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Bedarfsermittlung – Dialog auf Augenhöhe

Sachbearbeiterin spricht mit Mann, der sich auf Krücken stützt

Das Verfahren vom Bedarf zur Leistung ist die sogenannte Gesamt- oder Teilhabeplanung. Ein wichtiger erster Schritt darin ist die Ermittlung des Bedarfs, die in einem Dialog auf Augenhöhe zwischen der Fachkraft des Trägers der Eingliederungshilfe und dem Menschen mit Behinderung erfolgt. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) schreibt dafür systematische Arbeitsprozesse und standardisierte Arbeitsmittel vor – die sogenannten Instrumente der Bedarfsermittlung.

Das Instrument der Bedarfsermittlung – BEI_BW

Das Instrument der Bedarfsermittlung – kurz BEI_BW – wurde in Baden-Württemberg in einem breit angelegten konsensorientierten Beteiligungsprozess erarbeitet und wird künftig auch gemeinsam weiterentwickelt. Die Träger der Eingliederungshilfe, die Leistungsanbieter und die Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen sitzen paritätisch an einem Tisch. Ziel war es, ein landesweit einheitliches Instrument zu entwickeln, das den Anforderungen des BTHG entspricht und sich an der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) orientiert. Das BEI_BW besteht aus vier Bögen:

  • A Basisbogen
  • B Beschreibung der gesundheitlichen Situation
  • C Dialog- und Erhebungsbogen
  • D Ergebnisbogen

Das BEI_BW wurde in der ersten Jahreshälfte 2019 erprobt. Die Erprobungsphase wurde von der Fachhochschule Ludwigsburg im Auftrag des Ministeriums für Soziales und Integration wissenschaftlich begleitet. Die Auswertung zeigt: Menschen mit Behinderungen äußern eine hohe Zufriedenheit mit dem Verfahren. Das BEI_BW wurde auf Basis der Ergebnisse dieser Begleitforschung in der zweiten Jahreshälfte 2019 noch einmal grundlegend überarbeitet.

Das BEI_BW als Leitfaden für den Dialog

Im Zentrum der Bedarfsermittlung stehen die Wünsche und Ziele des Menschen mit Behinderung. Das BEI_BW soll die Träger der Eingliederungshilfe darin unterstützen, den Fokus der Bedarfsermittlung auf den Menschen mit Behinderung zu legen. Es schafft die methodische Grundlage, um einen leitfadengestützten Dialog zwischen dem Menschen mit Behinderung beziehungsweise mit seiner rechtlichen Vertretung und dem Träger der Eingliederungshilfe zu führen. Der Dialog wird als offenes Gespräch geführt und soll die Fähigkeiten und Beeinträchtigungen ermitteln, die für den Menschen mit Behinderung eine erhebliche Teilhabeeinschränkung nach sich ziehen. Aus den Wünschen des Menschen mit Behinderung werden gemeinsam im Dialog konkrete Ziele entwickelt, aus denen Bedarfe abgeleitet werden. Diese werden im Anschluss an das Gespräch dokumentiert. Daraus leitet sich dann im weiteren Verfahren der Bedarf an Leistungen der Eingliederungshilfe ab.

Umfang der Bedarfsermittlung

Das BEI_BW liegt in einer Fassung für Erwachsene und einer für Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres vor. Es ist kein Antragsformular, das vom Antragssteller ausgefüllt werden muss. Das BEI_BW ist für Fachleute geschrieben. Damit sich Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen und andere unterstützende Personen auf das Gespräch vorbereiten können, wurden die wichtigsten Fragen für das Gespräch in einem vereinfachten Bogen übersichtlich zusammengefasst (siehe Downloads am Seitenende).

Die Fragen im BEI_BW dienen als Anregung. Sie werden nicht der Reihe nach „abgearbeitet“ oder wörtlich vorgelesen, sondern sind sinngemäß, situationsbezogen und altersgruppengerecht anzupassen. Die Fachkräfte ermitteln den konkreten Bedarf individuell und situativ gemeinsam mit dem Menschen mit Behinderung beziehungsweise seiner rechtlichen Vertretung. Dabei werden nur die relevanten Informationen dokumentiert und gespeichert, die erforderlich sind.

Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF)

Grundlage für das BEI_BW ist die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) mit Stand Oktober 2005, die vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) veröffentlicht wurde. Die ICF dient fach- und länderübergreifend als einheitliche und standardisierte Sprache, um den funktionalen Gesundheitszustand, die Behinderung, die sozialen Beeinträchtigung und die relevanten Umgebungsfaktoren eines Menschen zu beschreiben.

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