Dialog

Zweite Sitzung des Runden Tischs der Religionen in Stuttgart

Blick auf Tischrunde in Sitzungssaal (Bild: © Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg)

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Runden Tischs der Religionen sind zu ihrer zweiten Sitzung in Stuttgart zusammengekommen. Zentrales Thema war die gemeinsame Bekämpfung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. In der Sitzung wurde auch über ein gemeinsames Manifest diskutiert, das als Arbeitsgrundlage für die weiteren Beratungen des Runden Tischs dienen soll.

Unter gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit versteht man die Abwertung und Ausgrenzung einzelner sozialer Gruppen. Gemeint sind etwa ethnische, kulturelle oder religiöse Minderheiten beziehungsweise jene Menschen, die aufgrund des Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, einer Behinderung oder ihres prekären Milieus abgewertet werden.

Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha: „Viele Menschen haben in letzter Zeit vermehrt das Gefühl, dass in unserer Gesellschaft wieder etwas aus dem Lot gerät. Alte Gewissheiten geraten ins Wanken, der Populismus nimmt zu – ob in den Parlamenten oder auf der Straße. Ein konstruktiver Dialog aller Religions-, Glaubens oder Weltanschauungsgemeinschaften ist daher gerade in diesen Zeiten ein wichtiges Signal und fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Land. Es gilt der Grundsatz: Miteinander statt übereinander reden.“

Wissenschaftliche Expertise

An der Sitzung nahmen auch die Wissenschaftlerin Prof. Dr. Beate Küpper von der Hochschule Niederrhein in Krefeld und der Antisemitismusbeauftragte der Landesregierung, Dr. Michael Blume, teil.

Professorin Küpper verwies darauf, dass große Glaubensgemeinschaften wichtige Akteure bei der Gestaltung des gesellschaftlichen Miteinanders seien. „Es gibt aber auch Rassismus, Antisemitismus, Muslimfeindlichkeit sowie Sexismus und Homophobie in religiösen Kreisen und unter Gläubigen“, so Küpper, die Soziale Arbeit in Gruppen- und Konfliktsituationen am Social Concepts-Institut der Hochschule lehrt. Sie warne vor dem „einfachen Fingerzeig“ auf die jeweils anderen. Vielmehr seien Gläubige und Glaubensgemeinschaften zunächst zur kritischen Selbstreflexion aufgefordert.

Dr. Michael Blume erklärte, warum Antisemitismus für alle Religionen ein Problem sei. „Antisemitismus ist eine Misstrauenserklärung gegen die gesamte Gesellschaft, die Juden und Nichtjuden und letztlich unsere gesamte Demokratie bedroht.“ Antisemiten würden allen Religionen vorwerfen, Teil einer angeblichen Weltverschwörung zu sein. „Deshalb braucht es ein gemeinsames Auftreten, um sich nicht gegeneinander ausspielen zu lassen und entschlossen gegen antisemitische Parolen und Bedrohungen vorzugehen“, ergänzte Blume.

Lokale Räte der Religionen auf kommunaler Ebene

Ein weiteres Thema war die Umsetzung des Projekts zur Einrichtung sogenannter „Lokaler Räte der Religionen“ auf kommunaler Ebene, in Kooperation mit der in Tübingen ansässigen Stiftung Weltethos.

Eberhard Stilz, Präsident der Stiftung Weltethos: „Mit den lokalen Räten der Religionen schaffen wir dezentrale Gesprächsplattformen, die sich konkret mit dem Zusammenleben der Religionsgemeinschaften vor Ort beschäftigen. Diese sind bereits in den Städten Biberach, Ellwangen, Friedrichshafen, Heilbronn, Karlsruhe, Ravensburg, Reutlingen, Rottenburg und Sinsheim gestartet.“

Der Sozial- und Integrationsminister bekräftige die Idee, lokale Gesprächsplattformen einzurichten. „Wir werden in den kommenden Monaten nicht nachlassen und die lokal entstehenden Räte der Religionen weiter unterstützen. Die Erfahrungen zeigen, dass die Gremien vielversprechende Chancen im Miteinander von Staat und Gesellschaft bieten“, so Lucha.

Weiterführende Informationen

An der zweiten Sitzung des Runden Tischs der Religionen Baden-Württemberg nahmen Vertreterinnen und Vertreter der christlichen Kirchen einschließlich der griechisch-orthodoxen, russisch-orthodoxen und der armenischen Gemeinden, die beiden jüdischen Religionsgemeinschaften im Land und die Landesvertretungen der Aleviten, der Ahmadiyya sowie der landesweit organisierten islamisch-sunnitischen Verbände teil. Auch Repräsentanten der säkularen Bürgergesellschaft wie des Humanistischen Verbandes Baden-Württemberg waren vertreten. Darüber hinaus waren kommunale Dialoginitiativen, fachlich berührte Ministerien sowie Expertinnen und Experten diverser Stiftungen und aus der Wissenschaft eingeladen.

Über 70 Prozent der baden-württembergischen Bevölkerung gehören einer Religionsgemeinschaft an.