Am 1. Juli 2017 trat das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) in Kraft. Mit dem Gesetz wurden erstmals umfassende Rechte und Pflichten für Prostituierte und für Betreiberinnen und Betreiber eines Prostitutionsgewerbes eingeführt. Prostituierte müssen ihre Tätigkeit bei der zuständigen Behörde anmelden. Betreiberinnen und Betreiber eines Prostitutionsgewerbes benötigen die Erlaubnis der zuständigen Behörde.
Prostituierte befinden sich oft in einer belastenden Situation. Sie können häufig nicht selbst für ihre Rechte eintreten. Mit dem Prostituiertenschutzgesetz will der Gesetzgeber die Prostituierten schützen und deren Rechte stärken.
Kriminalität in der Prostitution wie Menschenhandel, Gewalt gegen Prostituierte sowie Ausbeutung von Prostituierten und Zuhälterei soll bekämpft werden.
Seit Inkrafttreten des Ausführungsgesetzes zum Prostituiertenschutzgesetz (AG ProstSchG) am 1. November 2017 ist die Zuständigkeit für die Umsetzung des ProstSchG wie folgt geregelt:
- Die Anmeldebescheinigungen für Prostituierte werden von den für das jeweilige Gebiet zuständigen Landratsämtern bzw. Gemeinden ausgestellt;
- die gesundheitliche Beratung erfolgt zuvor bei den Gesundheitsämtern;
- die Erteilung einer Erlaubnis für Betreiberinnen und Betreiber eines Prostituiertengewerbes erfolgt durch die unteren Verwaltungsbehörden (Stadtkreise und Große Kreisstädte mit einer Einwohnerzahl von mehr als 35.000). Bei Fragen wenden Sie sich bitte an die unteren Verwaltungsbehörden, in deren Gebiet Sie Ihr Gewerbe ausüben.
Der komplette Gesetzeswortlaut des Prostituiertenschutzgesetzes und des Ausführungsgesetzes zum Prostituiertenschutzgesetz steht am Seitenende zum Download bereit.
Antworten auf häufige Fragen zum Prostituiertenschutzgesetz
Für Prostituierte: Wer eine Tätigkeit als Prostituierte oder Prostituierter ausüben möchte, muss dies zuvor bei der zuständigen Behörde anmelden.
Der Begriff der Prostitution umfasst alle sexuellen Handlungen, die gegen Entgelt vorgenommen werden, so auch zum Beispiel Escort-Service und Tantra-Massagen. Nicht zwingend ist, dass das Entgelt in Form eines Geldbetrages erbracht wird. Auch Sachleistungen, wie zum Beispiel Schmuck, Kleidung oder Autos, die zur Sicherung oder Steigerung des eigenen Lebensunterhalts dienen, werden als Entgelt angesehen. Vorführungen pornografischer Art mit rein darstellerischem Charakter, wie beispielsweise Table-Dance-Aufführungen, fallen dagegen weiterhin nicht unter den Begriff der Prostitution.
Die Anmeldung erfolgt persönlich am Tätigkeitsschwerpunkt, das heißt dort, wo der Prostitution hauptsächlich nachgegangen wird.
Eine Anmeldung hat auch dann zu erfolgen, wenn die Tätigkeit nur gelegentlich ausgeübt wird.
Die Anmeldebescheinigung gilt für Prostituierte ab 21 Jahren für zwei Jahre und für Prostituierte unter 21 Jahren für ein Jahr.
Liste der Stadt- und Landkreise, in denen eine Anmeldung erfolgen kann (PDF)
Liste der für die gesundheitliche Beratung zuständigen Behörden (PDF)
Für Betreiberinnen und Betreiber: Betreiberinnen und Betreiber eines Prostitutionsgewerbes benötigen eine Erlaubnis nach dem Prostituiertenschutzgesetz. Weiterhin erforderlich ist zudem die Anzeige nach § 14 der Gewerbeordnung.
Für Prostituierte: Vor der Anmeldung der Tätigkeit als Prostituierte oder Prostituierter ist eine gesundheitliche Beratung wahrzunehmen. Die gesundheitliche Beratung sowie die Anmeldung für Prostituierte erfolgen in den jeweiligen Gebieten der Landkreise bei den Landratsämtern beziehungsweise in den Gebieten der Stadtkreise bei den Gemeinden. Termine für die gesundheitliche Beratung und die Anmeldung einschließlich des Informations- und Beratungsgesprächs sind jeweils bei den Landratsämtern oder Gemeinden zu vereinbaren.
Für Betreiberinnen und Betreiber: Der Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb eines Prostitutionsgewerbes ist bei den unteren Verwaltungsbehörden zu stellen. Dem Antrag sind folgende Unterlagen beizufügen:
- Betriebskonzept
- Weitere erforderliche Unterlagen und Angaben zum Nachweis des Vorliegens der Erlaubnisvoraussetzungen
- Bei natürlichen Personen Name, Geburtsdatum und Anschrift der Person, für die die Erlaubnis beantragt wird
- Bei juristischen Personen oder Personenvereinigungen deren Firma, Anschrift, Nummer des Registerblattes im Handelsregister sowie deren Sitz
Weitere Informationen und Vordrucke stehen rechts zum Download bereit.
Für die Anmeldung wird Folgendes benötigt:
- Vor- und Nachname
- Melde-/Zustelladresse
- Geburtsdatum und Geburtsort
- Staatsangehörigkeit
- Angabe aller Bundesländer/Kommunen, in denen Tätigkeit geplant wird
- Nachweis der Gesundheitsberatung (Die Bescheinigung darf bei der Anmeldung nicht älter als drei Monate sein)
- Zwei Passfotos
- Personalausweis oder Reisepass
In Baden-Württemberg ist die Ausübung der Prostitution in Gemeinden mit einer Einwohnerzahl bis zu 35.000 verboten. In Gemeinden bis zu 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern kann auf Antrag der Gemeinde die Prostitution für das ganze Gebiet oder für bestimmte Bereiche der Gemeinde durch das Regierungspräsidium untersagt werden (sogenannte Sperrbezirke). Demgegenüber darf in Gemeinden von mehr als 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Prostitution nach ständiger Rechtsprechung nicht von vornherein vollständig ausgeschlossen werden.
Somit darf Prostitution in folgenden Landkreisen ausgeübt werden:
Regierungsbezirk Stuttgart:
Stadtkreis (SKR) Stuttgart, SKR Heilbronn, Landkreis Böblingen, Landkreis Esslingen, Landkreis Göppingen, Landkreis Heidenheim, Landkreis Ludwigsburg, Ostalbkreis, Rems-Murr-Kreis, Landkreis Schwäbisch Hall
Regierungsbezirk Tübingen:
SKR Ulm, Bodenseekreis, Landkreis Ravensburg, Landkreis Reutlingen, Landkreis Tübingen
Regierungsbezirk Karlsruhe:
SKR Baden-Baden, SKR Karlsruhe, SKR Heidelberg, SKR Mannheim, SKR Pforzheim, Landkreis Karlsruhe, Landkreis Rastatt, Rhein-Neckar-Kreis
Regierungsbezirk Freiburg:
SKR Freiburg im Breisgau, Landkreis Konstanz, Ortenaukreis, Schwarzwald-Baar-Kreis
Ja, auf Wunsch kann aber zusätzlich eine Aliasbescheinigung kostenlos ausgestellt werden.
Ziel des Informations- und Beratungsgesprächs in einer geschützten und vertrauensvollen Umgebung ist es, die Prostituierten in ihren Rechten zu stärken und sie über die Neuerungen der Gesetzeslage zu informieren.
Im Wesentlichen umfasst das Informations- und Beratungsgespräch:
- Information zur Rechtslage nach dem Prostituiertenschutzgesetz
- Information zur Absicherung im Krankheitsfall
- Information zu gesundheitlichen und sozialen Beratungsangeboten
- Information über die Steuerpflicht der aufgenommenen Tätigkeit
- Information zur Erreichbarkeit von Hilfe in Notsituationen
Die gesundheitliche Beratung ist eine vertrauliche Beratung.
Personen unter 21 Jahren müssen die gesundheitliche Beratung alle sechs Monate wahrnehmen. Personen ab 21 Jahren müssen die gesundheitliche Beratung alle 12 Monate wahrnehmen.
Personen, die sich in einer Notlage befinden, haben die Gelegenheit mit einer Vertrauensperson ein offenes Gespräch zu führen.
In der Beratung spricht man über:
- Verhütung
- Sexuell übertragbare Infektionen
- Körperhygiene
- Schwangerschaft
- Umgang mit Alkohol und Drogen
Für Prostituierte ab 21 Jahren ist die Anmeldebescheinigung zwei Jahre gültig.
Für Prostituierte unter 21 Jahren ist die Anmeldebescheinigung ein Jahr gültig.
Nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ist die Anmeldebescheinigung zu verlängern. Für eine Verlängerung müssen die gesundheitliche Beratung sowie das Informations- und Beratungsgespräch nachgewiesen werden.
Den in der Prostitution tätigen Personen ist der Schutz ihrer personenbezogenen Daten ein sehr wichtiges Anliegen. Zur Sicherung dieser sensiblen Daten finden zwingende nationale und europäische Standards Anwendung, die gewährleisten, dass Dritte keinen Zugriff auf diese Daten erhalten.
Die Anmeldedaten werden zum Schutz der Identität der Prostituierten nicht in ein öffentlich zugängliches Register eingetragen. So wird sichergestellt, dass weder Dritte noch mit der Anmeldung nicht betraute Behörden Zugriff auf die Anmeldedaten haben. Eine Weitergabe der Daten an andere Behörden oder behördenintern ist an strenge Anforderungen geknüpft und nur in einer eng begrenzten Anzahl von Fällen zulässig.
Zum Schutz der Identität kann auf Wunsch eine Aliasbescheinigung ausgestellt werden, welche statt des richtigen Namens ein Pseudonym enthält und den Geburtsort nicht nennt. Hierdurch wird sichergestellt, dass die in der Prostitution tätigen Personen jederzeit selbst entscheiden können, ob sie ihre wahre Identität offenbaren wollen.
Um dem sensiblen Tätigkeitsbereich gerecht zu werden, werden die Daten nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Anmeldebescheinigung zeitnah gelöscht.
Die Beratungsstellen für Prostituierte in Baden-Württemberg können von allen Personen in der Prostitution aufgesucht werden, unabhängig davon, in welcher Form die Prostitution ausgeübt wird. Die Beratungsstellen bieten eine umfassende Sozialberatung für die unterschiedlichen Lebensfragen, leisten direkte Krisenintervention und führen psychosoziale Beratungsgespräche durch. Darüber hinaus vermitteln sie an andere Fachdienste und unterstützen im Umgang mit Behörden.
Durch einen respektvollen Umgang, den Aufbau von Vertrauen und einen geschützten sowie anonymen Raum, können zahlreiche Hilfsangebote in Anspruch genommen werden. In einigen Beratungseinrichtungen werden medizinisch-gynäkologische Untersuchungen angeboten oder stehen Schutz-/Ausstiegswohnungen zur Verfügung. Die Beratung ist kostenfrei.
Die Beratungsstellen leisten intensive Begleitung bei allen persönlichen Problemlagen und können neue Lebensperspektiven aufzeigen und unterstützend den Ausstieg aus dem Milieu begleiten.
Hilfe bei Gewalt in der Prostitution
Prostituierte sind in besonderem Maße psychischen und körperlichen Gefährdungen ausgesetzt. In Baden-Württemberg gibt es auf regionaler Ebene eine Vielzahl von Angeboten für die Opfer von sexualisierter und häuslicher Gewalt. Frauennotrufe bzw. Fachberatungsstellen bei sexualisierter oder häuslicher Gewalt bieten Frauen nach einer Gewalterfahrung psychosoziale und therapeutische Hilfestellung zur Wahrnehmung von Opferrechten und zur Bewältigung akuter und zurückliegender (sexualisierter) Gewalterfahrungen.
Ergänzt wird das Angebot der Beratungsstellen in Fällen häuslicher Gewalt deshalb durch insgesamt 42 Frauen- und Kinderschutzhäuser in Baden-Württemberg. Sie haben zum Ziel, jeder vor häuslicher Gewalt Zuflucht suchenden Frau umgehend Schutz zu bieten, sie zu stabilisieren und sie beim Aufbau einer selbstbestimmten, gewaltfreien Lebensperspektive zu beraten und zu unterstützen.
Übersicht über die regionalen Hilfsangebote in Baden-Württemberg für Frauen, die von Gewalt betroffen sind
Das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist ein Beratungsangebot, das Frauen, die Gewalt erlebt haben, rund um die Uhr, anonym und kostenfrei zur Verfügung steht. Das Beratungsangebot gilt selbstverständlich auch bei Gewalt in der Prostitution, Gewalt gegenüber Prostituierten sowie in Fällen von Menschenhandel und Zwangsprostitution. Qualifizierte Beraterinnen stehen den Hilfesuchenden vertraulich zur Seite und vermitteln sie bei Bedarf an Unterstützungsangebote vor Ort, etwa an eine Frauenberatungsstelle oder ein Frauenhaus in der Nähe. Barrierefreiheit und Mehrsprachigkeit (17 Sprachen) sichern den Zugang für Frauen mit Behinderung und geringen Deutschkenntnissen. Auch Angehörigen, Freundinnen und Freunden sowie Fachkräften steht das Hilfetelefon für Fragen und Informationen zur Verfügung.
www.hilfetelefon.de/das-hilfetelefon.html
Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung
In Deutschland steht Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung (§ 232 StGB) unter Strafe. Menschenhandel ist eine besonders schwerwiegende Menschenrechtsverletzung. Betroffen sind in erster Linie Frauen und Mädchen, die unter dem Vorwand einer scheinbar besseren Zukunft nach Deutschland gelockt und hier zur Prostitution gezwungen werden. Wesentliche Elemente des Menschenhandels sind Nötigung, Drohung, Zwang, Gewalt(-androhung), Täuschung oder Ausnutzung einer auslandspezifischen Hilflosigkeit.
Die effektive Bekämpfung des Menschenhandels und der Zwangsprostitution setzt eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit und ein koordiniertes und strukturiertes Vorgehen aller beteiligten Behörden und Einrichtungen voraus. Das Sozialministerium hat daher in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium und dem Innenministerium und in Abstimmung mit den Fachberatungsstellen und den Kommunalen Landesverbänden einen Kooperationsleitfaden erstellt. Dieser soll Schutz und Hilfe für Menschenhandelsopfer gewährleisten und die Bekämpfung des Menschenhandels und der damit in Zusammenhang stehenden Kriminalität weiter optimieren.
Weiterführende Informationen und Links:
Übersicht zu den Beratungseinrichtungen für Personen in der Prostitution und Betroffene von Menschenhandel und Zwangsprostitution (PDF)
KOK - Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e. V.