Wohnungsnotfallhilfe

Hilfe für wohnungslose Menschen

Traurige junge Frau sitzt auf Treppe

Wer keine Wohnung hat oder von Wohnungslosigkeit bedroht ist, befindet sich in einer Notlage. Oft fehlt das soziale Umfeld, das dem Betroffenen unterstützend zur Seite steht. Deshalb ist es wichtig, die Hilfsangebote in Baden-Württemberg weiter auszubauen.

Lange andauernde Wohnungslosigkeit führt zu gesellschaftlicher Ausgrenzung und Stigmatisierung. Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe ermöglichen den ersten Schritt zurück in ein normales Leben.

Bundesweit wird seit 2022 jährlich eine statistische Erfassung wohnungsloser Menschen durchgeführt. Dabei können allerdings nur diejenigen verlässlich gezählt werden, die in Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe untergebracht sind. Bundesweit waren es im Januar 2023 rund 372.000 Personen, davon rund 76.500 in Baden-Württemberg. Fast ein Drittel der Wohnungslosen war in Baden-Württemberg unter 18 Jahre alt (31,8 Prozent). Insbesondere Kinder und Jugendliche können häufig nicht mehr wie gewohnt am gesellschaftlichen Leben teilhaben, wenn ihre Familie wohnungslos wird oder davon bedroht ist.

Kommunale Aufgabe

Für die Wohnungsnotfallhilfe in Baden-Württemberg sind die Kommunen zuständig. Sie werden auf zwei Arten tätig:

  • Wohnungslosigkeit kann durch äußere Umstände, wie z.B. Brandschaden, Trennung, Gewalt etc., begründet sein. In diesem Fall werden die Ortpolizeibehörden der Städte und Gemeinden im Rahmen der polizeirechtlichen/ordnungsrechtlichen Gefahrenabwehr (§§ 1, 3 Polizeigesetz) tätig.
  • Wenn bei einer Person besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, also zum Beispiel bei Wohnungsverlust aufgrund von fehlendem Einkommen oder psychischer Erkrankung, hat sie einen Rechtsanspruch auf sozialrechtliche Wohnungslosenhilfe (§§ 67 ff. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB XII). Hierfür werden die Sozialämter der Stadt- und Landkreise tätig.

Investive Förderung durch das Land

Als freiwillige Leistung fördert das Land bauliche Investitionen in der sozialrechtlichen Wohnungslosenhilfe im Rahmen des Investitionsförderprogramms Wohnungslosenhilfe. Zu den förderfähigen Einrichtungen gehören Fachberatungsstellen, Tagesstätten, Aufnahmehäuser und Wohnangebote, in denen wohnungslose Menschen Hilfe und Beratung erhalten.

In der Regel stehen hierfür Mittel des Kommunalen Investitionsfonds und Landesmittel in Höhe von jährlich rund 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. In den vergangenen Jahren gab es bereits Sonderprogramme für wohnungslose Frauen und junge Wohnungslose. Der Ausbau dieser Angebote hat auch weiterhin eine hohe Bedeutung.

Fachliche Weiterentwicklungen der Wohnungslosenhilfe

Ausgehend von der Studie „Wohnungslosigkeit in Baden-Württemberg. Untersuchung zu Umfang, Struktur und Hilfen für Menschen in Wohnungsnotlagen“ (PDF), deren Ergebnisse Ende November 2015 veröffentlicht wurden, hat die Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg unter Mitwirkung des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die ein landesweites Fachkonzept für die Weiterentwicklung der Wohnungslosenhilfe im Land entwickeln soll. Das Fachkonzept soll die Ergebnisse der Studie aufgreifen und für unterschiedliche spezifische Bedarfe Hinweise geben und Handlungsempfehlungen formulieren. Daraus sind mehrere Stellungnahmen unter anderem für die ordnungsrechtliche Unterbringung und die Prävention von Wohnungslosigkeit entstanden, die auf der Website des Kommunalverbands für Jugend und Soziales (KVJS) veröffentlicht sind.

Ansatz Housing-First in Baden-Württemberg

Von 2024 bis 2026 wird in Baden-Württemberg der Housing-First-Ansatz mit sechs Modellprojekten (PDF) erprobt. Die Projektförderung erfolgt in Kooperation mit der Vector Stiftung. Ziel ist es, Personen in verfestigter Wohnungslosigkeit und mit komplexen Problemlagen in unbefristete Mietverhältnisse zu vermitteln und von dort aus auf Grundlage eines Hilfeleistungskonzepts weiter zu begleiten. Die Modellprojekte sollen in ein kommunales Gesamtkonzept zur Überwindung der Wohnungslosigkeit eingebunden werden. Während der Laufzeit der Projekte finden Vernetzungstreffen statt, die den Erfahrungsaustausch zwischen den Modellprojekten anregen und so den Projekterfolg fördern sollen.

Housing First hat seine Ursprünge in den USA und wird bereits in Finnland, Österreich und anderen europäischen Ländern erfolgreich umgesetzt. In Deutschland hatte Ende 2018 Berlin als erstes Land zwei Modellprojekte „Housing First“ eingerichtet, die wissenschaftlich begleitet wurden. Seit 2022 gibt es auch in Stuttgart modellhafte Anstrengungen, den Housing First-Ansatz umzusetzen.

Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge hat im September 2022 eine Empfehlung zum Housing First-Ansatz (PDF) veröffentlicht, an der sich die Modellprojekte in Baden-Württemberg orientieren.

Bekämpfung und Prävention der Wohnungslosigkeit von Familien

Wohnungslosigkeit trifft Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, darunter auch Familien mit Kindern. Hohe Preise für Wohnen, Lebensmittel und Energie haben die Situation vielfach verschärft. Gerade Kinder und Jugendliche brauchen jedoch Rückzugsorte als Raum zum Lernen und Spielen, damit sie sich körperlich und seelisch gesund entwickeln können. Die negativen Auswirkungen von Wohnungslosigkeit spüren Kinder oft noch ihr ganzes Leben. Die Förderung des Landes ist deshalb wichtig, da sie vielen Betroffenen den ersten Schritt zurück in die Normalität ermöglicht.

Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration fördert daher im Zeitraum von Anfang 2023 bis Ende 2024 insgesamt 21 Projekte im Land, die mithilfe von zielgenauen, niedrigschwelligen und nachhaltigen Maßnahmen dazu beizutragen, dass es gar nicht zur Wohnungslosigkeit von Familien kommt oder dass im Falle von Wohnungslosigkeit die Unterstützung von Familien für ein gutes und gesundes Aufwachsen ihrer Kinder verbessert und die Wohnungslosigkeit der Familie schnell überwunden werden. Hierbei werden beispielsweise Lernhilfen und Freizeitangebote für Kinder organisiert, junge Menschen und Familien die von Wohnungslosigkeit bedroht oder betroffen sind, dabei unterstützt, ihre Wohnsituation zu stabilisieren oder zum Umgang mit Geld geschult.

Bereits von Ende 2021 bis Anfang 2023 wurden 18 Projekte erfolgreich aus Landesmitteln gefördert, die im Rahmen einer Anschlussförderung weiter fortgesetzt werden können.

Weitere Informationen zur Förderung „Familien in Wohnungslosigkeit“:
Pressemitteilung, 26.06.2023: Land fördert 21 Projekte gegen Wohnungslosigkeit von Familien mit rund 1,4 Millionen Euro
Liste Projektförderung „Familien in Wohnungslosigkeit“ zu Pressemitteilung vom 26.06.2023 (PDF)

Verbesserung der medizinischen Versorgung Wohnungsloser

Für wohnungslose Menschen gibt es oft Barrieren beim Zugang zur Gesundheitsversorgung. Auch wenn ein Großteil der Betroffenen eigentlich über einen Krankenversicherungsschutz verfügt, so scheitert der Zugang bisher oft daran beziehungsweise wird dadurch deutlich erschwert, dass sich die betroffenen Menschen oft im Unklaren über ihren Versicherungsstatus sind, Kontaktängste zu Behörden (Krankenkassen, Sozialämter) nicht überwunden werden und der Zugang zu regulären Arztpraxen von verschiedenen Seiten auch nicht hürdenfrei möglich ist.

Mit dem Modellprojekt „Verbesserung der medizinischen Versorgung wohnungsloser und von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen“ wurden von 2016 bis 2017 in neun Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe regelmäßige niedrigschwellige ärztliche Sprechstunden angeboten, um eine allgemeinmedizinische Grund- und Erstversorgung der Betroffenen sicherzustellen. Mit dem Modellprojekt reagierte die Landesregierung auf die Erkenntnisse einer Studie zur gesundheitlichen Versorgung wohnungsloser Menschen in Baden-Württemberg 2011.

Die Modellprojekte wurden vom Universitätsklinikum Freiburg evaluiert. Der Ergebnisbericht „Evaluation des Modellprojekts ‚Verbesserung der medizinischen Versorgung wohnungsloser und von Wohnungslosigkeit bedrohter Menschen‘ (MeWo) 2019“ (PDF) stellte fest, dass Angebote der medizinischen Grundversorgung in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe unbedingt notwendig seien, weil wohnungslose Menschen sonst keinen ausreichenden Zugang zur medizinischen Versorgung hätten. Die medizinischen Angebote für wohnungslose Menschen sind niedrigschwellig gestaltet und werden auch von anderen Personengruppen in Notsituationen genutzt, zum Beispiel geflüchteten Personen, Personen in aufenthaltsrechtlicher Illegalität etc.

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