenrente
Rentenhöhe
Die Höhe einer Rente richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (Grundsatz der Lohn- und Beitragsbezogenheit der Rente). In ihr spiegelt sich die individuelle Lebensarbeitsleistung des Versicherten im Verhältnis zum allgemeinen Durchschnitt wider. Durch die regelmäßige Anpassung der Renten an die Lohnentwicklung bleibt auch bei den Rentenempfängern das Niveau der Lebensstandardsicherung erhalten.
Wer sich vertiefend mit dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung beschäftigen möchte, für den halten die Rentenversicherungsträger, bei denen es sich um unter staatlicher Aufsicht stehende Körperschaften des öffentlichen Rechts handelt, weitere detaillierte Informationsschriften bereit. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass seit dem 01. Oktober 2005 alle Träger der gesetzlichen Rentenversicherung unter dem gemeinsamen Dach „Deutsche Rentenversicherung“ firmieren.
Hintergrund, Anlass und ein Ziel der im Jahre 2004 mit dem „Gesetz zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung“ erfolgten Organisationsreform war es, die inzwischen überholte Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten auch für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung zu Gunsten eines einheitlichen Versichertenbegriffs aufzugeben und hieraus die organisatorischen Konsequenzen zu ziehen. Insbesondere auf der Bundesebene ergaben sich dabei erhebliche Veränderungen. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger wurden zu einer Körperschaft zusammengefasst, der Deutschen Rentenversicherung Bund. Bundesknappschaft, Bahnversicherungsanstalt und Seekasse schlossen sich als zweiter Bundesträger zur Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zusammen. Demgegenüber bleiben die Landesversicherungsanstalten als „Regionalträger“ unter der allgemeinen Bezeichnung Deutsche Rentenversicherung erhalten, sie heißen seither z.B. Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg.
Wichtig ist, für die meisten Versicherten hat sich in der Regel nichts geändert. Sie bleiben zumeist bei ihrem bisherigen Versicherungsträger. Neuversicherte aber werden seit 2005 entsprechend einem festgelegten Schlüssel über die zugeteilte Versicherungsnummer einem bestimmten Versicherungsträger zugeordnet. Hierdurch soll ein weiteres Ziel der Organisationsreform erreicht werden, nämlich für alle Versicherungsträger eine stabile Verteilung der Versicherten und insbesondere der Arbeitsmengen herbeizuführen.